Der Norweger Jorgen Karlsen verdient sein Geld nicht auf dem Snowboard, sondern als Biophysiker. Seine Leidenschaft ist nicht das Boarden, ihn faszinieren aber die Kräfte, die auf ein Snowboard wirken. Seine Erkenntnisse interessieren zunächst jedoch niemanden, bis sich drei professionelle Snowboarder finden und sie zusammen ihren Siegeszug starten. Bei ISPO Brandnew wird 2005 schnell deutlich, wie revolutionär die Erfindung ist, die den Markt seither verändert.
„Die Messe hat unserer Marke extrem geholfen“, freut sich Karlsen. „Als völlige Newcomer hatten wir uns nicht optimal vorbereitet. Dennoch öffnete allein unsere Anwesenheit viele Türen zur Industrie. Wir knüpften Kontakte zu den Medien der Snowboardszene und anderen Herstellern, die eine Schlüsselrolle bei unserem doch überraschend schnellen Wachstum gespielt haben.“ Zuvor sucht der heute 61-Jährige monatelang vergebens nach Unternehmen, die Interesse an seiner 3D-Technologie haben.
Ein Rückblick: In den späten 1990er Jahren beschäftigt sich Karlsen intensiv mit den Fahreigenschaften von Snowboards. Ihm fällt auf, dass ein konventionell flaches Board in der Kurve die Form verändert und sich dreidimensional verdreht. Damit bildet sich ein kleinerer Winkel zwischen Boden und Nose (vorderer Teil), beziehungsweise Tail (hinterer Teil). Der Winkel in der Mitte vergrößert sich hingegen. Nach dieser Erkenntnis stellt er sich die Frage: Wie kann man dieses Wissen gezielt nutzen?
Der Biophysiker teilt das Brett in drei Abschnitte auf und gibt jedem die Form, die dieser während der Fahrt annimmt. So erhält das Board rechts und links eine abgeschrägte 3D-Form. In der Mitte bleiben indes die Merkmale der herkömmlichen Technologie bestehen. Eine Gruppe Snowboarder – darunter der heutige Kreativchef Danny Kiebert und CEO Dennis Dusseldorp – testet den ersten Entwurf und gibt wertvolles Feedback zur optimalen Performance. 1998 wird die Triple-Base-Technologie (3BT oder TBT) schließlich patentiert.
„All unsere Boards verfolgen dasselbe Ziel: Das Snowboard-Erlebnis noch toller zu gestalten. Dabei sollen originelle Ideen mit Kreativität, Design und professioneller Ausführung kombiniert werden“, erklärt Danny Kiebert. Die Vorteile sind offensichtlich: Das Snowboard bleibt selbst bei hohen Geschwindigkeiten stabil, läuft perfekt geradeaus und hat in den Kurven stets vollen Kantengriff.
Auch Fahrfehler verzeiht das Board, Tricks können leichter gestanden werden. Mehr noch: Ein Verkanten ist fast ausgeschlossen. Diese Eigenschaften überzeugen auch die ISPO Brandnew Jury als Bataleon bei seiner Markteinführung im Winter 2004/05 zu den Finalisten gehört.
Bataleon nutzt die Vorzüge des immensen Medieninteresses in München gekonnt. So gibt die Crew erste Interviews und ist in zahlreichen Fernsehausstrahlungen, deutschen sowie internationalen Tageszeitungen, Magazinen und Radiosendungen präsent. Besonders begeistert zeigt sich Gründer Karlsen von der Stimmung auf der Messe. „Ständig schauten Leute im Village vorbei, die sich gezielt für Neuerungen interessierten und auf der Suche nach dem nächsten großen Hit waren“, schwärmt er.
Damals produziert Bataleon noch in Norwegen und hat im Geschäft „Endless Extreme Sports“ seine erste Zentrale. Doch die Nachfrage nach den innovativen Snowboards wächst rapide. Während der Hauptsitz heute in Amsterdam ist, kommen die handgebauten Boards aus Österreich und zählen zu den Besten der Welt. Das Logo mit den drei Fingern, die die 3D-Formtechnologie symbolisieren, ist von den Pisten nicht mehr wegzudenken. Es ziert mittlerweile auch Bekleidung und Accessoires.
Zehn Jahre nach der Teilnahme bei ISPO Brandnew ist das Logo sogar auf Surfboards zu sehen, die in Zusammenarbeit mit Surfprofi Bill Stewart designt werden. CEO Dusseldorp wird 2015 schließlich einer der Juroren bei ISPO Brandnew. „Ich bin der Meinung, dass Querdenken und innovative Ideen die Sportindustrie reizvoll gestalten", erklärt der Niederländer seinerzeit. "Es ist mir eine große Ehre, ein Teil der Jury zu sein.“ Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Letztlich ist es egal, ob man Biophysiker oder Snowboarder ist – Hauptsache, man glaubt an seine Technologie.
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