Dass Simon Park 1995 mit dem Yoga angefangen hat, war die Folge eines Unfalls. Nach einem Motorrad-Crash und anschließender Reha meldete er sich zu einem Yoga-Kurs an seiner Universität, der UCLA, an. Der US-Amerikaner verliebte sich in Yoga, machte eine Ausbildung zum Yoga-Lehrer und wurde 2007 vom Yoga Journal als „einer der einflussreichsten und begabtesten Yogalehrer der nächsten Generation“ ausgezeichnet.
Parks Stil, Liquid Flow Yoga, ist stark von seinen Lehrern Shiva Rea, Richard Freeman, Maty Ezraty, Joan White und Dharma Mitra beeinflusst und verbindet traditionelles mit modernem Yoga. Inzwischen unterrichtet Park im Kale & Cake Studio in München.
ISPO.com hat sich mit Park über Yoga als perfekte Ergänzung zum Sport unterhalten und die Frage diskutiert, warum sich viele Männer noch immer schwer mit dem Yoga-Einstieg tun.
ISPO.com: Was haben Sie vom Yoga gelernt?
Simon Park: Viele Dinge im Laufe der Zeit. Zum einen Mitgefühl und eine Verbindung zu anderen Menschen. Aber Yoga kann auf jeden Fall Geduld mit sich selbst und mit langwierigen Prozessen lehren. Dinge passieren, wenn sie passieren sollen und ich glaube, dass die größte Lektion, die Yoga einem beibringt, ist, Dinge loszulassen. Man erkennt, dass nichts für immer ist und alles vorübergehen wird.
In unserer westlichen Welt werden die Yogaklassen hauptsächlich von Frauen besucht. Warum machen in erster Linie Frauen Yoga?
Ich glaube, dass die Statistik der Yogaklassen je nach Land variiert. Zum Beispiel gibt es in einigen großen Metropolen wie Los Angeles, Berlin, London oder New York City definitiv einen höheren Prozentsatz von Männern, die Yoga praktizieren. Im Allgemeinen ist Yoga aber wahrscheinlich für Frauen so attraktiv, weil die Art der Bewegung gut zum weiblichen Körper passt. Es wirkt ausgleichend, es wirkt auf das Hormonsystem, das Nervensystem, das emotionale System. Yoga wirkt außerdem nicht nur auf das Äußere, sondern auch nach innen. Es gibt aber vor allem auch eine große weibliche Yoga-Community, das wirkt anziehend auf Frauen.
Machen Frauen daraus eher ein Happening und treffen sich mit der besten Freundin im Studio, während Männer lieber allein zuhause mit YouTube-Videos üben?
Ja, ich glaube das ist Teil der Kultur, die daraus erschaffen wurde. In ein Yogastudio zu gehen und Gleichgesinnte zu treffen ist ein wichtiger Punkt für Frauen, aber noch nicht für Männer. Männer fühlen sich in einem Yogastudio umgeben von flexiblen Frauen oft unwohl, weil sie denken, dass es darum im Yoga geht. Das ist es aber nicht. Es geht darum, Yoga genau mit den Fähigkeiten zu praktizieren, die man gerade hat. Das kann bei der körperlichen Flexibilität helfen, aber auch hinsichtlich Stärke, Stabilität, Klarheit und Konzentration. Und ich weiß, dass das bei Männern vielleicht nicht sehr beliebt ist, aber Yoga kann ihnen helfen, mit ihrer weiblichen Seite oder ihrer nichtlinearen männlichen Seite in Kontakt zu treten. Selbst wenn man keinen Stempel draufsetzen will, gibt es eine geschlechtsspezifische Zuordnung zu bestimmten Arten von Bewegungen oder Gefühlen.
Haben Männer noch immer Vorurteile gegenüber Yoga?
Ganz praktisch gesehen ist Yoga eine Aktivität für die obere Mittelklasse. Klassen und Studios sind teuer und einige Studios verströmen eine weibliche Atmosphäre, fast wie ein Schönheitspalast. Das mag nicht jeder Mann. Dann gehen sie da hin und dort sind überall Frauen, die viel flexibler sind als sie selbst und sie sind die steifen Kerle. Die Verbreitung der ganzen Online-Programme macht Yoga zugänglicher, nicht nur für Männer auch für verschiedene soziale Schichten.
Wenn jemand Vorurteile hat, ganz egal ob Mann oder Frau, wie wirken Sie diesen entgegen?
Ich bin nicht konfrontativ, denn das funktioniert nicht wirklich und passt nicht zur Philosophie des Yoga, sondern ich bin ermutigend und offen und versuche als Lehrer, durchweg gute Erfahrungen zu vermitteln.
Machen Männer und Frauen unterschiedlich Yoga? Oder gibt es anatomische Unterschiede bei den Geschlechtern, die sich in den Asanas zeigen?
Es ist für Frauen selbstverständlich, mehr mit der menschlichen Physiologie, dem Hormonsystem und dem Menstruationszyklus in Kontakt zu sein. Es ist nicht so, dass alle Frauen so sind und alle Männer das nicht tun, aber es gibt die Tendenz. Und auch die Flexibilität spielt eine große Rolle. Doch man denkt immer, dass es beim Yoga darum geht, tut es aber nicht wirklich. Es geht um Stärke, Stabilität und Bewusstsein. Der Hauptunterschied besteht wohl darin, dass es für Frauen wohl einfacher und natürlicher ist, die Praxis durchzuführen.
Muss man überhaupt einen generellen Unterschied zwischen Mann und Frau im Yoga machen?
Ja, weil ich denke, der moderne Mann hat weniger Bewusstsein dafür. Als ich anfing, hatte ich keine Ahnung. Nach meinem Unfall, sagte mir ein Personal Trainer, dass ich mit Yoga anfangen soll und ich dachte nur: „Oh, was ist das?“ Man muss damit anfangen, über Yoga aufzuklären. Denn es hat große Vorteile und ist eine der besten Trainingsergänzungen für jede Sportart - und ich habe eine Menge Sportarten gemacht. Es steigert die Effizienz des Trainings und der Erholung.
Es gibt immer mehr Angebote wie „Yoga für Kletterer“, „Yoga für Rennradfahrer“ etc. Glauben Sie, das spricht Männer eher an als klassische Yogastunden?
Ich denke, es ist ein großartiger Ansatz, weil diese Programme auf eine Aktivität abzielen, mit der Männer vertraut sind. Es ist eine komplementäre Ergänzung zum Beispiel zum Klettern. Der beste Kletterer der modernen Geschichte, Alex Honnold, macht in seinem Film Yoga. Yoga wurde noch bekannter, weil Profisportler, wie die deutsche Fußballnationalmannschaft oder NBA-Mannschaften es in ihr Training integriert haben.
Gehen Sportler dann generell auch zu großer sportlicher Verbissenheit und Perfektionismus ans Yoga?
Ich habe eine Zeit in Aspen gewohnt und definitiv waren dort Persönlichkeiten in den Klassen, die Yoga so gemacht haben, wie sie Ski gefahren sind: hart und schnell. Es ist nicht falsch. Yoga kann auch als körperliche Übung gesehen werden, dennoch wird man auch die anderen Vorteile mit dazu bekommen. Ich kam selbst mit einem sportlichen Hintergrund zum Yoga und es war meine Denkweise, beim Üben gegen mich zu arbeiten. Das widerspricht dem Yoga, denn dort will ich eigentlich mit mir arbeiten.
Um auf einem hohem Niveau Sport zu treiben, muss man sich auf sich selbst, seine Psyche und seinen Körper einstellen. Sie in Einklang bringen, statt dagegen zu arbeiten. Wenn man das schafft, kann man viele Hindernisse überwinden. Das führt oft zu einer höheren Leistungsfähigkeit als bei den sogenannten klassischen Trainingsmethoden. Yoga ist großartig dafür. Deswegen wird es auch von so vielen Psychologen empfohlen, weil es die Sportler lehrt nach innen zu schauen, Ruhe zu finden und zu fokussieren. Das ist ein wichtiger Teil des Sports.
Liquid Flow Yoga ist sehr fließend. Sind solche fließenden Stile die Zukunft des Yoga bzw. der westlichen Asana Praxis? Oder wo sehen Sie Yoga in den nächsten Jahren?
Nun, ich mag es nicht, bei irgendetwas auf eine bestimmte Art und Weise hängen zu bleiben, und manchmal wechsle ich von still und statisch zu einem fließenderen Stil. Ich denke, man muss immer das Gleichgewicht finden. Die Weiterentwicklung kann in beide Richtungen erfolgen. Aber die Medien werden wahrscheinlich Dinge pushen, die auffälliger sind, also vielleicht dynamischere Bewegungen oder super biegsame Posen.
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