Denke jetzt nicht an eine Tafel Schokolade! Und? Schon Appetit auf Zartbitter oder Vollnuss? Essen fängt im Kopf an: Schon beim Gedanken an unsere Lieblingsspeise läuft uns das Wasser im Mund zusammen. Der Geschmack, die Textur, der Duft – all diese sinnlichen Aspekte sorgen dafür, dass die meisten von uns eine tiefe Zuneigung zu gutem Essen haben. Aber wenn wir genauer hinsehen, erkennen wir, dass die Entscheidung, was auf den Teller kommt, oft von weit mehr beeinflusst wird als nur von einfachem Hunger oder einem spontanen Appetit.
Tief in den Windungen unseres Bewusstseins verstecken sich komplexe psychologische Muster und eingefahrene Gewohnheiten, die darüber entscheiden, was wir essen und aus welchen Gründen wir dies tun. Das, was Sigmund Freud vor mehr als einem Jahrhundert als Hypothese aufstellte, findet Bestätigung durch die zeitgenössische Neurowissenschaft: Wir haben keine volle Kontrolle über unser eigenes Selbst, sind oft „ferngesteuert“ wie Marionetten.
Unsere Nahrungsauswahl ist also nicht nur eine pragmatische Entscheidung, sie ist eine komplexe Mischung aus biologischen, psychologischen, sozialen und kulturellen Faktoren ist. Es ist wichtig, dass wir uns dieser vielschichtigen Einflüsse bewusst werden, um besser zu verstehen, warum wir essen, was wir essen – und vielleicht auch, um gezielter Entscheidungen für eine gesündere und erfüllende Ernährung zu treffen. Im Alltag und für den Sport, den wir betreiben.
Einige dieser Faktoren sind:
Emotionales Essen: Viele Menschen neigen dazu, bei Stress, Langeweile, Traurigkeit oder anderen emotionalen Zuständen zu essen. Dieses Verhalten kann dazu führen, dass man übermäßig isst und ungesunde Lebensmittel bevorzugt.
Belohnungssystem: Unser Gehirn ist so verdrahtet, dass wir Essen oft mit Belohnung und Vergnügen verknüpfen. Das Verlangen nach Belohnungen kann dazu führen, dass wir Nahrungsmittel mit hohem Kaloriengehalt und Zucker bevorzugen.
„Eine unserer ältesten Gehirnregionen, das Limbische System, verlangt bedingungslos Belohnung. Und Essen ist eine wunderbar unkomplizierte Belohnung, denn es ist in der Regel immer verfügbar.“ - Prof. Dr. habil. Johann Christoph Klotter, ehemaliger Professor für Ernährungspsychologie und Gesundheitsförderung an der Hochschule Fulda (mittlerweile verstoben, in einem BDSI-Report)
Gewohnheitsmäßiges Essen: Essgewohnheiten und Rituale können unser Essverhalten stark beeinflussen. Zum Beispiel kann das tägliche Mittagessen zur gleichen Zeit zu einer Gewohnheit werden, unabhängig von Hunger oder Appetit.
Körperbild und Selbstwertgefühl: Das Selbstwertgefühl und das Körperbild spielen eine wichtige Rolle beim Essverhalten. Menschen, die mit ihrem Körperbild unzufrieden sind, neigen manchmal zu restriktivem Essen oder Essstörungen.
Sozialer Einfluss: Menschen sind soziale Wesen, und das Essverhalten kann stark von sozialem Druck und Normen beeinflusst werden. Zum Beispiel isst man oft mehr in Gesellschaft und kann sich von anderen Essgewohnheiten anstecken lassen.
„Durch die Art seiner Ernährung gestaltet oder definiert der Mensch seine kulturelle und soziale Verbindung. Diese ist oft von weit größerer Bedeutung für ihn als seine körperliche Gesundheit.“ - Prof. Dr. habil. Johann Christoph Klotter
Evolutionäre Faktoren: Unsere Vorfahren mussten sich um Nahrungsquellen bemühen und Kalorien speichern, um zu überleben. Dies hat dazu geführt, dass Menschen von Natur aus dazu neigen, nahrhafte und kalorienreiche Lebensmittel zu bevorzugen.
Werbung und Marketing: Die Lebensmittelindustrie nutzt Psychologie und Marketingtechniken, um uns dazu zu verleiten, bestimmte Lebensmittel zu kaufen und zu konsumieren.
Biologische Faktoren: Der Hormonhaushalt, der Blutzuckerspiegel und das Sättigungsgefühl sind wichtige biologische Faktoren, die unser Essverhalten beeinflussen. Hormone wie Leptin und Ghrelin spielen eine Rolle bei der Regulierung von Hunger und Sättigung.
Geschmacksvorlieben: Unsere individuellen Vorlieben für bestimmte Geschmacksrichtungen, wie süß, sauer, salzig, bitter und umami*, beeinflussen unsere Essgewohnheiten. Menschen neigen dazu, Lebensmittel zu essen, die ihnen gut schmecken.
*=Umami ist einer der fünf grundlegenden Geschmacksrichtungen, die der menschliche Geschmackssinn wahrnehmen kann. Der Begriff stammt aus dem Japanischen und bedeutet so viel wie „herzhaft“ oder „würzig“. Umami wird in erster Linie von Glutaminsäure hervorgerufen, welche insbesondere in proteinreichen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Käse und in manchen Gemüsesorten wie Tomaten und Pilzen vorkommt.
Kulturelle und ethische Überlegungen: Auch Kultur und Ethik sowie religiöse und persönliche Überzeugungen können das Essverhalten und die Ernährungsgewohnheiten beeinflussen.
Jede*r Sportler*in, vom Amateur bis zum Profi, versteht instinktiv, dass eine ausgewogene Ernährung der Schlüssel zu Bestleistungen ist. Sporternährung ist aber nicht gleich Sporternährung. Kraftsportler*innen und Ausdauersportler*innen haben unterschiedliche Ziele, die eine eigens abgestimmte Ernährung voraussetzen.
Im Fokus von Kraftsportler*innen steht in erster Linie die Aufnahme von Proteinen. Ihr Hauptziel ist in der Regel die Hypertrophie, also maximaler Muskelaufbau. Kohlenhydrate spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Anders bei Ausdauersportler*innen. Sie benötigen über einen längeren Zeitraum hinweg eine gesteigerte Energiezufuhr. Um die bestmögliche Energieversorgung sicherzustellen, ist es daher entscheidend, die Kohlenhydratspeicher im Voraus vollständig zu füllen. Eine Ernährung, die reich an Kohlenhydraten ist, wird in diesem Fall empfohlen. Darüber hinaus ist der Proteinbedarf bei Ausdauersportlern aufgrund des erhöhten Gesamtverbrauchs etwas höher und liegt bei etwa 1,2 bis 1,4 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Die Aufnahme von Flüssigkeit spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle, insbesondere bei lang anhaltenden sportlichen Aktivitäten.
Die Nahrungsmittel, die wir zu uns nehmen, haben eine tiefgreifende Wirkung, die über unsere physische Gesundheit hinausgeht und direkt in das Zentrum unserer mentalen und emotionalen Verfassung vordringt. Trotz der Flut an Informationen, die über Social Media und andere Medien auf uns einprasseln, und Studien über gesunde Ernährung sehen wir uns häufig mit einer beunruhigenden Diskrepanz konfrontiert: dem Unterschied zwischen dem, was wir über gesunde Ernährung und Sporternährung wissen und wie wir uns tatsächlich ernähren.
„Ohne den richtigen Treibstoff nützt das beste Training nichts. Oft wird nicht nur die Ernährung im Training selbst, sondern auch nach der erbrachten Leistung unterschätzt. Nur mit der richtigen Ernährung vor, während und nach der Belastung kann man Bestleistungen angreifen.“ - Nora Havlinova, MSc, Ernährungswissenschaftlerin und Athletin
Stress, ob er nun durch berufliche oder sportliche Herausforderungen, persönliche Konflikte oder andere Lebensumstände verursacht wird, hat zusätzlich Auswirkungen auf unser Essverhalten. Für einige Menschen führt Stress zu einem verminderten Appetit, sodass sie in hektischen Zeiten eher dazu neigen, Mahlzeiten zu überspringen oder nur sehr wenig zu essen. Andere hingegen empfinden in stressigen Situationen genau das Gegenteil und verspüren ein verstärktes Verlangen nach Nahrung.
In Zeiten erhöhten Stresslevels kann es vorkommen, dass solche Menschen ihre Essgewohnheiten verändern und verstärkt zu kalorienreichen, oft ungesunden Lebensmitteln greifen. Dies wird oft als „Frustessen“ oder „Trostessen“ bezeichnet. Studien haben gezeigt, dass das Stresshormon Cortisol Appetit steigert, insbesondere auf zuckerhaltige und fettreiche Lebensmittel.
Chronischer Stress kann zu langfristigen Veränderungen in den Ernährungsgewohnheiten führen, da er Menschen dazu veranlassen kann, sich eher für bequeme, aber ungesunde Lebensmittel zu entscheiden. Zu viele gesättigte Fette, Zucker und leere Kohlenhydrate machen eher müde, als dass sie Energie liefern. Zudem steigt die Gefahr, dass die Ernährung nicht mehr bedarfsdeckend ist und sich Mangelerscheinungen ausbilden. Dies kann zu einem erhöhten Risiko für Fettleibigkeit und damit verbundene Gesundheitsprobleme führen.
Das Überwinden des inneren Schweinehunds und das Aufbauen von Disziplin erfordern Zeit und Geduld. Jeder Fortschritt, auch wenn er klein ist, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Indem wir bewusste, gesunde Ernährungs-Entscheidungen treffen, unterstützen wir nicht nur unsere sportliche Leistung, sondern auch unser allgemeines Wohlbefinden.
Eine angemessene Ernährungs-Disziplin stellt sicher, dass der Körper ausreichend Energie in Form von Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten erhält. Dies ist besonders wichtig für Sportler*innen, da die richtige Energiebereitstellung die Leistungsfähigkeit und Ausdauer steigern kann. Quellen empfehlen, rechtzeitig vor dem Sport Kohlenhydrate zu konsumieren, um die Glykogenspeicher aufzufüllen. Nach dem Training helfen Proteine bei der Muskelregeneration.
5 Tipps, um das Essverhalten auszutricksen
- Vorausplanen: Wenn wir wissen, was wir wann essen werden, sind wir weniger geneigt, impulsiv ungesunde Entscheidungen zu treffen.
- Gesunde Snacks: Nüsse, Kerne, Obst oder Gemüse griffbereit haben, damit wir eine gesunde Option zur Hand haben, wenn der Hunger zuschlägt.
- Trinken: Manchmal verwechseln wir Durst mit Hunger. Eine ausreichende Hydration ist nicht nur für Sportler*innen essenziell.
- Positives Selbstgespräch: Selbstkritik kann zu einem Teufelskreis von emotionalem Essen führen. Wir sollten freundlich mit uns umgehen, denn ein Stück Kuchen kostet noch lange keine Bestzeit.
- Digitale Helfer: Ernährungstagebuch-Apps nutzen. Durch die tägliche Routine des Aufschreibens essen wir bewusster und haben einen besseren Überblick über gesundes Essen und kleine Sünden.
„Wer sich ausgewogen und Energie deckend ernährt, darf auch mal zu einem Stück Kuchen greifen.“ - Nora Havlinova, MSc, Ernährungswissenschaftlerin und Athletin
Zusammenfassend zeigt sich, dass Ernährungs-Disziplin eine entscheidende Rolle dabei spielt, wie Sportler*innen abschneiden und sich fühlen. Eine ausgewogene Ernährung trägt zur Energiebereitstellung, Regeneration, mentalen Gesundheit, Gewichtskontrolle und langfristigen Gesundheit bei. Unsere Essensgewohnheiten sind zu 80 Prozent vom Unbewussten und von Emotionen bestimmt. Unser Gehirn, geprägt durch Erfahrungen, Emotionen und Umwelt, beeinflusst jede Entscheidung, die wir in Bezug auf unsere Ernährung treffen. Das Bewusstsein dafür ist der erste Schritt zu einem gesünderen Lebensstil und einer gesunden Ernährung, die schmeckt und Spaß macht. Dann sind auch sportlich bessere Leistungen möglich, egal ob als Amateur*in oder Athlet*n.
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