Wintersport betreiben, regelmäßig Ski fahren oder Skiurlaub machen, ist teuer. Vor allem Haushalte mit einem Einkommen von unter 2000 Euro sind quasi davon ausgegrenzt. Wie kann man dem entgegenwirken, Herr Neureuther?
Christian Neureuther: Wenn wir die Angebote in Deutschland mit dem europäischen Ausland vergleichen, haben wir hier immer noch das beste Preis-Leistungsverhältnis in den Skigebieten. Aber klar: Die Zukunft des Wintersports hängt auch davon ab, dass wir Familien und Menschen mit geringerem Einkommen Urlaubs- und Wintersportprogramme anbieten, die bezahlbar sind. Das wird vielerorts schon gemacht, und wer danach sucht, der findet diese Angebote auch.
Aber kann das mit den wirklich günstigen All-inklusive-Strandangeboten konkurrieren?
Wir sehen hier einen Trend: Bedingt durch die politische Lage im Nahen Osten, gerade auch in der Türkei, bleibt der Deutsche wieder lieber im eigenen Land. Die Zahlen im Sommertourismus gehen stark nach oben. Und wenn ein Kind einmal im Urlaub in den Bergen war, egal ob Sommer oder Winter, dann bleibt eine Ur-Sehnsucht nach den Bergen, die hält ein Leben lang.
Für den Handel bedeutet das, aber dann auch andere Erlösmodelle zu finden: Weg vom Kaufen, hin zum Leihen. Für einen Urlaub im Jahr muss man keine Ski kaufen, oder?
Ich betrachte das mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Weinend deswegen, weil die Industrie sagt, die Verkaufszahlen der Ski gehen nach unten und wir können uns keine Rennläufer mehr leisten. Aber natürlich: Für den Normalverbraucher ist der Leihgeschäft ein echter Mehrwert – wobei, mein Tipp, man sich niemals Skischuhe leihen sollte. Gerade im Kinderbereich geben Eltern Unmengen für Ski aus, das ist so gar nicht notwendig. Der Handel muss hier flexibel bleiben.
Was können Schritte und Maßnahmen sein, Kinder und Jugendliche überhaupt erst wieder für den Ski- und Wintersport zu begeistern?
Der Wintersport muss im Alltag verankert sein – das ist natürlich schwierig, wenn die Eltern überhaupt keinen Bezug dazu haben. Hier ist es die Aufgabe, an die Schulen heranzutreten und auch gegen das Negativimage des Wintersports als Ressourcen-Räuber zu arbeiten – eine Reise nach Mallorca ist viel schädlicher als eine Reise in den Skiurlaub.
Ihr Sohn arbeitet mit seinem Programm auch in diese Richtung.
Felix erreicht mit „Beweg dich schlau“ mittlerweile eine Million Kinder, auf einem spielerischen Weg. Und natürlich sind da viele Kinder dabei, die von den Eltern keinerlei Impulse in Richtung Wintersport bekommen. Wobei es auch um das grundsätzliche Thema geht, die Kultur der Bewegung zu fördern, ein Miteinander der Generationen zu schaffen, das ist ein sehr wichtiger Aspekt. Sportarten kennenlernen, die man ein Leben lang ausüben kann. Als nächstes geht der Felix mit seinem Projekt übrigens in die Kitas.
Weil die Bewegung schon im frühen Alter vernachlässigt wird?
Die Kinder sollen sehen, dass es vor allem draußen, spielerisch so viel zu erleben gibt.
Bislang Zuhörerin, klinkt sich nun nun auch Rosi Mittermaier in das Gespräch ein.
Mittermaier: Einfach rausgehen, in die Natur – auch wenn es mal kalt ist! Das ist doch eigentlich das Schöne! Viele Eltern haben heutzutage Angst, ihre Kinder der ganz normalen Natur auszusetzen! Da stecken die jungen Eltern ihre Kleinkinder im Kinderwagen in Plastikhüllen, nur damit bloß kein Regentropfen durch kommt! Wir haben uns früher beim Regen unter die Dachrinne gestellt und uns nassspritzen lassen. Das dürfen viele Kinder heute gar nicht mehr.
Das Kind wird, aus guten Vorsätzen heraus, beschützt und behütet – aber in viel zu engem Rahmen.
Es ist so wichtig, einem Kind ein positives, ein mutiges Selbstverständnis mitzugeben. Was passiert, wenn es einmal beim Skifahren stürzt? Dann sage ich: Das war ja ein Supersturz, toll! Anstatt: Um Gottes willen was ist passiert, fahr nie wieder so schnell!
Neureuther: Wenn der Felix gestürzt ist und gerade das Weinen anfangen wollte, dann habe ich gesagt: Das war der geilste Sturz, dich hat’s vielleicht gedreht!
Mittermaier: Das beste Geschenk für ein Kind ist die große, blaue Schulturn-Matte. Die überlebt Generationen. Die geht nicht kaputt, die kann man überall hinlegen!
Zusammengefasst also: Sport, und damit auch Wintersport, lässt sich nur beginnend mit den Wurzeln kultivieren.
Neureuther: Mit Mitte 20 wird es jedenfalls sehr schwierig, nochmal ganz neue Begeisterung zu entfachen. Klar: Am leichtesten und nachhaltigsten erreichen wir mit Begeisterung für Sport die Kinder – und das bleibt dann ein Leben lang!
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