Hermann Huber ist für den einen ein Vorbild, für den anderen ein Pionier, und wiederum für andere der warmherzigste Mensch, den sie je getroffen haben. In der Bergsteiger-Szene war der gebürtige Münchner bekannt wie kaum ein anderer. Und was viele vermutlich nicht wissen: Er ist der Erfinder unter anderem der Rohreisschrauben, Hohlkarabiner und Leichtsteigeisen.
„Er war der positive Geist des deutschen Alpinismus“, sagt Namensvetter Thomas Huber von den Huberbuam. Weder verwandt noch verschwägert, verbindet den jungen Huber mit dem „Alt-Prominenten Huber“ die „Liebe zu den Bergen“. Hermann Huber sei ebenfalls „immer wieder aufgebrochen, um das Neue zu suchen“. „Bei uns war es die Leidenschaft für Erstbegehungen, bei Hermann war es auch die Leidenschaft für die Produkte rund um den Bergsport“.
Hermann Hubers Name steht für revolutionäre Produktentwicklungen im Bergsport und eine Herzensgüte, die nach den Worten seiner Wegbegleiter*innen unbeschreiblich war. Er suchte nie das Licht der Öffentlichkeit, er habe nie Aufhebens um sich selbst gemacht, sagt einer seiner Freunde. Und trotzdem gehörte Huber bereits in den 50er- und 60er-Jahren zu den besten deutschen Alpinisten.
Geprägt von Krieg und Hunger, entwickelt Hermann Huber sehr früh seine lebenslange Begeisterung für die Berge. Bei seiner ersten Tour im Alter von vier Jahren holt er sich zwar seine ersten Blasen, aber trotzdem war ihm klar: „Bergsteiger mag i wern, des is halt wos.“
Den Aufstieg der Münchner Sattler- und Lederwaren-Firma Salewa hat Huber maßgeblich beeinflusst. 1945 als Lehrling gestartet, übernimmt er von 1972 bis 1988 die Geschäftsführung. Viele innovative Ausrüstungsgegenstände tragen seine Handschrift. „Als er angefangen hat, hat die Bergsportfirma ja noch gar nicht existiert. Hermann Huber hat Salewa zu dem gemacht, was es heute ist“, sagt Thomas Huber. Ob Rohreisschraube, Hohlkarabiner oder Leichtsteigeisen: Nach Worten von Tom Dauer „fuchste sich“ Hermann Huber – obwohl er kein Ingenieur war – in diese rein, und macht die Gegenstände zum einen besser, und zum anderen das Bergsteigen sicherer. Das kann Alpinist Simon Gietl nur bestätigen: „Hermann drückte Salewa seinen Stempel auf: als visionärer Geschäftsmann und neugieriger Mensch.“
„Ohne Begeisterung geht gar nichts! Das war ein Lebensmotto von Hermann Huber, er begeisterte Menschen für die Berge, denn Berge waren seine Lehrmeister“, so charakterisiert Heiner Oberrauch, Präsident der Oberalp Group, den Verstorbenen. Huber habe Menschen für die Gemeinschaft und die Freude am Leben begeistert, „und er begeisterte Menschen für den Beruf“. Nach Worten Oberrauchs hat Hermann Huber als langjähriger Geschäftsführer der Salewa die Seele eingehaucht, „uns ein geistiges Vermächtnis geschenkt und das Unternehmen zur Blüte gebracht. Er war gleichermaßen Extrembergsteiger, Visionär, Pionier der Produktentwicklung und gleichermaßen Führungspersönlichkeit, ein großer Freund der Menschen. Er war Vorbild!“
Seine berufliche Tätigkeit für Salewa und Expeditionen führen Huber schon früh auf alle Kontinente – natürlich immer dorthin, wo der Fels besonders reizvoll ist. Mit Persönlichkeiten wie Riccardo Cassin, Yvon Chouinard, Tom Frost, Royal Robbins und Doug Tompkins teilt Hermann Huber nicht nur Bergerlebnisse. „Ich habe meinen Beruf sehr ernst genommen, aber das Bergsteigen war mir wichtiger“, verrät der 90-Jährige vor zwei Jahren in einem Beitrag des Bayerischen Fernsehens.
Als „extrem bescheiden“ beschreibt Autor und Filmemacher Tom Dauer den Münchner, der das Bergsteigen revolutionierte. Zudem sei Huber äußerst „warmherzig, lebenslustig, großmütig und neugierig“ gewesen. „Herman war allen Menschen zugetan und behandelte jeden mit Respekt. Für mich ist es ein richtiger Verlust.“ Bis zum Schluss sei Huber hellwach gewesen und habe am Tag vor seinem letzten irdischen Weg gesagt: Ich gehe jetzt. „Bis zum Schluss hat er die Freiheit gelebt.“
Der 53-jährige Dauer lernte den Alpinisten im Alter von elf Jahren im südlich von München gelegenen Klettergarten Buchenhain kennen. „Wir begegneten uns dann immer wieder mal – in den Bergen. Im Karwendel, im Kaisergebirge und sogar in Patagonien. Und nachdem ich 1999 einen Film über jenen Klettergarten gemacht hatte, wurden wir im Laufe der Jahre Freunde. Vor allem in seinen letzten Lebensjahren habe ich viel von Hermann lernen dürfen.“
Die Idee zur Dokumentation „Der Wert der Zeit“ über und mit Huber kam Dauer „nachdem ich eine Erstbegehung im Karwendel geplant hatte. In jener Wand gab es zuvor nur eine Route, von Hermann, und ich sagte zu ihm: Wir sollten ein Buch oder einen Film über dein Leben machen“. Und so entstand das filmische Porträt, das 2021 im Rahmen des Alpen Film Festival Premiere feierte.
„Leben bedeutet Zeit. Mit knapp 83 Jahren kann ich sagen, dass diese nicht annähernd ausreicht, um alles zu erleben. Jede Entdeckung weckt Neugier auf Neues. Die eigenen Wege als glückliche Chance zu begreifen, ist eine Lebensaufgabe. Jeder Mensch, der einen begleitet oder einem auch nur begegnet, bietet die Möglichkeit zur inneren Bereicherung. Für meine persönlichen Wege und Weggefährten bin ich unendlich dankbar." So schrieb Huber selbst auf seiner Website im Jahre 2013 über das Leben und die Zeit.
Dankbar für die Begegnung mit Hermann Huber ist auch Alpinist Simon Gietl. „Für mich war es eine große Ehre beim Film ,Der Wert der Zeit‘ dabei zu sein. Hermann war ein inspirierender Mensch, mit dem du nicht nur übers Bergsteigen, sondern auch über Gott und die Welt sprechen konntest.“ Sie seien sich nach kürzester Zeit sehr nahe gekommen – „und das hast du selten“. Was ihn ebenfalls „tief beeindruckt“ habe: „Hermann hatte eine Meinung, und er stand dazu.“ Seine Neugierde habe er sich bis „ins hohe Alter“ bewahrt.
Bis zuletzt war der Bergpionier aktiv. Seine letzte Klettertour absolvierte Huber im Alter von 86 Jahren, danach wanderte er weiterhin in die Berge oder fuhr mit dem e-Bike. Die Oberreintalhütte im bayerischen Wettersteingebirge war seine „innere Heimat“, dort weilte er oft, und „jetzt ist ein großer Bergsteiger zum letzten Mal aufgestiegen“, wie Sandra Freudenberg vom Alpen Film Festival auf Instagram schreibt.
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