Der Wings for Life World Run hat in 58 Ländern der Welt zeitgleich über 155.000 Läufer an den Start gebracht. Der Rollstuhlfahrer Aron Anderson (SWE) gewann in Dubai mit unglaublichen 92,14 Kilometern.
Hallmann siegt in München, Neuschwander wird Sechster im Global-Ranking
Sebastian Hallmann gewann den Münchner Lauf beim World Run mit 68,64 Kilometern und war damit weltweit zweitbester Deutscher. Florian Neuschwander, deutscher Vorjahressieger (hier ein Interview über seine Tipps und Tricks), startete dieses Jahr in Mailand und landete mit 83,36 Kilometern auf Platz sechs im globalen Ranking. Der Läufer mit der am weitesten gelaufenen Distanz ist Bartosz Olszewski (POL) mit 88,06 Kilometern.
So läuft die Vorbereitung auf einen Ultra-Marathon
Sebastian Hallmann (40) war sieben Mal Deutscher Meister im Mittel- und Langstreckenlauf, u.a. über 10.000 Meter. Neben seiner professionellen Laufkarriere studierte er Politik. Derzeit ist er freiberuflich als Berater, Coach und Referent in der Laufbranche tätig. Zusammen mit freeletics entwickelte Hallmann als Laufexperte die freeletics Lauf-App.
Herr Hallmann, seit wann und wie haben Sie sich auf eine solche Ultra-Distanz wie beim Wings for Life World Run vorbereitet?
Sebastian Hallmann: Ehrlich gesagt, habe ich mich nicht gezielt auf diese Distanz vorbereitet. Ich hatte zwar vor, mehrere längere Läufe ab Januar in mein Training einzubauen, aber leider habe ich die ein oder andere Erkältung mitgenommen. So wurden es nur ein Lauf über 28km, einer über 31km und ein Trailrennen über 28km. Natürlich waren auch noch einige „normale" lange Läufe um die 20km dabei. Die gesamten Kilometer, die ich in meinem Leben gelaufen bin, in Kombination mit viel Stabilisationstraining, haben mich über die Distanz gerettet.
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Lange Läufe: So viele Kilometer läuft ein Ultraläufer pro Woche
Wieviele Einheiten bzw. Kilometer pro Woche trainieren Sie in der Marathon- bzw. Ultra-Vorbereitung?
Mehr als sieben Einheiten die Woche gehen alters- und berufsbedingt nicht mehr wirklich. Sonst klappt es mit der Regeneration nicht mehr. Der ein oder andere Ruhetag bringt da sogar mehr, als nochmal vor die Tür zu gehen, nur um eine subjektiv als Ziel festgelegte Wochenkilometerzahl zu erreichen.
In der Regel laufe ich aber jeden Tag, wenn es die Zeit zulässt und der Körper keine anderen Signale sendet. So kommen dann zwischen 80 und 120 km pro Woche zusammen. Wichtig in der Vorbereitung auf ein Rennen über so lange Distanzen sind normalerweise die langen Läufe.
Hätte ich mich besser auf das Rennen vorbereiten können, wäre ich aber auch sehr wahrscheinlich noch weiter gekommen, oder ich wäre im Ziel muskulär entspannter gewesen. Ab Kilometer 60 habe ich dann doch gespürt, dass die Muskeln die Dauerbelastung nicht gewöhnt sind und langsam fest wurden.
So wird ein Mitteldistanz- zum Langstreckenläufer
Wie gelingt es einem 10k oder Halbmarathon-Läufer, zum Marathon- oder Ultra-Läufer zu werden?
Die Prioritäten im Training verschieben sich. Weniger schnelle Kilometer, dafür mehr lange Einheiten. Sprinttraining oder ganz schnelle Trainingsinhalte kann man im Grunde komplett streichen, denn es bringt nichts, die letzten 100m noch zwei Sekunden schneller laufen zu können, wenn man die 60km zuvor jeden Kilometer 10 Sekunden langsamer laufen muss, weil die Ausdauer nicht stimmt. Auch wenn die ganz schnellen Läufe wegfallen, sollte ich die Variation im Training beibehalten. Also nicht nur lang und ruhig, sondern auch mal der Distanz angepasst lang und schnell.
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In der Motivationskrise? Die Laufgruppe hilft auch Sebastian Hallmann
Wie gehen Sie in der Vorbereitung mit Motivations-Krisen um, wie motivieren sie sich täglich neu – auch als erfolgreicher ASICS Frontrunner?
Gesetzte Ziele sind genau dafür da: Sie sollen Motivationskrisen vermeiden. Ich selbst bin so gestrickt, dass ich gerne laufe und eher gebremst werden musste. Mittlerweile habe ich genug Erfahrung und bremse mich auch mal selbst. Motivationskrisen habe ich so noch nicht erlebt. Wenn man mal ein Tief hat und dann unterwegs ist, geht das schon. Ich bin da relativ emotionslos.
Bei Motivationslöchern gibt es neben der Zielsetzung, also dem „warum mache ich das" auch noch andere kleine Tricks, um trotzdem das Training in Angriff zu nehmen. Verabredungen mit Lauffreunden üben etwas positiven Druck aus, oder die Laufgruppe, die online am Abend vom Training berichtet und sich gegenseitig motiviert. Durch Routinen oder feste Termine im Kalender wird auch vermieden, dass man das Training vor sich her schiebt.
Zudem ist es hilfreich, die Tageszeit herauszufinden, in der es für einen persönlich am besten läuft. Ein Frühaufsteher, der immer nur abends läuft, wird sich dazu mehr überwinden müssen, als eine Nachteule, die ohnehin erst am Abend aktiv wird.
Wer mal wirklich gar keine Lust hat, zu laufen, also so wirklich gar keine Lust, sonst aber mit der Motivation keine Probleme hat, der sollte sich den Tag auf der Couch gönnen. Vielleicht ist die Unlust ein Signal des Körpers, dass ein wenig Regeneration nötig ist.
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Ultra-Marathons: Lockere Läufe bringen keine Regeneration
Wie sieht nach einem solchen Ultra-Marathon die Regeneration für Sie aus, was empfehlen Sie allgemein?
Ruhe. Absolute Ruhe. Ausreichend essen und vor allem nicht nur die Kohlenhydratspeicher füllen, die sind schnell wieder voll, sondern auch auf die Eiweißversorgung achten. Denn Eiweiß benötigt der Körper, um alles zu reparieren, was kaputt gegangen ist. Ein lockeres Läufchen am nächsten Tag bringt gar nichts. Am besten ist es, wirklich dem Körper ausreichend Zeit zu lassen, sich von der Strapaze zu erholen.
Es ist ja nicht nur das eine Rennen, das in den Knochen hängt, oft wurde ja auch im Vorfeld viel Zeit, geistige und körperliche Energie aufgewendet, um das Projekt Marathon oder Ultralauf zu stemmen. Der Körper hat sich nach diesem Gesamtpaket eine Pause verdient und wird von der Ruhephase mehr profitieren, als von ein paar toten Kilometern die für das sportliche Gewissen um den Block getrottet werden.
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Ihre drei wichtigsten Tipps, die auch ambitionierte Hobby-Läufer umsetzen können?
1. Kontinuität: Regelmäßig laufen
Wer regelmäßig und ohne größere Unterbrechungen im Rahmen der individuellen, zeitlichen Möglichkeiten trainiert, wird langfristig seine Ziele erreichen.
2. Wechsel zwischen Belastung und Entlastung
Nach jedem intensiven Training sollte eine lockere Einheit folgen, genauso sollte nach einer längeren intensiven Phase eine Regenerationsphase geplant werden, um dem Körper die Möglichkeit zu geben, die Reize umzusetzen. Regeneration gehört zum Training genauso dazu wie die sportliche Belastung. Je intensiver die Trainingsblöcke, desto eher kommt eine Regenerationsphase.
Wichtig bei der Abfolge von Belastung und Entlastung ist, besonders auf den Körper zu hören. Wenn im Trainingsplan steht, dass noch eine Belastung kommen muss, der Körper aber nach Ruhe schreit, dann gibt man dem Körper Ruhe. Den Plan hat nämlich nur jemand nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben, aber der Körper weiß, wann es genug ist. Natürlich hört man mal weg, aber dann weiß man auch, dass man das nächste mal zuhört.
3. Variation im Training
Nur immer dieselbe Runde im selben Tempo wird einen Laufneuling natürlich schneller machen, aber immer der selbe Reiz wird den Körper irgendwann nicht mehr fordern und die Leitung stagnieren. Laufen bietet viele Möglichkeiten das Training zu variieren. Als Variationen bleiben im Grunde Dauer, Geschwindigkeit und Streckenprofil. Fahrtspiele, lange Läufe und hügeliges Gelände sind sehr einfache Möglichkeiten, das Training Reizvoller zu gestalten. Am besten man wählt die für die eigene Zielsetzung am besten geeigneten Trainingsmittel, um bestens für den Wettkampf vorbereitet zu sein.
4. Stabilisationstraining
Enorm wichtig für die Körperhaltung und vor allem bei Langstrecken wichtig für die Aufrechterhaltung eines ökonomischen Laufstils.
Trainieren mit Sebastian Hallmann: Bei den Urban Runners Munich und im Lauftechnikkurs
Wann/wie/wo können Hobbyläufer mit und bei Ihnen trainieren?
Am einfachsten bei den Urban Runners Munich jeden Mittwoch um 19:30 vor dem Park Café in München. Dieser Lauftreff ist für die Teilnehmer sogar kostenfrei. Zudem findet jeden Dienstag um 19:00 Uhr im Schyren-Stadion ein Lauftechnikkurs statt, unregelmäßig, je nachdem wie es sich zeitlich ausgeht ein facettenreiches Lauftraining am Sonntag, oder aber man besucht einen Laufworkshop oder ein Laufcamp von mir. Die exklusivste Variante wäre ein Personal Training in Anspruch zu nehmen. Alle Informationen bekommt man dazu über meine Website oder über Facebook.
Mehr über die Laufkurse von Sebastian Hallmann: http://www.sebastianhallmann.de/
Apps und Wearables: Ein Muss für jeden Läufer
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