Peter Zeidelhack ist Chef-Routenbauer des DAV-Kletterzentrums Thalkirchen. Das Kletterzentrum in München ist das größte der Welt. Auch in den DAV-Kletterhallen Freimann, Gilching und Bad Tölz ist Zeidelhack am Routen schrauben. Als Routensetzer der ersten Stunde, Mitglied des DAV-Bundeslehrteams Routenbau und gefragter Speaker bei Symposien weltweit weiß er, worauf es ankommt. Für ihn heißt moderner Routenbau: „Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“ Ein Gespräch über den Erfolgsfaktor Routenbau, darüber wie sich der Job des Routenbauers verändert hat, wohin er sich künftig entwickelt und was eine gute Route ausmacht.
ISPO:com: Herr Zeidelhack, wie wichtig ist der Routenbau für den Erfolg oder Misserfolg einer Kletter- oder Boulderhalle in der heutigen Zeit?
Peter Zeidelhack: Man kann den Routenbau am besten mit einem Apfelmarkt vergleichen. Schmeckt mir der Apfel, ist er hübsch poliert und schön drapiert, komme ich wieder. Wenn das nicht der Fall ist, probiere ich beim nächsten Marktbesuch den Apfel der Konkurrenz. Das Gleiche gilt für Kletter- und Boulderrouten: Machen sie keinen Spaß, weil sie zu schwer, oder auch zu leicht, zu eintönig sind, bleiben mittelfristig die Kunden weg. Das Routenbauer-Team bestimmt letztendlich wie erfolgreich eine Kletterhalle ist und, ob sie es auch bleibt.
Also ein Job mit enorm viel Verantwortung. Sind sich die Routenbauer dessen bewusst?
Wir haben an diesem Bewusstsein in den letzten Jahren hart gearbeitet. Denn der Routenbau kommt ja, wie das Klettern, aus dem Spitzensport. Nun hat sich das Klettern zum Breitensport entwickelt, ist sogar schon in vielen Bundesländern wie Bayern und Baden-Württemberg Schulsport geworden. Die Bedürfnisse an den Routenbau haben sich entsprechend komplett verändert. Es galt dahingehend Aus- und Fortbildungen zu erarbeiten. Herausgekommen ist die Ausbildung zum Routenbauer Breitensport, den ich seit über 6 Jahren im DAV-Bundeslehrteam koordiniere. Denn: Während es im Wettkampf-Routenbau immer noch darum geht, dass möglichst nur einer den Top-Griff erreicht und gewinnt, geht es beim Routenbau Breitensport darum, dass alle sicher oben ankommen und dabei noch Spaß haben.
Thema Ausbildung: Ist das dann eine Ausbildung im herkömmlichen Sinn? Kann ich mich nach dem Schulabschluss für den Beruf Routenbauer bewerben?
Das wurde tatsächlich kurz überlegt, aber letztendlich ist der Routenbau als Beruf, auch wenn er im Segment Breitensport angekommen ist, zu speziell, als das es Sinn ergibt diesen in den IHK-Kontext mit 2,5 Jahren Ausbildung zu stecken. Aktuell erarbeiten wir gerade zusammen mit dem DAV ein neues Konzept für ein ganzheitliches Berufsbild, das in die Richtung Hallenmanager geht. Christian Popien (Anmerk. d. Red.: Inhaber von Climb-Inn und Betreiber der DAV Wupperwände) und ich haben bereits vor 5 Jahren dahingehend ein Konzept beim DAV eingereicht, weil uns damals schon klar war, dass die Hallenbetreiber mittelfristig vor einem Problem stehen werden.
Und das wäre?
Das es keine qualifizierten Mitarbeiter in den Hallen gibt. Es gilt für die Zukunft ein Berufsbild abzustimmen, das eine Kletterhalle zukunftsfähig macht. Christian Popien hat im „Routesetter-“Magazin die „5 Säulen des Hallenmanagements“ erarbeitet. Letztlich gilt es, diese fünf Managementbereiche unter einen beruflichen Nenner zu bekommen. Stefan Winter, vom DAV Bereich Sportentwicklung treibt die Entwicklung nun maßgeblich voran.
Das klingt sehr interessant. Können Sie uns die 5 Säulen des zukünftigen Hallenmanagers kurz aufzählen?
- Betriebswirtschaftliche Anlagenmanagement
- Sportliches Verständnis – sportliches Anlagenmanagement
- Technische Verständnis – technisches Anlagenmanagement
- PR- und Öffentlichkeitsarbeit
- Risiko- und Krisenmanagement
Der Routenbau ist hier im Segment „Sportliches Anlagenmanagement“ integriert.
Klingt nach einem spannenden neuen Berufsbild. Aber zum hier und jetzt: Wie sieht aktuell die Ausbildung zum Routenbauer Breitensport aus?
Die Grundidee für diese Aus- oder Fortbildung war die Sicherheit. Zudem wollten wir Hintergrundwissen zu den Themen Griffe und Wände anbieten und dann geht es natürlich um die Erschaffung von Bewegungen. Wir haben die Ausbildung zweigliedrig aufgeteilt. Der erste Lehrgang dauert 4,5 Tage, danach folgen 6 Monate Pause zum Üben in der Praxis. Die haben wir, also das Bundeslehrteam, so vorgegeben. Im Anschluss folgt ein einwöchiger Prüfungslehrgang.
Was macht aus ihrer Sicht einen Top-Routenbauer aus?
Zunächst sollte man, um die Ausbildung zum Routenbauer überhaupt absolvieren zu können, ein guter Kletterer sein. Ein guter Routenbauer hinterfragt dann, was der Nutzer braucht, und nicht was er, der Routensetzer, klettern kann oder will. Es ist leicht, sein persönliches Limit auf den Leib zu schrauben. Aber es ist eine Kunst Routen zu kreieren, die den Hallennutzern Spaß machen. Außerdem gehören noch Erfahrung und handwerkliches Geschick dazu. Meiner Meinung nach sind auch Kundenkenntnis, Empathie und Kommunikation für einen guten Routenbauer unerlässlich. Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.
Und was passiert, wenn der Köder nicht schmeckt?
Dann macht der Routenbauer den Job nicht lang, oder, wenn es die Kletterhalle ignoriert, dann macht es die Halle nicht lang.
Wohin wird sich aus ihrer Sicht der Routenbau künftig entwickeln?
Letztlich bestimmen die Hallenkletterer und -boulderer die Entwicklung. Der Routenbau wird sich auf den Bedarf der Nutzer weiter abstimmen. Zielgruppenanalyse und Kundenkenntnis lauten hier die Zauberworte.
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