Das Medienzentrum an der Säbener Straße: Auf der braunen Ledercouch vor dem Meisterschalenposter, wo sonst Cheftrainer Carlo Ancelotti oder Kapitän Philipp Lahm zum Gespräch bitten, sitzen nun Melanie Leupolz (22) und Sara Däbritz (21). Deutsche Meisterinnen 2016, Olympiasiegerinnen 2016, Europameisterinnen 2013. An ihrer Seite: Klubmanagerin Karin Danner, seit vier Jahrzehnten bei den FC Bayern-Frauen.
ISPO.com: Melanie Leupolz, Sara Däbritz, wie hat der Olympiasieg 2016 Ihr Leben verändert?
Melanie Leupolz: Also, mein Leben hat er nicht verändert. Es war ein Riesenerfolg für uns, klar, wir haben uns gefreut, aber den Alltag danach hat es nicht beeinflusst.
Sara Däbritz: Ich bin immer noch die gleiche Sara. Und immer noch stolz, wenn ich daran zurückdenke, aber sonst: alles gleich.
Leupolz: Anfangs gab es sehr viele Interviews, viele Ehrungen, der Termin beim Bundespräsidenten ist in besonderer Erinnerung geblieben. Das zeigt die Wertschätzung, die der Frauenfußball genießt. Aber so groß das Medieninteresse auch war: Mittlerweile ist es wieder abgeflacht.
Frauenfußball: „Durch den Olympiasieg steigt der Marktwert“
Haben Sie es nicht zu Geld machen können? Der Deutsche Olympische Sportbund zahlt doch eine Gold-Prämie.
Däbritz: Die gab es für uns nicht, der Fußball ist das außen vor. Aber dafür haben wir was vom DFB bekommen.
Leupolz: Als Frauenfußballerin freust du dich, wenn was aufs Konto kommt. Und ja, der DFB war schon großzügig.
Haben Sie neue Sponsorenverträge an Land gezogen?
Däbritz: Nein, ich habe seit zwei Jahren einen Vertrag bei Nike. Dazu gekommen ist nichts seit Olympia.
Zu den Heimspiel der Bayern-Frauen kommen 600 Zuschauer im Schnitt
Leupolz: Ich bin bei Adidas, habe die Allianz als Partner, aber das hatte ich beides schon vor den Spielen. Es kommen seitdem immer mal wieder neue Sponsorenanfragen für mich rein, die ich aber genau prüfe. Wenn ich etwas mache, muss es zu mir passen.
Profitiert der FC Bayern, Frau Danner?
Karin Danner: Der Verein ist sehr stolz, fünf Olympiasiegerinnen in den eigenen Reihen zu haben. Und klar, der Marktwert steigt generell für die Spielerinnen. Aber auf den Liga-Betrieb hat das keine Auswirkung.
Wie viele Zuschauer kommen zu den Heimspielen?
Danner: Bei normalen Liga-Spielen haben wir im Schnitt etwa 600 Zuschauer, bei großen Spielen mehr. Beim Champions-League-Viertelfinale gegen Paris St. Germain, eines der Top-Teams Europas, am 23. März, wollen wir natürlich so viele Zuschauer wie möglich ins Stadion locken. Schließlich wollen wir auch im Verein mehr Präsenz bekommen, für die Werbung interessanter werden, mehr Medienpräsenz erreichen und am Ende dadurch höhere Zuschauerzahlen generieren. Manchmal muss was passieren, eine Aussage, ein Zeichen, dann läuft es.
„Die Sponsoren sagen: Wir wolle eure Frauen haben“
Was ist passiert bei den Bayern-Frauen?
Danner: Die zweimalige Doppelmeisterschaft, dass wir 2015 und 2016 auf dem Rathausbalkon zusammen mit den Männern feiern durften, hat uns sehr geholfen. Da hat man gesehen, welche Sympathieträger wir sind, welche Bilder wir in die ganze Welt getragen haben. Mittlerweile genießen wir eine hohe Wertschätzung im Verein. Unsere Männer haben ihr Herz für den Frauenfußball entdeckt. Und jetzt tut sich was.
Auch beim Sponsoring?
Danner: Ja, beim FC Bayern sind wir in punkto Sponsoring sehr gut aufgestellt. Die Allianz hat sich klar für den Frauenfußball und insbesondere unsere Mannschaft ausgesprochen. Die Allianz ist nicht nur Titelsponsor der Frauen-Bundesliga, sondern seit 2013 auch unser Trikotsponsor. Das war ein Türöffner auch beim FC Bayern für uns, dass so ein großer Sponsor dem Vorstand sagt: Wir wollen eure Frauen haben! Oder Body & Soul, die sind ja auch Partner der Profis – und jetzt eben auch bei uns. Es kommen immer mehr Anfragen konkret zu den Frauen. Wir überlegen, ob und wie wir uns auch einzeln vermarkten können. Bei den Männern, im Profi-Bereich, ist ja oft für neue Sponsoren wenig Spielraum – wir haben noch Luft nach oben.
Melanie, können Sie vom Frauen-Fußball leben?
Leupolz: Ja! Also jetzt auf jeden Fall, durch den Olympiasieg. Man kann sich auch etwas zurücklegen, auch als normale Bundesligaspielerin.
Was verdienen Fußballerinnen? Ausgesorgt hat keine
Aber ausgesorgt haben Sie nicht?
Danner: Das hat keine Fußballerin in Deutschland. Ich bin froh, dass die Frauen inzwischen bei uns ordentlich verdienen und sich gleichzeitig auch noch ein zweites Standbein aufbauen können. Manche arbeiten nebenher, viele studieren, zum Beispiel diese beiden hier.
Nämlich?
Däbritz: Wirtschaftspsychologie, zweites Semester. Mir tut das für den Kopf gut. Nur Fußball, das reicht mir nicht. Ich könnte mir für später was vorstellen in der Personalentwicklung oder im Marketingbereich.
Leupolz: Ich habe den Sportmarketingfachwirt gemacht, an der Bayerischen Akademie der Werbung, jetzt studiere ich BWL in Richtung International Management.
Melanie Leupolz: 110.000 Fans auf Facebook
Sie haben einen persönlichen Vertrag mit der Allianz, das könnte eine Option sein?
Leupolz: Ja, womöglich. Ich habe schon ein Praktikum im Marketing dort gemacht, das hat mir gut gefallen. Man muss die Zeit als Profifußballerin nutzen, um Kontakte für die Zeit danach zu haben.
Danner: Ich bin schon so lange dabei, habe so viel gesehen, aber hier kommt ein neuer Jahrgang, der hat alles auf dem Schirm. Die sind gefragt da draußen, die bringen alles mit für die spätere Arbeitswelt: Stressbewältigung, Verantwortung, Weiterbildung – die sind fit für die Unternehmen und haben anderen Berufseinsteigern ganz viel voraus.
Zum Beispiel die Präsenz in den sozialen Netzwerken. Melanie, Sie kommen bei Facebook auf gut 110.000 Fans, bei Instagram auch auf knapp 100.000 – das macht Sie für Sponsoren interessant.
Leupolz: In erster Linie mache ich es für meine Fans, die eben vor allem auf diesen Kanälen unterwegs sind. Aber klar, der große Zuspruch ist sicherlich auch für Werbepartner interessant. Neulich hat mir zum Beispiel super.good.food ein paar Packungen mit Haferflocken geschickt, dafür wollten sie einen Post. Da muss man schon schauen, ob sich das lohnt. Ich hab`s dann gemacht, weil ich mich damit identifizieren kann. Die Sponsoren beeindruckt die Authentizität und sie freuen sich natürlich über, ein paar tausend Likes – aber nochmal: Deswegen mache ich das nicht. Meine Fans in den sozialen Netzen wollen ja vor allem die private Melly kennenlernen.
Sie posten häufig gemeinsame Bilder mit Ihrem Freund, dem Gummersbacher Handball-Profi Kevin Schmidt.
Leupolz: Das gehört bis zu einem gewissen Grad dazu.
Däbritz: Die Fans wollen uns im normalen Leben kennenlernen, davon profitieren auch die Sponsoren.
Danner: Das ist jetzt nicht meine Welt, aber ich sehe, wie vernünftig die Mädels auch das machen. Und wenn man sieht, welche Zahlen da im Umlauf sind: Wir haben mit den Bayern-Frauen jetzt 3,8 Millionen Fans bei Facebook – das ist schon Wahnsinn, wie viele Menschen du da erreichen kannst. Und trotzdem kriegst du das Stadion nicht voll. Wir haben noch genug zu tun.
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