Wie in Europa ist auch in den USA der Anteil an Onlinehändlern und die Begeisterung der Kunden für das Onlineshopping parallel zur “Great Recession” rapide angewachsen. Was folgte, waren Aufkäufe von Marken und Einstellungen von Kollektionen, sowie zahlreiche Händlerinsolvenzen. Die damaligen Entwicklungen gehen zum Teil bis heute weiter oder sind zumindest noch deutlich spürbar.
Vom gesamten Outdoor- und Wintersportmarkt in den USA sind nur noch eine Handvoll Mega-Onlineshops übrig geblieben... Nur Onlineshops? Nein! Einige, von unbeugsamen Enthusiasten geführte Outdoor- und Wintersportshops hören nicht auf, den Amazons & Co. sehr erfolgreich Widerstand zu leisten. Aber was machen diese erfolgreichen stationären Händler anders? Was ist ihr Geheimnis?
Den Absatz, den Brands mit den großen Onlineshops machen, können selbst Händler mit mehreren Ladenlokalen nicht erreichen. Die US-Shops, die heute erfolgreich sind, haben das früh erkannt und Wege gefunden damit umzugehen. Sie sind extrem wählerisch und sortieren rigoros aus, welche Marken und Kollektionen sie einkaufen.
Kleinere, sehr spezielle Messen wie die neue Snowboardmesse Parts & Labor oder auch die Agenda Shows geben den interessierten Händlern eine Plattform, kleinere Core-Marken und Innovationen zu entdecken und nicht nur nach Schema F Bestsellerlisten der Branchenriesen wie etwa SportsOneSource, einzukaufen. Die Messen ergänzen das US-Messeportfolio aus Outdoor Retailer Winter und Summer Markets, die dazugehörige Snow Show und die USRA Shows (United States Reps Association Shows).
Beezer Molten ist Inhaber von Half-Moon Outfitters, einer Kette mit acht Läden in South Carolina und Georga. Er erklärt snewsnet.com: „Die neuesten und coolsten Produkte im Laden zu haben garantiert uns, dass die Kunden gerne Bummeln und dass das Flair eines Fachgeschäfts erhalten bleibt – das kann man vor dem Bildschirm niemals erzielen.“
Gefragt, was Powder7 von der Konkurrenz abhebt, antwortet Amy Dannwolf in einem Interview mit der The Denver Post, dass der Shop viele kleinere Marken und schwer zu findende Produkte führe.
Alle starken US-Outdoor- und Wintersportshops sind sehr damit beschäftigt, durch Events, „in-store Attractions“ und Social Media den Kontakt mit ihrer Community zu pflegen. Sei es durch Diavorträge, Lesungen, Ausstellungen, Filmabende, Skirennen, Snowboard-Contests, Demos oder kostenlose Kurse.
Emily Burke von Alpenglow Sports in Tahoe City, Kalifornien erklärt: „Wir konzentrieren uns sehr stark darauf, die Outdoor-Community mit Events für den Shop zu begeistern. Zweimal im Jahr veranstalten wir das Alpenglow Mountain Festival, wo sich alles um Outdoorsportarten dreht. Das Festival soll unseren Kunden den Zugang zu neuen Outdoorsportarten erleichtern. So bieten wir etwa kostenlose Kurse, geführte Touren und Infoveranstaltungen im Rahmen des Festivals an.“
Manche Shops gehen sogar noch einen Schritt weiter und bauen gleich einen permanenten, sehr attraktiven Treffpunkt für die Community in den Shop, wie etwaThe Hub & Pisgah Tavern im Pisgah Forest in North Carolina.
Ein voll ausgestattetes Pub innerhalb des Shops, inklusive Terrasse mit Feuerstelle lädt die Community nach getanen Outdoor- und Schneeabenteuern auf ein Bier ein. Diese Bemühungen sind ein perfekter Nährboden für klassische Mund-zu-Mund-Propaganda, wobei sich Kunden über ihre tatsächlichen Erfahrungen mit Marken und Produkten austauschen.
Darüber hinaus spielt im Jahr 2018 natürlich auch Social Media eine wichtige Rolle bei der Community-Bindung. So sind gut gepflegte Profile bei Facebook und Instagram, tägliche Posts, spezielle Angebote für Fans, hin und wieder ein Blick hinter die Kulissen des Shops, eigene Shop-Hashtags, Videokanäle, Podcasts usw. entscheiden für die Shops.
Viele erfolgreiche US-Shops geben ihren Mitarbeitern die Möglichkeit, Geschäftsanteile zu erwerben. Dadurch erreichen sie hohe Loyalität und Beteiligung im Verkauf. Neuester Zuwachs zur Liste der „employee-owned retailers“ ist seit dem 1. Januar 2018 Wilderness Sport in Dillon, Colorado. Auch Outdoor Gear Exchange in Burlington, Vermont gibt auf der offiziellen Webseite bekannt, dass langfristige Arbeitsverhältnisse durch „profit sharing“ unterstützt werden.
Während es ein Riesenschritt für eine Unternehmen ist, sich in eine Firma umzuwandeln, die komplett im Besitz der Angestellten ist, lassen sich durch kleinere Maßnahmen bereits Verbesserungen im Verkauf erzielen. Verkaufspersonal, das sich ehrlich für die Kunden und den Verkauf begeistert und sich zudem auch noch bei den entsprechenden Sportarten sehr gut auskennt, ist für die US Outdoor- und Wintersporthändler unerlässlich.
Emily Burke von Alpenglow Sports sagt, dass ihre Hauptverkaufsstrategie wahres Interesse am Kunden sei: „Wir setzen auf sehr persönlichen Customer Service und darauf für jeden Kunden, der durch unsere Tür kommt, eine persönliche Einkaufserfahrung zu erschaffen. Es geht uns im ersten Schritt mehr darum, etwas über unsere Kunden zu erfahren, anstatt direkt etwas an sie zu verkaufen. Indem wir unsere Kunden gezielt dazu befragen, für was sie sich begeistern, was sie nervös macht und was echte Herausforderungen für sie sind, können wir ihnen besser helfen das passende Equipment zu finden, um erfolgreich zu sein und Spaß zu haben. Es geht darum, echte Freude zu erzeugen!“
Raul Pinto vom Satellite Snowboardshop in Boulder, Colorado erklärt Transworld Snowboarding: „Das Wichtigste ist, dass wir alle schon so unendlich lange snowboard fahren. Wir wissen mehr, weil wir einfach immer Snowboarden gehen. Wenn man so viel Zeit investiert, tatsächlich auf dem Berg zu sein, macht das einen riesigen Unterschied darin, was man Kunden über das Produkt erzählen kann, das sie gerade kaufen.“
Im Jahr 2018 ist es ganz einfach unrealistisch geworden, von einer Marke zu verlangen, nicht auf Amazon zu verkaufen. Anstatt bestimmte Marken aus dem Shopportfolio zu streichen, weil sie an den Onlineriesen verkaufen, haben sich auch kleinere und mittelgroße US-Shops entschieden, selbst auf Amazon zu verkaufen und dort sehr gutes Geld zu verdienen.
Auf diese Weise und dadurch, dass sich die Einzelhändler dort an die unverbindlichen Preisempfehlungen der Marken halten, können sie verhindern, dass bestimmte Marken direkt an Amazon verkaufen oder zumindest die Anzahl der dort direkt verkauften Produkte gering halten. Das verhindert auch, dass Amazon unterhalb der unverbindlichen Preisempfehlungen direkt verkauft und so einen ausgeglichenen Onlinemarkt stört.
Darüberhinaus haben die meisten erfolgreichen Outdoorshops auch selbst einen ernstzunehmenden Webshop. Ein Paradebeispiel hierfür ist Gear Coop. Der gut aufgestellte Core-Shop hat 2009 als reiner Amazon-Händler begonnen und sein Portfolio später mit eigenem Webshop und einem Ladenlokal inklusive Boulderwand in Costa Mesa, Kalifornien ergänzt.
Selbstverständlich sind die eigenen Webshops der erfolgreichen Outdoorhändler mit denen der Big-Player vergleichbar was etwa die intuitive Seitennavigation, Design, Versand, Preise und kostenlose Retouren betrifft. Aber selbst die Shops, die keine Produkte direkt online verkaufen, optimieren kontinuierliche ihre Onlinepräsenz, indem sie die Shopaddresse, Öffnungszeiten und Kontaktdaten überall dort einstellen und aktuell halten, wo Kunden nach ihnen suchen könnten.
In den USA sind das unter anderem Yelp, Google, Facebook und vor allem die Shoplocators der Marken, die der Shop führt. Anbieter wie Locally, Yext oder Sweet IQ helfen kleinen Shops dabei, auch ohne Marketingteam diese und andere Angebote aktuell zu halten und sind auch in Europa verfügbar.
Letztendlich braucht die Outdoorsport-Community vor allem Eines – eine gesunde Umwelt, in der alle ihrem Lieblingssport nachgehen können. Um diese zu erhalten, ist es bei amerikanischen Outdoor- und Wintersportliebhabern salonfähig geworden, immer mehr gebrauchtes Equipment zu kaufen.
Fachhändler nehmen leicht gebrauchte Ware von Kunden auf Kommission an, um sie dann an andere weiterzuverkaufen. Je nach Shop wird der Gewinn zwischen dem Kommissionskunden und dem Laden aufgeteilt. Dieser Prozess ist eine hervorragende Möglichkeit, die Community an den Shop zu binden, denn meist bekommen die Kunden den Wert des Kommissionsverkaufs für zukünftiges Shopping angeschrieben und nicht ausbezahlt.
Viele Outdoor- und Wintersportshops haben mal kleinere, mal größere Abteilungen, in denen sie die gebrauchten Waren verkaufen, etwa Outdoor Gear Exchange in Burlington, Vermont oder Wilderness Sports in Dillon, Colorado.
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