Auf der ISPO Munich Neuer Tag, neues Glück: Heute geht es für mich in die Hallen B2 bis B6, ich will den in diesem Jahr neu strukturierten Hallenblock besuchen, der unter dem Motto Snowsports steht. Zum ersten Mal sind Ski und Snowboard gemeinsam mit allen anderen Wintersportarten und angrenzenden Themen unter einem „gemeinsamen Dach untergebracht, blau die Farbe der Hallenbeschilderung, der ich folge – wie passend.
Draußen baumeln Hängematten in der Sonne, drinnen funkeln geschliffene Kanten um die Wette. So in etwa hatte ich mir den Einstieg in die Snowsports-Welt an diesem frühlingshaften Tag vorgestellt, werde aber erstmal in andere Bahnen geleitet. Beim Eintritt in Halle B2 präsentiert sich die Wintersportwelt erst einmal reichlich matt: Kanten gibt’s hier (noch) keine, dafür aber was, auf das ich mich auf Anhieb verliebe: Wolle!
Wie wohl ziemlich viele Menschen liebe ich Schafe und in der „Woolstreet“ Area dreht sich alles um die Hersteller dieses Naturproduktes. Merino ist Trend, das ist nicht erst seit diesem Winter klar, aber auch in immer mehr anderen Bereichen der Sportindustrie werden vermehrt Naturfasern eingesetzt. Ich wühle mich durch Eimer aus unbehandelter Wolle und lerne etwas über die Verarbeitung zu Fließ und Garn und die vielen positiven Eigenschaften von echter Schafwolle – mit dem ein oder anderen Aha-Effekt: Da kommt also meine Skiunterwäsche her!
Wolle ist nicht nur nachhaltig, sondern richtig verarbeitet auch sehr angenehm zu tragen, atmungsaktiv und sehr reißfest. Immer mehr Baselayer-Hersteller ersetzen ihre Hightech-Funktionsstoffe daher wieder durch den Schafpelz, oder weben zumindest einen gewissen Anteil mit ein. Und Baselayer-Hersteller gibt’s auf der ISPO Munich dieses Jahr viele!
An jedem Eck stehen Schaufensterpuppen im Schafspelz in den unterschiedlichsten Designs, Farben und Schnitten – Merino everywhere, eine Revolution der Tradition, back to the roots, oder ein Hoch auf die Heimatliebe. Inmitten der Schafherde fühle ich mich zwar sprichwörtlich pudelwohl, trotzdem möchte ich weiter in Richtung „echtem Sport“. Wobei, schade eigentlich, an die Funktion als „Wolf of WOOLstreet“ hätte ich mich gewöhnen können.
Mit aufsteigender Hallenzahl kommen dann tatsächlich auch die Kanten – und davon viele! Im auf den ersten Blick undurchdringlich wirkenden Dschungel aus Ski, Snowboards und diversem anderem Wintersportgerät, bleibt mein Blick immer wieder an dem hängen, was mein Herz jeden Tag ein bisschen schneller schlagen lässt: BERGE!
Neben all den superbunten, spacig designten Brettern gibt’s auch bei der Hardwear in diesem Jahr auffallend viel Tradition und Heimatliebe. Auf zahlreichen Snowboards und Ski sehe ich Berge, in den unterschiedlichsten Formen und Farben. Zum Teil handgemalte Einzelstücke mit viel Liebe, zum Teil in futuristischen Designdrucken, bei denen ich erst auf den zweiten Blick erkenne, dass es sich überhaupt um Berge handelt.
Besonders gut gefällt mir die Kombi aus Bergen und Holz: Der Holzkern der Ski/Snowboards wird hier geschliffen und dann, nur mit einem Klarlack versehen, bedruckt oder bemalt. So ist jedes Snowboard nicht nur unter Umständen handgemacht, sondern auch optisch ein Einzelstück.
Zu den Bergen gesellt sich „der Schnee“ – nicht nur bei der Optik des Equipments und den Rohstoffen ist Natur Trend, auch das Bekleidungsdesign setzt drauf. Ich entdecke mit Schneeflocken bedruckte Handschuhe zwischen mit Bergen bedruckten Handschuhen, an manchen Ständen sogar beides zusammen. Dazwischen immer wieder das ein oder andere Merinomodel, gerne mal – was für ein Zufall - im Eiskristalldesign.
Auch bei der Outerwear gibt es neben den gewohnten bunten Farbwegen auffallend viele gewagtere Prints. Gerne mit Bergen und Schneeflocken, wie unerwartet. Im siebten (Schneeflocken-)Himmel schwebe ich durch die Hallen und sehe immer mehr Produkte, die nicht nur vom Design, sondern von den Materialien her außergewöhnlich sind.
Skihelme mit Elementen aus Jersey, Tweed oder Cord – oh ja, bitte! Wenn Funktionalität und Farbgebung stimmen, sind solch unkonventionelle Materialen gerade bei oft langweiligen „Gebrauchsgegenständen“ ein abwechslungsreiches cooles Add-On, mit dem ich meine eigene Persönlichkeit unterstreichen kann. Für die Sportlichen gibt’s Jogginghosenstoff um die Ohren, für den stilbewussten Manager Carbon – und das sieht ziemlich cool aus.
Beim Verlassen von Halle B6 muss ich mich kurz Schütteln und über die Schulter schauen. Ein „Snowsurf“ blitzt mir zwischen den Türflügeln entgegen, ein Snowboard ohne Bindung und mit Kiel, als wolle es mir sagen „Hey, und was ist mit den ganzen technischen Innovationen?“. Ach ja, stimmt, da war ja was… „Get lost in nature and you will find yourself“ sagt man. Ich drehe mich komplett um und steuere den Wiedereintritt in Halle B6 an - dieses Mal auf der Suche nach Technik.
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