Wintersport/21.02.2018

ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel über Olympia, Wintersport in Asien und den Ski-Markt in den Alpen

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ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel spricht über Olympia in Asien, die Entwicklung des Skisports in Europa und seinen Vorschlag, Slalom- und Riesenslalom-Rennen künftig dienstag- und mittwochabends zu veranstalten.

Peter Schröcksnadel (r.) mit Österreichs größtem Skistar Marcel Hirscher
Peter Schröcksnadel (r.) mit Österreichs größtem Skistar Marcel Hirscher

Peter Schröcksnadel (76) ist nicht nur Präsident des Österreichischen Ski-Verbandes (ÖSV), sondern als Unternehmer auch Geschäftsführer von vier Tochtergesellschaften des ÖSV sowie der der Vereinigten Bergbahnen GmbH.

Ein Gespräch beim Mountain Peak Symposium in Kitzbühel über Olympia in Asien, die Entwicklung des Skisports in Europa und seinen Vorschlag, Slalom- und Riesenslalom-Rennen künftig dienstag- und mittwochabends zu veranstalten.

Schröcksnadel: Olympia muss Vertrauen zurückgewinnen

ISPO.com: Herr Schröcksnadel, Olympische Winterspiele in Korea und in vier Jahren dann in Peking – blutet einem als Österreicher da nicht das Herz?
Peter Schröcksnadel: München war dagegen, Tirol war dagegen – man muss sich überlegen, warum. Wir sind ja alle satt, uns geht’s gut. Es will keiner mehr zusätzlichen Tourismus. Vor 30, 40 Jahren waren wir alle froh, wenn wir damit Geld verdient haben. Heute will jeder seine Ruhe haben. Hinzu kommen all die Skandale um Olympia. Man glaubt, dass das Geld in die falschen Kanäle geht. Das Vertrauen ist nicht mehr da. Olympia hat nicht mehr den Glanz der Vergangenheit, nichts Einzigartiges mehr, ist viel zu groß geworden.

Was ist zu tun?
Man muss das Vertrauen der Menschen zurückgewinnen. In Innsbruck hieß es: 'Wir brauchen keine neuen Sportstätten, wir haben alles.' Wir haben aber gar nicht alles. Wir wären zum Beispiel zum Eisschnelllaufen nach Inzell gegangen. Man fragt sich. Was hat der Sport davon, wenn Olympische Spiele nach Tirol kommen? Keine neuen Sportstätten, es wird nichts zusätzlich für den Sport investiert – also wofür machen wir das? Nur für den Tourismus?

Wie heißt es so zynisch: 'Olympische Spiele sind super – wenn es bloß den Sport nicht gäbe.' Der Sport muss viel mehr in den Vordergrund. Die Athleten müssen entsprechend verdienen können. Warum ist es nicht möglich, dem Olympiasieger Preisgeld zu zahlen? Die Sportler müssen wieder in den Mittelpunkt gerückt werden. Sie müssen die Träger der Olympischen Spiele sein, nicht die Funktionäre.

Skisport ist in Europa weiterhin beliebt

Funktioniert das Geschäftsmodell Winter-Olympia in Asien?
Asien ist natürlich ein riesiger Markt. Ich war jetzt kürzlich mal in China, wo sie bis zu den nächsten Spielen nun 300 Millionen Skifahrer sozusagen züchten wollen – da wird der Markt ja regelrecht überschwemmt, für so viele Leute haben wir ja gar keinen Platz. Andererseits heißt es immer, der Skisport in Europa gibt nach – was überhaupt nicht stimmt. Es gibt nach wie vor zwei bis drei Prozent Wachstum.

Wenn man sich in diesem Winter, in dem es schon so früh so viel Schnee gab, anschaut, dass man zwei, drei Stunden gebraucht hat, um ins Zillertal, Stubaital oder ins Ötztal zu fahren, dann weiß man, welchen Stellenwert der Skisport beim Publikum nach wie vor hat: Er ist sehr beliebt.

Hat sich in den letzten Jahren also nichts geändert?
Es hat sich die Art des Wintersports verändert: Snowboard ist wieder weniger geworden, alpiner Skisport mehr, Tourengehen kommt dazu. Ich finde all diese Facetten gut. Im Prinzip ist alles, was mit Winter, Natur und Sport zu tun hat, für uns alle gut.

Peter Schröcksnadel ist seit 1990 ÖSV-Präsident
Peter Schröcksnadel ist seit 1990 ÖSV-Präsident
Bildcredit:
imago

Ski-Markt in China kann sehr groß werden

Zurück nach Asien: Wie stark sollten die Europäer diesen sagenumwobenen Markt anbaggern?
Naja, die baggern ja im Moment selber. Die Veranstalter wollen bei den Olympischen Spielen reüssieren – für Korea wird das wahrscheinlich kein besonders großer Lauf werden, aber in China kann das durchaus sehr, sehr groß werden. Aber es gibt ja auch noch andere Märkte: Südamerika, Neuseeland, Australien – da gibt es überall Skisport. Es heißt immer der Fußball ist weltweit, aber der Skisport ist gar nicht so viel weniger weltweit. Es gibt kaum weniger Skiverbände in Europa als Fußballverbände.

Das heißt, man braucht sich keine Sorgen um die Zukunft des Skisports zu machen?
Ich habe da keine Bedenken. Skisport ist so ein schöner Sport. Man gibt den Menschen die Möglichkeit, im kalten, nebligen Winter in die Berge zu gehen und sich dort zu bewegen. Ich glaube nicht, dass sich dieser Sport irgendwann auflösen wird.

Seit langem wird die Veränderung des Renn-Kalenders diskutiert: Slalom und Riesenslalom nur noch abends, zum Beispiel dienstags und mittwochs, und die Speed-Rennen am Wochenende. Glauben Sie, dass das funktioniert?
Die Idee ist nicht neu. Die Amerika-Rennen werden eh schon an unserem Abend übertragen, wir haben den Slalom in Schladming und weitere Night-Events, und ich war immer schon der Meinung, dass man Speed- und Technik-Disziplinen trennen könnte, um das alles zu entzerren. Gehen tut das, doch ein großes Problem war immer schon der deutsche Markt.

Inwiefern?
Weil das deutsche Fernsehen nicht mitspielt. Für alle anderen Nationen ist das kein so großes Problem. Früher hat man auch nur am Tag Fußball gespielt, und jetzt spielt man am Abend. Wenn man das wirklich angehen will, dann kann man das auch. Als Gegenargument heißt es dann immer: 'Abends sieht man die schöne Winterlandschaft gar nicht' – aber die kann man ja dazu spielen, das ist nicht das Problem!

Der Nachtslalom in Schladming ist mit 40.000 bis 50.000 Zuschauern sicher eines der größten Rennen auf der Welt. Zuerst wollten wir das in Saalbach machen, doch da hieß es: 'Das Lampion-Rennen brauchen wir nicht.' So was lässt sich entwickeln, und ich glaube, dass Dienstag oder Mittwoch gute Tage wären. Und wenn die Deutschen nicht mitmachen, könnten wir das in den frühen Abend legen: 18 Uhr.

Alpiner Rennkalender: Abends mehr Zuschauer als tagsüber

Worin würde der Mehrwert bestehen?
Ganz einfach: Wir haben am Abend immer mehr Zuschauer als tagsüber, vor Ort und im Fernsehen. Das gilt auch für Deutschland – wenn die Deutschen gut fahren und nicht im Spital liegen. Der Skisport lebt von Helden, von Nationalhelden – und die habt ihr Deutschen. Beim Skispringen habt ihr sie auch gehabt und jetzt wieder. Und wenn wir in der FIS stark genug sind, dann machen wir das einfach mit den Abendrennen und schauen, was rauskommt.

Stichwort Fußball: Dienstag und Mittwoch sind die traditionellen Champions-League-Tage...
Das überschneidet sich nur am Saisonende. Die Champions League beginnt ja erst um 20.45 Uhr – dann zeigt man davor Skifahren. Am Wochenende läuft auch den ganzen Tag Wintersport. Ich glaube auch, dass die Fernsehstationen, die dabei nicht mitspielen in Zukunft Probleme bekommen werden.

Was haben wir denn im Fernsehen? Serien, Nachrichten und Live-Events. Und der Live-Event ist sicher das Wichtigste, was im Fernsehen übertragen werden kann. Wenn man sich da die Rechte sichert, hat man auch die Quoten.

Aber wie wirkt sich so ein zerrissener Renn-Kalender für die Athleten aus?
Der ist ja nicht zerrissen, sondern durchgehend. Für die Athleten ist es aber immer gut, wenn die Quoten hoch sind. Wenn viele Leute zuschauen, kann der Athlet auch viel Geld verdienen.

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