Der WM-Titel hat den deutschen Fußballern im Jahr 2014 300.000 Euro pro Nase eingebracht. Ein ähnlicher Titelgewinn im Bob bringt Toppilot Johannes Lochner höchstens ein bisschen Extrageld von der Sporthilfe. „Für einen Weltcup-Sieg bekommt man vielleicht 1000 Euro Preisgeld. Ein guter Satz Schlittenkufen kostet aber 10.000 bis 15.000 Euro. Und wenn man gute Chancen haben will, braucht man mehr als einen Satz.“ Von einem Bob gar nicht zu reden – der kostet gleich mal 100.000 Euro. Zum Glück zahlen der Bob- und Schlittensportverband für Deutschland (BSD) und persönliche Sponsoren den Großteil der Zeche dafür.
Obwohl Weltfirmen wie BMW zu den Sponsoren des Verbandes gehören – Bobfahren ist kein Sport zum Reichwerden. „Bobfahren ist vom Geld her sowas von Anti-Fußball. Aber trotzdem mache ich das, weil es einmalige Erlebnisse bringt und einfach Spaß macht. Ich mache es so lange, wie ich erfolgreich bin und mein Dad mitspielt“, hat Lochner gesagt.
Das Talent für die rasante Fahrt durch den Eiskanal liegt bei ihm in der Familie: Onkel Rudi Lochner gewann 1992 in Albertville Olympiasilber. Außerdem ist Johannes in Berchtesgaden unweit der Bobbahn von Königssee aufgewachsen. „Außerdem bin ich von jeher sportverrückt und ein Adrenalin-Junkie“, berichtet Lochner. Deshalb konnte er auch dem Lockruf der Formel 1 des Wintersports nicht widerstehen, obwohl er eigentlich ganz andere Pläne mit seinem Leben hatte.
Johannes Lochner wollte die Elektrofirma seine Vaters mit etwa 20 Mitarbeitern übernehmen und baute deshalb zunächst sein Diplom an der höheren technischen Lehr- und Bundesanstalt in Salzburg. Danach startete er an der TU München ein Studium der Elektro- und Informationstechnik. Doch mitten auf diesem Weg kam der sportliche Erfolg: Obwohl erst 2011 so richtig mit dem Bobfahren begonnen hatte, stellten sich für das Naturtalent schnell große Erfolge ein.
In seiner ersten richtigen Saison in der Weltelite gewann Lochner 2015 sensationell Silber im Zweier. Inzwischen hat er schon drei Weltmeistertitel auf dem Konto und ist mit seinem Team aktueller Weltmeister und Europameister in der Königsdisziplin Vierer. Papas Elektrofirma wird Lochner nun erst nach Ende seiner sportlichen Karriere übernehmen.
Selbst wenn man die ganze Karriere supererfolgreich ist, Olympiasiege und WM-Titel hole und jeden Cent umdrehe, sei es nahezu unmöglich, mit Bobfahren das Geld für ein Haus zusammenzusparen. Das hängt damit zusammen, dass die „Formel 1 des Winters“ medial ein Randsport ist – auch bei Facebook hat sein Team nur gut 1600 Follower und bei Instagram nur knapp 1000 - und noch dazu sehr teuer.
Neben dem Material wie Bobs (ein Zweierbob kostet übrigens um die 75.000 Euro) müssen Piloten wie Lochner auch noch ihre Anschieber bezahlen und Trainingslager finanzieren. Johannes Lochner hat das clever gelöst: Das Geld für seinen Kopfsponsor (Angermaier) und Werbeflächen am Bob bekommt der extra für ihn bestehende Bobverein Stuttgart Solitude.
Im Gegenzug zahlt der Club alle laufenden Kosten. „So eine Saison kostet mal bis zu 50.000 Euro für den Transport der Bobs, Unterkünfte, Reisekosten. Durch diese Regelung bin ich stressfrei unterwegs“, sagt Lochner. Das Geld vom Sponsor Überkinger fließt direkt an ihn, ansonsten hält sich der Student mit Unterstützung seines Papas und der Eliteförderung der Sporthilfe über Wasser. „Wenn tatsächlich etwas übrigbleibt, wird es sofort in das Material reinvestiert“, sagt Lochner. Ansonsten ist er schon im eigenen Team gegen Toppiloten wie Weltmeister Francesco Friedrich chancenlos.
Die besten Fahrer bekommen vom Verband das beste Material und partizipieren entsprechend ihres Erfolg auch von den Sponsoreneinnahmen des BSD durch Großunternehmen wie der Deutschen Post oder BMW. Deshalb sind die Olympischen Spiele 2018 in Pyeongchang das große Ziel von Johannes Lochner.
Dort gibt es nicht nur 20.000 Euro Goldprämie von der Sporthilfe. Sondern auch die Aussicht auf mehr. „Wenn Du Doppel-Olympiasieger wirst, kriegst du auch Sponsoren“, sagt Lochner. Dann könnte aus dem teuren Hobby am Ende doch noch ein zumindest kleiner finanzieller Erfolg werden.
Doch für Lochner wurde Südkorea zur Enttäuschung: Platz 5 im Zweierbob und Platz acht im Viererbob waren für die Ansprüche des Welt- und Europameisters zu wenig. Wie er die Olympia-Bilanz seines Onkels (einmal Silber in Albertville) trotzdem noch toppen kann? "Ich muss doch noch vier Jahre weitermachen. Hilft ja nichts", sagte Lochner der Stuttgarter Zeitung.
Johannes Lochner lebt als Leistungssportler natürlich grundlegend sehr gesund. Eine Sünde gönnt er sich aber wieder mal: „An großen, fetten Burgern komme ich einfach nicht vorbei.“
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