Schon vor 50 Jahren hat Schöffel Outdoor für sich entdeckt. Spätestens mit dem Vertrieb der damals völlig neuartigen Gore-Tex-Kleidung in den 1980er Jahren profilierte sich die Marke als Outdoor-Spezialist.
Unter Firmenchef Peter Schöffel verbindet das Familienunternehmen heute Tradition und Innovation. Mit der neu geschaffenen Position des Innovationsmanagers, die seit Februar 2018 von Dr. Henrik Vogel besetzt wird, will Schöffel keinen Trends folgen, sondern sie aktiv setzen.
Im Interview mit ISPO.com erklärt Peter Schöffel, wie sein Unternehmen auch die nächsten 50 Jahre Outdoor mitgestalten will, und wie wichtig die ISPO Munich für Schöffel ist
ISPO.com: Herr Schöffel, nach Jahren des scheinbar grenzenlosen Wachstums klagt der Outdoor-Markt inzwischen über Stagnation. Wo steht die Branche aus Sicht von Schöffel?
Peter Schöffel: Der Outdoor-Markt ist ein sehr großer Markt, in dem wir seit Jahrzehnten Spaß haben. Allerdings zeigt er seit fünf Jahren Sättigungstendenzen und befindet sich in einer Konsolidierungsphase. Wir sehen in dieser Entwicklung neue Chancen. Wir sind ein Inhaber geführtes Unternehmen, arbeiten seit Jahrzehnten profitabel und sind finanziell sehr solide aufgestellt. Damit verfügen wir über die notwendigen Freiräume, um gerade in schwierigeren Zeiten Chancen zu nutzen und auch gegen den Trend schwimmen zu können.
Sie feiern mit Schöffel gerade „50 Jahre Outdoor“ und stellen sich dabei neu auf für die Zukunft. Tradition und Innovation – ist das kein Widerspruch?
Nein. Innovation entsteht auch aus Erfahrung – und aus einer gewissen Substanz. Ich vergleiche das mit einem alten Baum: Der hält auch mal einen Sommer aus, der trocken ist. Ein junges Pflänzchen verdirbt sehr schnell. Es ist eben überhaupt kein Widerspruch – solange die Unternehmenskultur zeitgerecht ist.
In Konsolidierungsphasen neigen börsennotierte Unternehmen, wie es viele Ihrer Mitbewerber im Outdoor-Markt sind, schneller zu weitreichenden Personal- oder Struktur-Änderungen. Sind Sie da eher in einer zurückgelehnten Beobachter-Haltung?
Wir sind keine Beobachter im Markt, sondern eine starke Marke. Und als Familienunternehmen sind wir nicht getrieben von unterschiedlichen Interessen, sondern unabhängig und voll handlungsfähig. Wir sind in der Lage, unser Unternehmen mit ruhiger Hand langfristig zu steuern. Zurücklehnen ist allerdings auch nicht möglich, dazu sind die Zeiten zu herausfordernd.
Bei Ihren Mitbewerbern ist das mitunter anders, da gibt es Maßnahmen, die Einfluss auf die Arbeitsplatzsituation haben können: Bei Jack Wolfskin wechselten zuletzt die Anteilseigner der Holding, bei Mammut wurde vor einem Jahr der CEO ausgetauscht. Beides wäre bei Ihnen nicht möglich.
Ich kann und will nicht für andere Unternehmen sprechen. Ich kann nur sagen, wie wir es bei Schöffel handhaben. Da habe ich das Glück, mehrere Hüte zu tragen: So bin ich Inhaber und CEO gleichzeitig und zudem auch Hauptverantwortlicher für die strategische Ausrichtung des Produkts. Mir ist es wichtig, mit Leidenschaft und einem eingeschworenen Team an qualitativ hochwertigen Produkten zu arbeiten und solide zu wachsen. Damit sind wir natürlich gezwungen, täglich besser zu werden. Das ist gleichzeitig aber auch der Anspruch an unsere Mitarbeiter.
Haben Sie denn betriebsbedingte Kündigungen aussprechen müssen?
Wir haben vor knapp zwei Jahren im Zuge der Auflösung eines Rohwarenlagers moderat abgebaut. Das war aber eine Ausnahme und das Gegenteil ist normalerweise der Fall: Wir bieten gerade die eine oder andere Stelle, die wir besetzen wollen. Denn wir glauben, dass die Chancen, die sich gerade in dem aktuellen Umfeld ergeben, enorm groß sind – auch im Sinne des Generationen-Auftrags.
In welchen Bereichen suchen Sie Mitarbeiter?
Aktuell in den Vertriebsbereichen. Wir sind dabei, das Thema Fachhandel-Schulungen massiv auszubauen und rekrutieren. Hinzu kommen Stellen im Produktentwicklungs-Bereich.
Neu geschaffen haben Sie eine Hochkaräter-Stelle: Schöffel hat jetzt einen Innovationsmanager. Ist das Ihr Königstransfer?
Es ist eine Schlüsselposition. Wenn diese Branche wachsen will, müssen wir uns weiterentwickeln. Mit dieser neuen Position möchten wir über den saisonalen Tellerrand hinausblicken und Antworten finden für die langfristige Zukunft in Sachen Produkt, Services, Vertrieb und Beschaffung. Der Innovationsmanager berichtet direkt an mich und soll ein Treiber werden für das ganze Unternehmen.
Was sind die Aufgaben und Themenfelder des Innovationsmanagers?
Der Name sagt es: Es geht um Innovation – in vielerlei Hinsicht. Der Innovationsmanager beschäftigt sich nur mit Dingen, die frühestens in drei Jahren am Markt ankommen. Er ist kein Urgestein im Outdoor-Bereich, sondern kommt eher aus dem Beratungs- und Innovationsmanagement-Business, hat also einen externen Blick.
Und er hat die Aufgabe, sich mit meinen Teams, mit der Geschäftsleitung Gedanken zu machen, um Prozesse zu installieren und die Effizienz zu erhöhen. Da haben wir klare Vorstellungen. Was wir wollen, ist 10 Prozent mehr Silicon Valley.
„10 Prozent mehr Silicon Valley" – was bedeutet das konkret?
Die Branche ist derzeit zu kurzfristig getaktet. Nachhaltige Innovationen haben es da schwer. Ich erwarte mir durch die Einrichtung eines Innovationsmanagements, dass ich als Unternehmer – und Unternehmer sein heißt ja auch investieren – weiß, wo ich massiv investieren darf, weil ich am Ende ein Unternehmen habe, das innovativer ist als heute.
Bekommt er eine eigene Abteilung?
Das wäre ja nicht innovativ. Wir haben schon in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen damit gemacht, Abteilungen aufzulösen. Wir denken vielmehr in Prozessen, so wie wir sie in unserem Development Center haben – ein Open Office, in dem wichtige Player aller Bereiche zusammenarbeiten.
Der Innovationsmanager ist angebunden an die Geschäftsleitung und hat Zugang zu allen relevanten Teamspielern. Also Human Resources, auch der Bereich Organisation und Prozesse, dazu der klassische Produktbereich, der kreative Einkauf, das Design, das Produktmanagement.
Wieviel Design Thinking ist denn schon in Ihren Prozessen drin?
Mein Unternehmen darf nicht fragen, was der Peter Schöffel oder die jeweilige Abteilung wollen. Design Thinking heißt für mich, alles auf den Kunden auszurichten. Und dann Konflikte zuzulassen, also zu sagen: Reibt euch jetzt – im Sinne des Kunden.
Da gibt's ja eine ganze Menge Widersprüche: Qualität gegen Design, Modernität gegen Funktionalität, Nachhaltigkeit gegen Funktion. Da gibt es nicht die perfekte Lösung. Wenn man aber seinen Kunden kennt, dann wird man den richtigen Ansatz finden. Grundvoraussetzung dafür ist es, Abteilungen zu zerschlagen.
Abteilungen zerschlagen – damit haben Sie schon begonnen. Wo sehen Sie noch Spielraum?
Das ist eine Frage der Unternehmenskultur. Heute geht es mehr und mehr darum, eine Lust zu entwickeln, sich täglich zu hinterfragen und neue Ideen zuzulassen. Im Sinne eines größeren Ganzen. Da muss man raus aus einer Verteidigungshaltung, rein in eine Angriffshaltung.
Diese Kultur möchte ich weiter pflegen. Man kann einen Change befehlen, man kann ein paar Stellen besetzen. Aber dann muss es irgendwann die Organisation von sich aus leben wollen.
Stichwort Digitalisierung. Haben Sie als mittelständisches Unternehmen da überhaupt eine Chance gegen die Holdings, die jetzt und vor allem in Zukunft auf ganz andere Strukturen zugreifen können? Sehen Sie da keinen Wettbewerbsnachteil?
Wir müssen kein Global Player werden, um erfolgreich zu sein. Allerdings haben wir eine gewisse Größe erreicht, um wichtige Akzente zu setzen. Dabei zählt auch die Pfiffigkeit, die Emotionalität, die direkte Ansprache. Ich bin aber überzeugt davon, dass wir ein gutes Konzept für die Digitalisierung haben.
Sie betonen gerne die Bedeutung des Einzelhandels für Schöffel. Und doch sehen Sie die Digitalisierung als große Chance.
Schauen wir auf das Kernstück der Digitalisierung, auf den digitalen Vertrieb. Hier habe ich eine eher konservative Einschätzung: Schöffel wird auch künftig mit guten Partnern im Handel arbeiten, das ist auch gut so. Doch wir haben mit unseren besten Fachhändlern eine hervorragende Omni-Channel-Zusammenarbeit, über Markenshops, die wir gemeinsam betreiben.
Wir haben auch einen eigenen Online-Shop, durch den wir Erfahrung direkt mit dem Endkunden sammeln. Wir werden alles dafür tun, dass wir gemeinsam mit unseren starken Partnern, sowohl digital wie stationär, zukunftsfähig sind. Ich bin fest davon überzeugt, dass es auch langfristig noch gute Fachhändler geben wird.
Ein wichtiger Punkt: der Austausch mit den Händlern. Früher fand er vor allem auf Messen statt. Der stationäre Handel, aber auch die Messen stellen sich neu auf, als ganzjährige Plattformen. Wie wichtig sind für Sie weiterhin solche Branchen-Treffpunkte wie die ISPO Munich?
Unverzichtbar, weil sie in kurzer Zeit einen Spiegel der Branche geben. Aus Kosten- oder anderen Gründen nicht mehr auf die ISPO Munich zu gehen, wäre eine falsche Entscheidungen. Für uns, für Schöffel, sind kompetente Branchen-Plattformen, wie es ISPO ist, wichtig.
Dabei wollen wir uns auch dem Wettbewerb stellen. Und das möchte ich nicht nur bei Order-Messen machen. Das mag zwar seinen Preis haben, aber der ist es wert.
Was wünschen Sie sich konkret von der ISPO Munich 2018?
Prinzipiell würde ich mir zunächst mal einen früheren Zeitpunkt wünschen, etwa die zweite Januarwoche. Damit bekämen wir mehr Informations- und weniger Vertriebs-Charakter.
Konkret für ISPO Munich 2018 hoffe ich auf: Modernität. Aufbruchstimmung. Konzepte. Wirklichen Mehrwert. Inspiration. Leidenschaft. Herzblut. Und auf die Professionalisierung des Marktes: Wir alle müssen besser werden, spannender werden, überraschender werden.
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