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ISPO Shanghai/07.07.2023

Nicht erobern, sondern mitwachsen: Wie Brands vom neuen Sportlifestyle in China profitieren

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ISPO Shanghai 2023 is in the books! Aus westlicher Perspektive war die Messe nichts weniger als ein spannender Augenöffner. Denn das Verständnis von Sport in China sich hat nach den Covid-Jahren gewandelt – mit überraschenden Wendungen, wie Christoph Beaufils aus Shanghai berichtet.

Direkt vorweg: Gerade internationale Marken sollten jetzt ein Blick auf das Land in Asien werfen, denn dort herrscht ein holistisches Verständnis von Sport und Bewegung, das Gesundheit, Ernährung und Lifestyle umfasst. Es berührt alle Segmente und Teile der Bevölkerung. Copy + Paste aus dem Westen wird hier nicht funktionieren. Als Marke sowie als Retailer muss man Teil der Bewegung werden und an dieser mitwirken. Auf den ersten Blick herausfordernd, auf den zweiten Blick eine riesige Chance. Denn trifft auf Offenheit: Es sind der spielerisch, kreative Umgang und die schier endlose Neugier der chinesischen Bevölkerung, die im Westen bekannten Trends eine eigene, sehr spannende Prägung geben und somit für sich neu erfinden. Den chinesischen Markt erobert man nicht. Man wächst mit ihm!

Chinas Interpretationen von Sport

China kultiviert beispielsweise das Road-Cycling auf eine individuelle und sehr ästhetische Art und Weise. Man formiert sich rund um das Thema Nachhaltigkeit und kombiniert Genuss mit dem Drang, die Natur zu erleben. Eine junge, gesundheitsbewusste und lifestyle-orientierte Generation beansprucht Urban Outdoor und seinen Lifestyle und schafft dabei auch ein neues Modeverständnis. Das alles ist sehr inspirierend und spannend.

Was das genau bedeutet? Hier ein Versuch, die spannendsten Phänomene und Take-Aways kompakt einzuordnen:

China. Land of Communities

Gruppenausflüge und organisierte Aktivitäten sind Teil der chinesischen DNA. Kombiniert man dies mit Sport, einer hohen Anzahl an Apps und riesigen Affinität für Social Media, eröffnet sich für jedes Genre und Segment ein unglaubliches Potenzial für Marken, eng verbundene Communitys zu schaffen. Das mag aus internationaler Perspektive generell nichts Neues sein, hat aber in China eine ganz andere Skalierung. Und die gute Nachricht ist: Berührungsängste oder Skepsis gibt es wenig. Gerade Nischensportarten finden auf diese Art und Weise ihren Platz und ihre Followership. Nur langweilig darf man nicht sein.

Social Media bestimmt in China auch den Alltag im Sport
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Sport ist Gesundheit. Gesundheit ist Lifestyle

Es mag an den harten Covid-19 Jahren liegen, aber die chinesische Bevölkerung kümmert sich um ihr Wohlergehen. Sport wird nicht mehr nur mit physischer Bewegung gleichgesetzt. Gerade bei einer jungen Generation wird der Bereich Mental Health angesprochen, und auch Ernährung ist ein großes Thema. China definiert Lebensqualität durch einen sportlichen Lifestyle, der aber nicht nur mit Disziplin erreicht wird – was früher eher typisch für China war. Es geht auch darum, viel Spaß dabei zu haben.

No Coffee. No Camping. No Feel Good.

Die Specialty-Kaffeeszene in China boomt und ist für die Chinesen eine Art logische Komponente eines outdoor-getriebenen Lifestyles. Das betrifft Urban Outdoor genauso wie Nature Outdoor. Es geht aber nicht um Kaffee per se, sondern um die Verknüpfung von Genuss und das Genießen von Quality-Time. Die Menschen kultivieren, was der chinesischen Seele guttut. Das trifft genauso auf die Craft-Beer Szene zu, die sich eng an die Outdoor-Szene kuschelt. Man sieht den Wunsch nach Quality-Time im Outdoor-Kontext an viele Ecken: Selten gab es zum Beispiel so hochwertig designte, kompakte BBQ-Grills, modische Interior-Accessories für Zelte oder Cooler-Boxen zu entdecken. Selbst Aufbewahrungs-Elemente erhalten stylische Holz-Dekors. Es geht dabei nicht um extreme Outdoor-Erfahrungen oder sich bewusst einzuschränken – es geht darum, sich wohlzufühlen.

Quality Time beim Camping
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Urbaner Lifestyle vs. Neue Generation

In Sachen Urbanisierung und Megacities steht China bekanntlich ganz vorne. Anzahl und Ausmaße von Großstädten sind enorm. Aber der Lifestyle und die Micro-Szenen, die sich momentan aus Sport und Urban Outdoor entwickeln, sind so vielfältig wie spannend. Das betrifft Cycling, Skating, Fashion, Dancing, Running, Fitness, Yoga … you name it. Eine neue, sehr mode- und gesundheitsbewusste Generation findet eben ihre Szene(n) und, das ist für China relativ neu, identifiziert sich stark mit ihnen. Daraus entstehen viele modische und sehr ästhetisch Genres. Wer als Marke einen sportiven, urbanen Lifestyle transportieren und definieren kann, wird in China künftig auf mehr Resonanz stoßen.

OutDoor
Vom 19. bis 21. Mai 2025 erwartet dich die OutDoor in völlig neuem Gewand! Erlebe flexible Erlebnisräume wie The Village, die wandelbare Freestyle Area und die inspirierenden New Spaces – alles designt, um zu verbinden und neue Ideen zu wecken.

Ambassadors. Brand Awareness dank KOLs und KOCs

Bedenkt man, dass Sportarten und ihr Equipment immer komplexer, technischer und individueller werden, während China gleichzeitig viele Sportarten gerade für sich entdeckt hat bzw. neu erfindet, dann wird schnell klar, dass hier viel Inspiration und Wissenstransfer geleistet werden müssen. Diese Aufgabe übernehmen gezielt sogenannte Key Opinion Leader (KOL) und Key Opinion Customer (KOC), die feste Bestandteile des Konzepts der ISPO Shanghai waren. KOLs und KOCs helfen dabei, dass Sportarten verstanden, gelernt und attraktiv werden. Sie wecken Interesse und verbreiten spielerisch und unterhaltend das benötigte Know-how. Gerade für in China noch unbekannte Marken ist das der alternativlose Schlüssel zum Aufbau von Brand Awareness. Es geht dabei nicht um „platte Kaufempfehlungen“, sondern um hochwertigen Content, greifbares Storytelling und inspirierende Erfahrungsberichte. Das funktioniert besonders gut auf Happenings wie Messen und Festivals, die gleichzeitig Anlass und Plattform für Stories sind. Die Neugier der Bevölkerung ist riesig, die Dankbarkeit für inspirierenden Content hoch und die Lernkurven der Follower sind steil. KOLs und KOCs ermöglichen erst einen breiten Zugang zu Sport und Outdoor und leisten somit einen enorm wichtigen Beitrag für die ganze Sportwelt.

Intrinsische Motivation zur Nachhaltigkeit

Es mag im Westen eine gewisse Skepsis geben, wenn man China und Nachhaltigkeit in einem Atemzug erwähnt. Doch die Einstellung zum Umweltschutz ändert sich rasant. Chinesische Marken fühlen sich nicht getrieben von Konsumenten, sondern möchten ihre Expertise unter Beweis stellen. Dadurch, dass viele Marken im internationalen Vergleich noch relativ jung sind, sehen sie Nachhaltigkeit als Potenzial zur Differenzierung. Und das trifft auf offene Ohren bei den Konsument*innen, die mehr denn je die Natur entdecken und bewahren möchten. Die Diskussion, wie Nachhaltigkeitsziele erreicht werden sollen, wird mit viel Spaß und Interesse geführt. Das darf man nicht als naiv betrachten: Da China viel für den internationalen Markt produziert, ist bereits sehr viel Know-how vorhanden.

Not there yet. No Problem.

Die schier endlose Neugier und Offenheit der Chinesen bringt noch ein spannendes Phänomen zum Vorschein: Selbst, wenn man eine Sportart kaum in China ausüben kann, ist das Interesse daran da. Konkretes Beispiel: Mountainbiken. Es gibt weder wirkliche Bikeparks, noch für potente Full-Suspension-MTBs ausgerichtete Trails. Dennoch definieren sich Marken über diesen Lifestyle – mit Erfolg. Gleiches gilt für Sportarten wie Skitourengehen. Das dient hierzulande noch als brand-building Story und sorgt eher für Umsätze und Neugier im Accessoires Bereich wie Brillen, Helme oder Trikots. Noch …

Wintersport. Das ganze Jahr.

Dass auf der ISPO Shanghai, die mitten im Hochsommer stattfindet, viele Skimarken ausstellen, liegt an etwas, das sich im Westen noch nicht durchgesetzt hat: „Artificial Slopes“. China ist kein klassisches Wintersportland, die Schneelage oft dürftig und viele Skigebiete sind für die Durchschnittsbevölkerung kaum zu erreichen. Aber China findet wieder seinen eigenen Weg – so wie es der Westen mit Skate-, Wakeboard- oder Waveparks getan hat. Die Rede ist nicht von energieintensiven Skihallen mit Kunstschnee – die gibt es auch –, sondern vielmehr von Pisten aus Plastikmatten. Diese stehen meist in Ski- und Snowboard-Vergnügungsparks und existieren sowohl indoor als auch outdoor in allen Größenordnungen. Eine interessante Alternative für die Wintersportbranche.

ISPO in Shanghai ist eine Erfolgsstory
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