Windsurf-Star Philip Köster hat zum vierten Mal den WM-Titel gewonnen – trotz schwerer Knieverletzung und langer Wettkampfpause. Schon 2011 holte der Surfer mit 17 Jahren als erster Deutscher den Weltmeistertitel im Windsurfing, 2012 und 2015 wurde er zwei weitere Male Weltmeister. Im Interview mit ISPO.com spricht Philip Köster über seine Rückkehr, Geld, die Suche nach Sponsoren, Vermarktung – und eine Hai-Begegnung.
Erst im September 2016 hatte sich Philip Köster nach einem sechs Meter hohen Sprung schwer am rechten Knie verletzt, der 23 Jahre alte Surf-Profi riss sich das vordere und hintere Kreuzband, das Innenband und hatte einen lädierten Meniskus.
Rechtzeitig zum Saisonauftakt im Juli kam er zurück. Beim PWA-Worldcup der Wellenreiter vor Kösters Wahlheimat Gran Canaria holte er gleich den Sieg, genauso wie einen Monat später vor Teneriffa. Jetzt krönte er die Saison mit dem vierten Titel in der Disziplin Wellenreiten. „Das ist einfach unglaublich, nach so einem harten Jahr“, sagte Köster direkt nachdem er in Sylt aus dem Wasser kam.
Der erste Wettkampf nach der schweren Knieverletzung war gleich der Worldcup vor Gran Canaria. Haben Ihre Sponsoren Druck gemacht in Sachen Comeback?
Philip Köster: Nein. Meine Sponsoren machen mir keinen Druck, sondern finden eher, ich soll langsam machen und nach eigenem Gefühl handeln. Die sagen: ‚Nimm dir die Zeit, die du brauchst, und komme dann lieber zu 100 Prozent fit zurück‘. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Sponsoren.
Das Sie auch regelmäßig mit entsprechenden Instagram-Posts und auf Facebook pflegen…
Das gehört halt heutzutage dazu. Ich war früher immer dagegen, aber inzwischen mache ich das auch, obwohl ich es selbst nicht unbedingt brauche. Ich kann auch mal gut ohne mein Handy eine Reise machen, da hätten die meisten anderen wahrscheinlich schon Entzugsprobleme. Die Sponsoren schauen halt heutzutage auch auf Likes und Follower.
Genau wie viele Ihrer Fans…
Das stimmt. Volkswagen hat mal in einem Werbespot aus einem Double Loop einen Vierfach Loop gemacht. Und viele Leute haben das geglaubt und mir gratuliert. Dabei kämpfe ich seit Jahren drum, den Triple Loop zu schaffen und zu filmen (lacht).
Was wird denn von den Sponsoren sonst noch von Ihnen gefordert?
Gerade in der Zeit, als ich keine Wettkämpfe machen konnte, war ich auf Events unterwegs. Für Volkswagen war ich auf der IAA, für Followfish war ich sogar mal auf einer Biomesse. Mehr verlangen sie in der Regel nicht.
Sie werden von Ihrer eigenen Familie vermarktet…
Unsere Erfahrungen mit Sportmanagern sind eher negativ, und bislang läuft es so auch prima.
Das heißt, Sie werden jetzt zum Multimillionär?
Nein (lacht). Natürlich ist es viel weniger, als zum Beispiel Fußballprofis verdienen. Aber ich kann davon leben und meine Wettkampf- und Trainingsreisen gut damit finanzieren.
Kommt manchmal Neid zu Topstars im Fußball auf, die schon mal mehr als zehn Millionen Euro im Jahr verdienen können?
Natürlich wäre es schön, noch mehr Geld zu verdienen. Aber Surfen ist kein Sport, der live im TV zu sehen ist. Das hängt immer alles mit dem Wind und den Wellen zusammen. Es gibt Tage, da passiert gar nichts. Logisch, dass es dann schwieriger für Fernsehen und Sponsoren ist, sich zu engagieren. Aber ich finde es auch nicht gut, das Surfen deshalb in die Halle zu verlegen. Dann fehlt die Natur und das Spektakel.
Wie wichtig ist Ihnen Geld?
Geld ist wichtig zum Überleben. Aber viel schöner ist es, einen Titel zu gewinnen.
Sind Sie eher der Spartyp oder geben Sie Ihr Geld aus?
Ich möchte mir mit meinem Sport auch ein Polster für später aufbauen. Ich bin keiner, der sein Geld dumm ausgibt und sich eine Yacht oder ein schnelles Auto kauft. Auf Gran Canaria kann man sowieso nicht schnell fahren.
Gibt es solche Ferrari-Typen in der coolen Surferszene überhaupt?
Der Robby Naish macht das schon mal. Ansonsten ist es eher selten. Ich mache lieber mal eine schöne Reise.
Was gibt es für neue Trends in der Szene?
Es wird viel am Material gefeilt. Alles wird immer leichter, sehr viel Karbon wird eingesetzt.
Und neue Superschwierigkeiten?
Ich versuche ja schon seit zwei Jahren den Triple Loop zu machen. Vielleicht klappt es ja im November bei der Storm Chase von Red Bull. Die schauen ja immer auf der Weltkarte, wo der größte Sturm ist, und dann fliegen sie die besten Surfer der Welt dahin. Das ist ein Riesenevent.
Ist es denn schwierig, nach der schweren Verletzung wieder das nötige Vertrauen für die ja doch riskanten Sprünge zu finden?
Das Vertrauen habe ich sehr schnell wiedergefunden. Die erste Zeit nach der Verletzung war nur ziemlich schwierig. Da habe ich mir die Wettkämpfe live im Stream angeschaut. Das war keine so gute Idee, weil es besonders weh getan, nicht selbst dabei zu sein. Diese Zwangspause hat mich eher noch motivierter gemacht.
Sie brauchen das Wasser und den Wettkampf?
Früher, als ich noch in die Schule gegangen bin, war Windsurfen immer die perfekte Abwechslung. Als ich die Schule nicht mehr hatte, ist es mir manchmal schwerer gefallen, jeden Tag aufs Wasser zu gehen. Aber in meiner Rehazeit hat mir das Windsurfen so richtig gefehlt.
Da habe ich den anderen sehnsüchtig zugeschaut und Videos von ihnen mit einer Drohne gemacht. Zum Glück kann ich jetzt wieder selbst aufs Wasser.
Einfacher wäre die Rückkehr beim SUP gewesen, das ist ja auch ein Trend in der Szene…
Das ist für mich ein sehr guter Ausgleichssport, wenn kein Wind ist. Und für die kleinen Muskeln ist es auch gut. Ich habe vor acht Jahren hier auf Gran Canaria als Erster damit angefangen, jetzt machen es viele. Meine Freundin auch. Deshalb komme ich nicht drumherum (lacht).
Das heißt, Sie sind kein großer Fan davon?
Es hat schon Vorteile. Ich mag es gern in der Welle. Man kommt da immer sehr schnell zurück, währenddessen du beim Windsurfen ewig brauchst. Allerdings habe ich beim SUP schon häufiger mal einen Hai gesehen. Beim Windsurfen vertreibe ich die mit dem Lärm.
Haben Sie denn schon mal schlimme Hai-Erlebnisse gehabt?
Ins Brett haben sie bisher nicht gebissen. Aber in West-Australien war ich mal in einem Race-SUP unterwegs und bin vier-, fünfmal ins Wasser gefallen. Plötzlich ist neben mir ein drei, vier Meter langer weißer Hai aufgetaucht und hat mal nachgeschaut, ob ich was Leckeres zu essen sein könnte. Sonst habe ich immer nur mit Hammerhaien zu tun, aber die sind ja harmlos.
Mitarbeit: Gunnar Jans
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