Er ist der deutsche Laufschuh-Experte: Urs Weber, verantwortlicher Redakteur für Produkttest bei der deutschen Ausgabe der RUNNER'S WORLD, der weltweit größten Laufzeitschrift, testet jedes Jahr Dutzende von neuen Laufschuhen.
Kaum jemand in Deutschland weiß so gut, was die Kunden brauchen, die Hersteller produzieren und die Händler verkaufen wie Urs Weber, der auch das Laufschuhsymposium auf der ISPO MUNICH organisierte und moderierte.
„Ein guter Laufschuh ist eine Investition in den eigenen Körper und die eigene Gesundheit“, sagt Urs Weber im Interview mit ISPO.com. Doch welches sind die besten Laufschuhe 2018? Was muss ein Kunde beim Laufschuhtest beachten? Und wie findet dieser die passenden Schuhe und den Laufschuh-Neuheiten.
Weber gibt zehn Tipps für den Kauf der neuen Laufschuhe 2018.
ISPO.com: Simple Frage an den Experten: Wie finde ich die richtigen Laufschuhe? Auf was kommt beim Kauf von Laufschuhen an?
Urs Weber: Einfache Antwort: Größe, Passform und Komfort.
Wie groß sollte man Laufschuhe wählen?
Es gilt die Daumen-Regel: Wenn man beide Füße im Stand gleichmäßig belastet, sollte im Laufschuh vor der längsten Zehe immer noch eine Daumenbreite Platz sein. Weil die Füße beim Laufen im Schuh nach vorne rutschen und die Zehen sich festkrallen, darf er nicht ganz eng sitzen.
Konkret sollten Laufschuhe zwischen einer halben und einer ganzen Nummer größer sein als Straßenschuhe. Leider sind die Größen nicht normiert. Wenn ich also bei einem Modell die Größe US 10 habe, muss das nicht auch beim nächsten passen.
Was gilt es bei der Passform und beim Komfort zu bedenken?
Der Schuh muss richtig gut sitzen. Und das gleiche gilt für den Komfort, zumal renommierte Biomechaniker längst sagen, dass „Komfort“ das wichtigste Kriterium beim Laufschuh-Kauf ist. Man kann dies nach Gefühl beurteilen: Fühle ich mich richtig wohl in diesem Schuh?
Stichwort Wohlfühlen: Wie wichtig ist die Sprengung der Laufschuhe?
Die Sprengung sagt viel darüber aus, ob man sich wohlfühlen wird mit dem Schuh oder nicht. Sie beschreibt den Niveau-Unterschied zwischen Rückfuß und Vorfuß. Einfach ausgedrückt: Wie stark ist der Absatz der Laufschuhe? Bei Trainingsschuhen sind es meistens zwischen 8 und 12 Millimeter. Wettkampfschuhe haben weniger Sprengung.
Was sind die wichtigsten Trends des Frühjahrs?
Erstens: Es gibt wieder mehr Dämpfung. Die Schuhe sind weicher gedämpft, es gibt mehr Modelle mit maximaler Dämpfung. Zweitens: mehr Flexibilität. Die Zeit der ganz steifen Mittelsohlen ist vorbei, die Sohlen werden flexibler. Und drittens: Die Obermaterialien werden aufwändiger produziert und sind damit leichter, atmungsaktiver und besser geschnitten, passen sich also der Fußform besser an.
Wie kommt es zu diesem Trend zu mehr Dämpfung?
Fast alle Hersteller setzen neue, innovative Materialen ein: meistens neue EVA-Verbindungen oder PU-Materialien, also Polyurethan. Diese neuen Dämpfungsmaterialien haben eine sehr hohe punktuelle Elastizität, was bei der Dämpfung wahrgenommen wird. Und vor allem die PU-Schäume sind temperaturunabhängig, funktionieren also im Winter wie im Sommer.
Woher weiß ich, wie viel Dämpfung für mich richtig ist?
Da reicht der Blick auf die Körperdaten: Eine 50 Kilo leichte, kleine Frau braucht eine andere Dämpfung als ein Zwei-Meter-Mann, der 100 Kilo wiegt und aufwändigere Dämpfung und eine stabilere Konstruktion des Schuhs benötigt. Ein übergewichtiger Läufer sollte nicht zum Barfuß-Schuh tendieren, jedenfalls am Anfang.
Wo kauft man Laufschuhe? Macht es Sinn, Laufschuhe online zu kaufen? Oder wird man beim lokalen Handel besser beraten?
Die Anprobe beim Laufschuh ist entscheidend. Das spricht für den stationären Handel. Wer Laufschuhe online bestellt, hat ein größeres Risiko und gibt sich eher mit dem zweitbesten zufrieden. Am besten ist: Ins Fachgeschäft gehen, sich Zeit nehmen und möglichst viele verschiedene Modelle an- und ausprobieren.
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Wie finde ich im Überangebot an Laufschuhen den richtigen?
Man sollte sich von der übergroßen Auswahl nicht beeindrucken lassen. Ein Tipp: Man sollte seine alten ausgelatschten Laufschuhe unbedingt zur Laufschuh-Beratung mitnehmen.
Da sieht man an den Abriebspuren und am Verschleiß sehr gut, wie man die Schuhe belastet, wie der Fuß abrollt. Ein geschulter Verkäufer kann daran sehr gut erkennen, welche Bedürfnisse der Kunde beim Kauf neuer Laufschuhe hat.
Was zeichnet einen guten Händler bei Laufschuh-Beratung noch aus?
Das ist ein bisschen wie beim Friseur. Der Händler sollte sich für die Vorlieben und die Geschichte des Läufers interessieren: Wie läuft man? Hat man orthopädische Probleme? Welchen Laufuntergrund bevorzugt man, Asphalt oder Trails?
Der Händler muss zuhören, die richtigen Fragen stellen – und vor allem Alternativen bieten. Die Kunst des guten Verkäufers ist es, diese beiden Pole zusammen zu bringen: Laufschuh und Läufer.
Wie viele Laufschuhe brauche ich?
Einfache Regel: Du solltest so viele verschiedene Laufschuhe in Gebrauch haben, wie du Tage in der Woche läufst. Wer dreimal die Woche laufen geht, sollte also drei verschiedene Paar Laufschuhe haben.
Wichtig ist, dass man seinen Fuß nicht an eine Orthopädie eines einzigen Schuhs gewöhnt, sondern möglichst viele verschiedene Reize setzt – so wie man es auch beim Tempo, der Distanz und der Strecke tun sollte. Denn das Verletzungsrisiko beim Laufen wird größer, wenn wir den Körper an die immer selben Bewegungen gewöhnen.
Und der andere Grund: Wir laufen ja nicht immer gleich: Mal schnell im Wettkampf, mal langsam beim Regenerationslauf, mal im Gelände, mal auf der Straße.
Welche unterschiedlichen Arten von Laufschuhen brauche ich demnach?
Wenn man viel in der Stadt läuft auf festen Untergründen, sollten gute neutrale Laufschuhe auf jeden Fall erste Wahl sein. Für Tempoläufe oder Intervalle in höherem Tempo ist ein leichterer Schuh zu empfehlen, mit weniger Dämpfung. Und für querfeldein-Strecken ein Trailschuh. Das wäre der ideale Mix.
Wie viele Kilometer hält ein Paar Laufschuhe?
Das hängt von den individuellen Laufmustern ab. Ich vergleiche dies mit Autoreifen: Der eine fährt sie 15.000, der andere 40.000 Kilometer. Es kommt darauf an, wie das Material verschlissen wird.
Wenn jemand in gemütlichem Tempo läuft, geringes Körpergewicht und einen normalen Laufstil hat, hält das Produkt länger, als wenn jemand mit den Füßen extrem über die Außenkante aufsetzt.
Ein normaler Trainingsschuh kann zwischen 700 und 1000 Trainingskilometern halten. Leichter konstruierte Wettkampfschuhe halten etwa 200 bis 300 Kilometern.
Wie unterscheiden sich die Laufschuhe für Frauen von denen für Männer?
Sicherlich nicht nur beim Design. Mehrere Unterschiede sind auffällig: Ein Frauenfuß hat ein deutlich geringeres Volumen, bis zu einem Drittel weniger. Der Männerfuß ist deutlich kräftiger.
Die Ferse beim Frauenfuß ist deutlich schmaler als die beim Männerfuß, gleichzeitig ist aber der Vorfuß in der Relation zum Rückfuß deutlich breiter. Das heißt, die Passform ist bei den Frauenschuhen eine andere, sie sind nicht einfach nur kleiner, sondern auch anders geschnitten. Darauf nehmen die großen Hersteller bei der Konstruktion Rücksicht.
Die Laufbandanalyse gehört heute zum Standard. Was ist da zu beachten?
Früher hat man vor allem auf die Bewegung der Füße geachtet, auf den Abrollvorgang geschaut. Heute weiß man: Wichtig ist der gesamte Körper, der Blick von den Füßen bis zur Hüfte: Was machen die Beine, wie bewegen sich die Knie? Der Laufschuh hat Einfluss auf das Bewegungsverhalten des Fußes, aber auch auf das Knie, das am häufigsten verletzte Körperteil.
Zuletzt die schwerste Frage: Was darf ein guter Laufschuh kosten?
Einfache Antwort: Der Preis eines Laufschuhs relativiert sich über die Nutzungsdauer. Wenn ich im Supermarkt einen billigen Schuh kaufe und den nur zwei-, dreimal laufe, weil ich nicht damit zurechtkomme, war dies ein teurer Kauf.
Wenn ich bei einem Fachhändler für 150 oder 180 Euro kaufe und ich kann damit viele Kilometer sehr gut laufen, war das eine gute Investition. Ein guter Laufschuh ist eine Investition in den eigenen Körper und die eigene Gesundheit.
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