Olympia/10.08.2016

Jonas Reckermann: Wie ich Olympia-Gold zu Geld mache

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2012 wurde Jonas Reckermann Beachvolleyball-Olympiasieger – im Jahr darauf musste er seine Karriere beenden und stand vor der Frage „Wie mache ich Gold zu Geld?". Bei Olympia 2016 in Rio ist der 37-Jährige wieder dabei. Allerdings nicht als Sportler, sondern als ZDF-Experte.

Bei den letzten Olympischen Spielen gewann Jonas Reckermann die Goldmedaille. Jetzt ist er Experte für das ZDF.
Bei den letzten Olympischen Spielen gewann Jonas Reckermann die Goldmedaille. Jetzt ist er Experte für das ZDF.

ISPO.com: Herr Reckermann, vor vier Jahren feierten Sie Ihren größten Triumph: Olympia-Gold in London. Wie erleben Sie die Spiele in Rio?
Jonas Reckermann: Beachvolleyball an der Copa Cabana bei Olympia: Mehr geht nicht in unserer Sportart. Ich bin froh, dass ich als ZDF-Experte live dabei sein darf.

 

 

Kurz nach dem Olympiasieg mussten Sie verletzungsbedingt Ihre Karriere beenden. Ausgesorgt hat man als Beachvolleyballer in so einem Moment wahrscheinlich eher nicht (lesen Sie hier: Was die Medaillen finanziell bringen). Wie verdienen Sie heute Ihr Geld?
Ich habe erst mal mein Studium abgeschlossen, Lehramt für Sport und Geografie. Das ruht aber derzeit, als Option für später. Ich hab's noch nicht komplett beiseite geschoben, wollte immer Lehrer werden, aber das Referendariat gehe ich erst an, wenn ich sicher bin, dass ich Lehrer werde und auf die anderen Dinge verzichte. Nach dem Karriereende bin ich nämlich direkt auf der Smart Beach Tour bei Sky als Experte und Kommentator eingestiegen, jetzt schon im vierten Jahr. Ich würde gern im sportjournalistischen Bereich bleiben, das auch ausbauen, und das muss sich nicht auf Beachvolleyball beschränken.

 

Das heißt: Sky hat Sie für Rio ans ZDF ausgeliehen?
Genau. Das ist einfach Werbung für den Beachvolleyballsport dort – und somit auch wieder für die Smart Beach Tour auf Sky.

Reckermann ist auch Markenbotschafter

Wie sieht's mit Aktivitäten jenseits des Strandes aus?
Ich halte Vorträge für Unternehmen, über Motivation, den Umgang mit Niederlagen, Unterschiedlichkeit, Teamfähigkeit. Außerdem bin ich Markenbotschafter für Smart und die Bekleidungsfirma Camp David. Da wurden die Aufgaben nach der aktiven Karriere etwas umfunktioniert. Jetzt habe ich mehr Zeit und so zum Beispiel im vergangenen Jahr in Rio „Brand Content“ für Smart gedreht – als Sportler ging so was gar nicht. Da kann ich jetzt Zeit zurückgeben, was toll ist, denn Smart ist ein großer Förderer des Beachvolleyballs.

 

Klingt so, als hätten Sie Spaß im Job.
Das taugt mir, das ist gerade eine schöne Schnittstelle zwischen Sportjournalismus und Business. Der sportliche Hintergrund ist mir dabei wichtig. Mit meinem Ex-Teampartner Julius Brink habe ich auch Filme gemacht über deutsche Olympia-Fahrer: „Gold trifft Goldhoffnung“, das wird bei sportdeutschland.tv gezeigt, dem Bewegtbild-Kanal des DOSB. Wir waren bei Martin Kaymer, Robert Harting und der Handball-Nationalmannschaft. Insgesamt zwölf Filme sind es geworden, für die sich auch das ZDF die Rechte gesichert hat, um sie während der Spiele zu zeigen.

„Beachvolleyball ist keine Randsportart mehr“

Beachvolleyball hat sich in den vergangenen Jahren stark entwickelt, ist aber im Vergleich zu Fußball, Tennis oder Golf immer noch Randsportart. Wie einfach oder schwer ist die Vermarktung?
Da muss ich widersprechen: Beachvolleyball ist definitiv keine Randsportart mehr. Seit 1996 ist die Sportart olympisch, hat sich enorm entwickelt: stetig bergauf, ein hochattraktives Werbeumfeld. Auch die Smart Beach Tour ist ein voller Erfolg, seit Jahren schon, und bei Olympia hat Beachvolleyball immer mit die höchsten Einschaltquoten. Die deutschen Top-Teams können sich sehr gut vermarkten. Ich zum Beispiel war immer Voll-Profi, selbst im ersten Jahr, durch Sponsoren und die Förderung von Sporthilfe und vom Verband. Das können nicht alle Sportarten. Deshalb bewegen wir uns schon in einer Komfortzone, wenn auch nicht vergleichbar mit Fußball. Aber ich will nicht meckern. Da haben es andere Sportarten viel schwerer.

 

Beachvolleyball-Goldmedaillen-Gewinner Jonas Reckermann zusammen mit Esther Sedlaczek auf der Smart Beach Tour.
Beachvolleyball-Goldmedaillen-Gewinner Jonas Reckermann zusammen mit Esther Sedlaczek auf der Smart Beach Tour.
Bildcredit:
Imago

 

Wie viele Sportler in Deutschland können von Beachvolleyball leben?
Nicht ganz so viele. Es gibt drei bis fünf Nationalteams und dahinter ein bis drei andere Teams, die das komplett über private Sponsoren stemmen. Danach kommen schon die Hobby-Teams oder die Jungen, die noch nebenher studieren.

 

Also vielleicht ein, zwei Dutzend Spieler?
Ja, es sind jetzt nicht Tausende.

Sie waren über viele Jahre hinweg sehr erfolgreich. Was für einen Schub gab dann noch mal Olympia-Gold in Sachen Vermarktung?
Schwer zu sagen. Sky sagte mal, unser Olympiasieg sei der Grund gewesen, sich die Rechte an der Smart Beach Tour zu sichern. Das ist wie bei allen Sportarten: Man braucht erst mal deutsche Erfolge, um den Fokus auf die Sportart zu lenken. Müßig zu spekulieren, wohin die Entwicklung gegangen wäre, wenn wir nur Zweiter oder Dritter geworden wären. Fest steht: Die Sportart ist immer noch im Wachstum.

Trainingslager-Check für Fußballer

Eine eigene Firma haben Sie auch mal gegründet...
Ja, www.trainingslagercheck.de. Läuft sehr gut. Ein guter Freund hat da die Fäden in der Hand. Fußball ist der größte Markt im Trainingslager-Business. Wir haben aber auch Schwimmer, Leichtathleten und Volleyballer.

Wie sind Sie mit Ihrem einstigen Beachvolleyball-Partner Julias Brink verbunden?
Julius ist ebenfalls bei der Vermarktung der Smart Beach Tour dabei – und in Rio als Expertenkollege für die ARD. Zudem halten wir weiterhin gemeinsam Vorträge. Unser Thema ist diversity: Vorteil durch Unterschiedlichkeit. Wir waren auf dem Platz sehr unterschiedliche Charaktere, was aber ein sehr großes Potenzial mit sich bringt.

 

 

 

 

Welche Unternehmen buchen Sie denn?
Da sind bekannte Marken dabei, vom Arzneimittelkonzern über Telekommunikations-Unternehmen bis zum Nachrichtenmagazin, auch mittelständische Firmen, sehr vielfältig. Ich erzähle da nicht, wie toll ich war, sondern es soll ja etwas haften bleiben und ein Bezug zur Unternehmenssituation geschaffen werden. Die Leute sollen was mitnehmen für ihre eigene Arbeit.

Ihre Goldmedaille ist jetzt vier Jahre alt. Hält die Euphorie um den Olympiasieger Reckermann an oder wird sie allmählich schwächer?
Im Augenblick läuft es gut. Am Anfang war es aber schon so, dass der Name und der Titel wichtiger waren als der Inhalt.

„Ui, da kommt der Olympiasieger...“ Welche Sportart? Egal!
Genau. Das dreht sich jetzt aber. Bald gibt es neue Olympiasieger, die mehr im Fokus stehen. Deswegen sollte man schon Inhalte liefern. Man kann nicht ewig von einem Titel leben. Aber da bin ich auf einem guten Weg. Ich hab' auf meiner Visitenkarte auch nicht Olympiasieger stehen. Wer sich über mich informiert, wird auf Olympiasieg stoßen, aber deswegen muss man das nicht groß zur Schau tragen.




Autor: Thomas Becker