Spielplatz oder Schwimmbad sind in der Corona-Krise vielerorts tabu. Doch wie bekommen Kids dann die tägliche Portion Bewegung an der frischen Luft? Einfallsreichtum ist gefragt.
Dr. Susanne Kobel ist Sportwissenschaftlerin mit Schwerpunkt Bewegungsförderung bei Kindern und lehrt an der Universität Ulm. Die zweifache Mutter liefert Ideen für kindgerechte Freiluftaktivitäten in der Corona-Krise. Sie gibt wertvolle Tipps zur Bewegungssteigerung und erklärt auch, was die sportlichen Aktivitäten an der frischen Luft den Kindern und Eltern bringt.
„Gerade jetzt verbringen Kinder und Eltern situationsbedingt mehr Zeit vor dem Bildschirm -Eltern beispielsweise für Meetings, Kinder für die Schule, als „Betreuungsersatz“ oder aus Ermangelung von Möglichkeiten. Umso wichtiger ist ein Kontrast, nicht nur für die Augen. Und Bewegung an der frischen Luft bietet im momentan eingeschränkten Alltag viel mehr als nur Abwechslung“ erklärt Kobel.
So hilft Aktivität im Freien Kindern:
- Schon 20 Minuten in der Natur verbessern die Laune signifikant.
- Das Stresshormon Cortisol reduziert sich am besten, wenn etwa 20-30 Minuten gehend im Grünen verbracht werden.
- Durch körperliche Aktivität werden Glückshormone freigesetzt, die das Wohlbefinden steigern und Depressionen mindern können.
- Bewegung im Freien lässt den Körper Vitamin D tanken, das für Stressabbau, positive Stimmung und das Immunsystem nicht vernachlässigt werden darf.
- Aktivität stärkt das Herz-Kreislaufsystem
- Konzentration und Kognition werden gefördert
- Kinder schlafen durch ausreichend Bewegung besser, was förderlich für Gesundheit und das Abwehrsystem ist – und das Nervenkostüm der Eltern.
Laut WHO sollten sich Kinder täglich drei Stunden bewegen, ab fünf Jahren mindestens eine Stunde davon täglich moderat bis intensiv. Welche Aktivitäten bieten Kids abwechslungsreiche, angemessene Bewegungsanreize?
Bewegungsexpertin Dr. Kobel zeigt 7 Möglichkeiten auf:
- Outdoor-Rallye: Jedes Familienmitglied nennt drei Dinge, die es glaubt auf der Rallye zu sehen: Beispielsweise drei verschiedene Insekten, einen Jogger, einen Spaziergänger mit zwei Hunden, eine weiße Blume. Dann geht die Suche los.
- Achtsamkeits-Schnitzeljagd: Die Kids sollen etwas Rotes, etwas Weiches, etwas Klitzekleines, etwas Leichtes, etwas Nützliches, etwas Klebriges, etwas Glänzendes, etwas Raues oder ähnliches suchen. Die Kinder können auch selbst kreativ werden und Vorschläge einbringen.
- Wurfspiele: Für das Spiel „Muldenwerfen“ eine Mulde in den Boden machen und kleine Äste in die Erde als Begrenzung drumherum stecken. Aus etwas Entfernung werden Steine in die Mulde geworfen. Wer die Mulde trifft, bekommt einen Punkt. Oder Spiele mit Tannenzapfen Weitwurf. Wer Lust hat packt eine Frisbee (zum selbst bauen: einfach zwei Pappteller zusammentackern) ein. Damit lässt sich beispielsweise Disc-Golf spielen. Auch ein selbstgebauter Flatterball (Tennisball aufschneiden und Kreppband reinstecken) ist geeignet für Ziel- und Weitwurfspiele.
- Barfußpfad selbst bauen: Als Untergründe eignen sich Erde, Kiesel, Blätter, Blüten, Holzspäne, Rindenmulch, Gras, Pflastersteine, Moos. Schon das gemeinsame Sammeln ist ein Bewegungsanreiz. Mit Stöcken können die unterschiedlichen „Barfußzonen“ abgetrennt werden.
- die Perspektive ändern: Mit einem Spiegel in der Hand lässt sich draußen beim Gehen beobachten, was man sonst nie sieht, weil man immer nach vorne oder unten schaut: was über einem im Wald passiert.
- Die Natur als Spielparcours: Balanciere über Baumstämme, Klettere auf einen Baum (auch die Erwachsenen, die tun das viel zu selten), spiele Verstecken, Fangen oder hüpfe auf unterschiedlichste Weisen: auf einem Bein, im Kreis, wie ein Frosch.
- Pfeil und Bogen aus Holz bauen und damit üben: Kinder sind geschickte Beobachter, so dass auch schon Kinder ab 3 Jahren die Arbeitsschritte umsetzen können. Anleitungen dafür findet man beispielsweise bei GEO-Line oder dem Alpenverein Südtirol. Die Suche nach dem geeigneten Holz kann beispielsweise auch für kleine Sprintspiele, Rückwärts-Laufübungen oder Stopplauf genutzt werden.
Speziell für die Schulung der Koordinationsfährigkeiten und Balance hat Dr. Kobel diese Vorschläge:
- Wer auf einen Baum klettert, trainiere Kraft, Koordination; Beweglichkeit und Reaktionsfähigkeit – aber auch Mut, Geschicklichkeit und Selbstvertrauen.
- Wurfspiele sollen gezielt die Hand-Auge-Koordination aber auch die Konzentration trainieren.
- Wer Pfeil und Bogen baut und ihn danach ausprobiert fördert Geduld, Ruhe, Achtsamkeit, Feinmotorik, Kraft, Konzentration und Hand-Augen-Koordination.
- Barfuß laufen trainiert die Achtsamkeit, Fußmuskulatur und Balance
- Hüpfen trainiert die Sprungkraft und ist DIE Bewegung zur Knochenstärkung. Von daher sollten wir das im Kindesalter dringend oft tun. Nur bis zu ihrem 30. Lebensjahr haben wir die Möglichkeit unsere Knochen so zu kräftigen, dass sie ein Leben lang halten.
Schlangen aus bunt bemalten, aneinandergereihten Steinen „wachsen“ gerade überall in Deutschland. Meist sind es Kinder, die sie auslegen - versehen mit Nachrichten wie: Macht mit! Sie sollen in Zeiten der räumlichen Trennung ein Gemeinschaftsgefühl zwischen Kids schaffen – und Freude bringen.
„Wir wissen, dass realistische, spannende Ausflugsziele für Kinder positive Bewegungsanreize sind. Um den Bewegungsapparat auf dem Weg zum Ziel auf unterschiedlichste Weise und möglichst effizient zu trainieren, können die Kinder mal zu Fuß gehen – dabei mal schnell oder langsam sowie rückwärtsgehen oder mit dem Laufrad, Roller, Fahrrad oder Skateboard zur Steinschlange unterwegs sein", schlägt Dr. Kobel vor.
Um Bewegungsanreize für Kids zu finden, lohne es sich auch zu beobachten, welche bewegungsfördernden Ideen Sportvereine für Kids aufzeigen, rät Kobel.
So beispielsweise der ostwestfälische Sportverein Tura-Elsen. Er versteckt Steine mit dem Vereinslogo am Wegrand, um mit den Kindern in Verbindung zu bleiben. „Mit den Steinen wollen wir eine Bewegungsmotivation gerade für Kindergarten- und Grundschulkinder schaffen. Für ihre tägliche Portion frische Luft und Bewegung“, erklärt Sportmanager Kai Kittler. „Die Finder können sich via Direktmessage bei uns melden. Als Extra-Ansporn bekommen die Kids eine kleine Überraschung von uns.“
Für Dr. Kobel ist die Corona-Krise so auch eine Chance für neue Bewegungsgewohnheiten: „Die Hoffnung ist, dass zumindest Teile der neuen positiven Bewegungsgewohnheiten für die Zukunft beibehalten wird. Ziel sollte sein, dass die tägliche Bewegungszeit so selbstverständlich wird, wie das Zähneputzen."
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