Es gibt sie in der Outdoor-Branche, die unabhängigen Familienunternehmen. Schuhproduzent Meindl etwa wird in neunter Generation von der Familie Meindl, aktuell von den Brüdern Lukas und Lars, geführt. Outdoor-Ausrüster Vaude aus Tettnang am Bodensee befindet sich ebenfalls zu 100 Prozent in Familienbesitz. Seit 2009 leitet Antje von Dewitz die Geschicke, ihr Vater Albrecht von Dewitz hat Vaude 1974 gegründet.
Auf der anderen Seite operieren auch in der Outdoor-Industrie viele komplexe Firmen-Konstrukte und Markenfamilien.
Einige decken stringent die Outdoor- oder sogar ein bestimmtes Segment darin ab, andere umfassen ein heterogenes Portfolio. Im deutschsprachigen Raum zählen etwa die Outdoor- und Sportmarken Deuter, Maier Sports, Ortovox und Gonso zur fränkischen Schwan-Stabilo-Gruppe, die mit der Schreibwarenmarke Stabilo sowie der Kosmetikmarke Schwan Cosmetics zugleich zwei völlig andere Produktkategorien führt.
Bei der Südtiroler Oberalp-Gruppe gibt es dagegen über alle Marken hinweg einen gemeinsamen Kern: Bergsport. Der jüngste Neuzugang Evolv, ein Kletterschuhhersteller aus den USA, fügt sich deshalb aus Unternehmenssicht perfekt in das Portfolio mit Salewa, Dynafit, Pomoca und Wild Country ein.
Beide genannte Firmengruppen befinden sich in Familienbesitz, hinter Schwan-Stabilo steht die Familie Schwanhäußer, Oberalp wird nach wie vor von Gründer Heiner Oberrauch geleitet. Mit einem Jahresumsatz von rund 700 Millionen Euro (Schwan-Stabilo 2017/18, davon ca. 170 Mio. in der Sparte „Outdoor“) beziehungsweise knapp 200 Millionen Euro (Oberalp 2017) sind sie aber noch vergleichsweise kleine Player im Vergleich zu internationalen Großkonzernen wie der 1899 gegründeten US-amerikanischen VF Corporation.
Sie hält aktuell die Rechte an rund 20 Bekleidungsmarken, unterteilt in „Outdoor“, „Active“ und „Work“. Die bekannteste Outdoormarke ist The North Face, auch Timberland, Eagle Creek und Icebreaker zählen zu diesem Mega-Unternehmen, das im Geschäftsjahr 2018/19 rund 12,5 Milliarden Euro Umsatz generierte.
Deutlich darunter liegt die Amer Sports Group mit zuletzt circa 2,7 Milliarden Euro Umsatz. Die Finnen führen immerhin zwölf Outdoor- und Sport-Marken, darunter Peak Performance, Arc’teryx, Salomon und Atomic. Zweifellos ist Amer Sports ein Schwergewicht im Outdoor- und Sports-Business, dennoch wurde die Gruppe im Frühjahr von einem Konsortium um den größten chinesischen Sportartikelhersteller Anta Sports aufgekauft.
Einer der größten europäischen Gruppen ist die heute in der Schweiz ansässige Fenix Outdoor AG mit rund 600 Millionen Euro Umsatz jährlich. Deren Eigentümer ist mit einem Aktien-Anteil von 53 Prozent Martin Nordin, Sohn des Fjällräven-Gründers Ake Nordin. Fjällräven ist eines von zehn Teilunternehmen von Fenix – neben weiteren Outdoor-Marken wie Primus oder Hanwag.
2015 „schluckte“ Fenix zudem den krisengeschüttelten deutschen Outdoor-Händler Globetrotter: „Wenn wir das nicht gemacht hätten, gäbe es Globetrotter heute nicht mehr“, sagt Nordin. Globetrotter schaffte unter Fenix die Kehrtwende, macht 2019 mit Neueröffnungen im Rahmen seines „City“-Konzepts von sich reden.
In einer schwierigen Phase befand sich Deutschlands Marktführer Jack Wolfskin, als im Jahr 2017 eine Gruppe von Hedgefonds das Idsteiner Unternehmen übernahm. Sie sorgte für eine Entschuldung und stellte Kapital in Höhe von 25 Millionen Euro bereit. Jack Wolfskin schaffte den Turnaround, vermeldete für 2018 wieder Umsatz- und Gewinnsteigerungen.
Die deutsche Outdoor-Marke war erst 2011 vom US-Investor Blackstone gekauft worden und dann – so die Analyse vieler Branchenbeobachter – in Schieflage geraten, weil die vom Investor vorangetriebene Internationalisierungsstrategie nicht funktioniert hat. Inzwischen gab es den nächsten Eigentümerwechsel. US-Golf-Ausrüster Callaway kaufte Jack Wolfskin Ende 2018 für 418 Millionen Euro. Nach den reinen Finanzinvestoren ist nun also ein „strategischer Investor“ mit längerfristigem Interesse am Ruder: ein produzierendes Unternehmen, das gezielt sein Produktportfolio erweitern will.
Dies ist auch der Hintergrund der jüngst abgeschlossenen Übernahme der kleinen österreichischen Outdoor-Schuhmarke Dachstein durch die finnische Luhta-Gruppe, die ihre bisher auf Bekleidung fokussierte Range um eine Schuhmarke erweitern will. Umgekehrt erhofft sich Dachstein, vom internationalen Luhta-Vertriebsnetz mit eigenen Organisationen in vielen Ländern zu profitieren und über den deutschsprachigen Raum hinaus stärker expandieren zu können.
Die unterschiedlichen Varianten „Finanzinvestor“ und „strategischer Investor“ lassen sich auch gut am Beispiel Ledlenser zeigen. 2013 übernahm die US-Kult-Multitool-Marke Leatherman den in Solingen ansässigen Spezialisten für Stirn- und Taschenlampen. Ende 2018 zog sich Leatherman wieder zurück, die Investorgesellschaften Afinum und Invision stiegen ein. Marketingchef Oliver Keßler erklärt, dass Übernahme wie Rückzug von Leatherman – neben der Annahme von Synergien, die sich aber nicht wie gewünscht haben realisieren lassen – auch mit der Person des Leatherman-Gründers und -Chefs verbunden gewesen seien: „Tim Leatherman wollte schon lange Lampen in seinem Portfolio haben und war die treibende Kraft bei der Übernahme“, erläutert Keßler. Nun wolle sich der 71-Jährige allmählich aus dem Geschäft zurückziehen.
Die neuen Investoren dagegen seien „Private Equities, die sich an gut gehenden Unternehmen beteiligen. Sie glauben und erwarten, dass sie am Ende mehr herausziehen können, als sie an Investment hineingesteckt haben. Denn, das ist einfach Realität, nach einigen Jahren werden sie das Unternehmen wieder verkaufen.“
Die Perspektive solcher Finanzinvestoren ist meist eher kurzfristig. „Sie beobachten und informieren sich natürlich genau über die Strategie des Unternehmens, aber lassen uns freie Hand bei der Entwicklung der Marke“, beschreibt Keßler die Kooperation.
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