Lars Lienhard war schon beim „Sommermärchen 2014“ ein kleines Puzzleteil des Erfolgs. Damals half er im Campo Bahia Fußballstars wie Per Mertesacker, Mario Götze oder Benedikt Höwedes mit seinem speziellen Fitnesstraining auf dem Weg zum Weltmeistertitel. Heute betreut der Sportwissenschaftler zum Beispiel FC-Bayern-Star Serge Gnabry und Deutschlands beste Sprinterin Gina Lückenkemper - mit Neuroathletik-Training.
2016 hatte Lienhard die Sprinterin Lückenkemper mit seinen Übungen blitzartig von hartnäckigen Schmerzen im Oberschenkelbeuger befreit. Seitdem vertraut Lückenkemper auf das Training und ist über die Jahre verletzungsfrei geblieben. Die 25-Jährige sieht als schnellste Frau Deutschlands und 100-Meter-Vizeeuropameisterin sogar noch Potenzial nach oben.
Es scheint also etwas dran zu sein, dass das Training im Gehirn beginnt, wie Lienhard in seinem neuen Buch beschreibt. Gina Lückenkemper hält zum Beispiel mit speziellen Dehnübungen die Nervenbahnen vom Körper zum Gehirn intakt: „Diese Nervenbahnen muss man sich so wie einen Gartenschlauch vorstellen. Ist ein Knick drin, kommt weniger Wasser an.“ Besonders intensiv trainiert die Leichtathletin das visuelle System.
„Das ist eines der wichtigsten Systeme in unserem Körper. Es bedarf hier klarer Informationen, um Bewegungen richtig steuern zu können“, sagt Lienhard im Gespräch mit ISPO.com und fügt hinzu: „Umso besser die visuellen Informationen über die Augen für das Gehirn sind, umso höher ist die Qualität unserer Bewegungen. Und umso besser und schmerzfreier fühle ich mich auch. Denn auch Schmerz findet im Gehirn statt und das visuelle System aktiviert zahlreiche Gehirnareale, die mit Schmerzregulation zu tun haben.“
Ziel der Neuroathletik Übungen ist also die Stimulation des Gehirns und Nervensystems, um mehr körperliches Potential zu entfalten.
Wichtig im Neuroathletik-Training ist auch das Aufheben von Asymmetrien und Dysbalancen im Körper. Unsere Körperhälften werden separat vom Gehirn gesteuert und koordiniert, daher ist gezieltes Training der „schwächeren Seite“ – bei Rechtshändern zum Beispiel die linke Hand – meist hilfreich. Lienhard empfiehlt drei einfache Neuroathletik-Übungen, mit denen man das körperliche Wohlbefinden verbessern kann.
Es gibt besonders wichtige Strukturen im menschlichen Körper, dazu gehören auch die Hände. Neuroathletik Übungen mit der Hand sind besonders wichtig und nützlich. „Zum einen, weil wir Menschen so unglaublich viel mit unseren Händen tun und fühlen können, zum anderen, weil sie uns die Nahrung ins Gesicht stecken“, sagt Lienhard mit einem Lächeln. In unseren Händen sind zahlreiche verschiedene Gelenke, die man zum Beispiel auch leicht am Arbeitsplatz gezielt mobilisieren kann. Zum Beispiel durch Kreisen der einzelnen Finger oder des Handgelenks.
Das Gleichgewicht – ein weiteres wichtiges Steuersystem für unsere Bewegung –befindet sich im Innenohr direkt im Schädelknochen. „Deshalb sollte man immer mal wieder Ja-Ja- und Nein-Nein-Bewegungen mit dem Kopf als kleines Training machen, also Kopfnicken und -schütteln. Das aktiviert das Gleichgewichtsorgan. Das Training sorgt für eine Verbesserung der Haltungskontrolle in unserem Körper, gibt mehr Stabilität und hilft so dabei, Schmerzen zu vermeiden“, so Lienhard.
Die Augen sind in der Hierarchie der bewegungssteuernden Systeme sicherlich das wichtigste Element – unsere Bewegung wird maßgeblich über die Augen gesteuert und reguliert. Die Augenmuskeln gehören deshalb neben dem Herzen zu den wichtigsten Muskeln im Körper. Aber kaum einer trainiert sie. „Viele Menschen trainieren gern den Bizeps, Brustmuskel etc., dabei sind die Muskeln, die unsere Augen bewegen, sicherlich bedeutsamer“, sagt Lienhard.
Er empfiehlt deshalb als Training, regelmäßig mit den Augen zu kreisen, oder den Finger anzuschauen, wie er langsam immer näher Richtung Nase geführt wird, so dass sich die Augen kreuzen müssen. Das sind dann quasi Liegestützen für die Augen. Genauso wichtig seien aber – besonders, wenn man lange auf Computer- oder Handy-Displays schaut – Augenentspannungsübungen. Lienhard: „Man kann zum Beispiel die Augen schließen und mit der Hand bedecken, um es total schwarz werden zu lassen.“
Was sind Neurozentriertes Training und Neuroathletiktraining?
Neuroathletiktraining und Neurozentriertes Training sind dasselbe. Beides zielt darauf ab, die körperliche Leistung durch Gehirntraining zu verbessern und dadurch auch das Verletzungsrisiko zu minimieren.
Was ist das Ziel von Neuroathletiktraining?
All diese einfachen Übungen, die durch andere aus Lienhards Buch ergänzt werden können, sollen zu einer Erhöhung des körperlichen Wohlbefindens und einer besseren Bewegung über das Gehirn führen. Lienhard: „Wir wissen zwar, dass wir ein Gehirn haben, aber für was wir es alles nutzen können, wissen wir nicht. Körper und Gehirn sind eine Einheit – es wird Zeit, dass wir das Gehirn ins Training einbeziehen.“
Wo findet man einen Trainer für Neuroathletik?
Lars Lienhard hat in seinem Bereich eine gefestigte Stellung, denn das Neuroathletiktraining ist noch nicht stark verbreitet. Seine Bücher sind online erhältlich.
Gibt Lars Lienhard Neuroathletik-Kurse?
Auf der Website von Lars Lienhard sind Termine für aktuelle (Online) Kurse und Seminare aufgelistet.
Gibt es eine Ausbildung zum Neuroathletik-Trainer?
Ausgewählte Akademien ermöglichen den Erwerb einer offiziellen Trainerlizenz für Neuroathletiktraining.
Welche Neuroathletik-Übungen gibt es?
Neuroathletik-Übungen zielen darauf ab, die Verbindung zwischen Körper und Gehirn zu stärken. Empfohlene Übungen sind Handmobilisation, Kopfnicken und -schütteln sowie Augentraining. Diese Übungen verbessern das körperliche Wohlbefinden und die Bewegungskoordination.
Was sind einige einfache Neuroathletik-Übungen?
Empfohlene Neuroathletik-Übungen sind die Mobilisation der Hand, das Nicken und Schütteln des Kopfes sowie das Augentraining. Diese Übungen verbessern die Bewegungskoordination, Stabilität und Haltungskontrolle des Körpers.
Wie können Neuroathletik-Übungen im Alltag integriert werden?
Neuroathletik-Übungen können leicht in den Alltag integriert werden, z. B. durch regelmäßige Handmobilisation während der Arbeit, Kopfnicken und -schütteln als kurze Übungspausen oder Augentraining, besonders bei langem Betrachten von Bildschirmen.
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