„Felix, machst du noch ein Bild mit uns zwei Saftschubsen?“, fragte die junge Frau den Vielbegehrten. Klar, machte er. Auch wenn es womöglich schon das 200. oder 300. Selfie war, für das er an diesem Tag posierte. Aber so ist das nun mal, wenn man seit vielen Jahren nicht nur Deutschlands bester, sondern auch beliebtester Skifahrer ist.
Es sollte das letzte Mal sein, dass Felix Neureuther als Aktiver über die größte Sportbusiness-Messe der Welt lief. „Jetzt fahre ich erst mal die WM in Are und danach die Weltcupsaison zu Ende“, sagte er beim Besuch bei seinem Sponsor Uvex in Halle B6, „danach wird es dann eine Entscheidung geben, dann sehen wir weiter.“
Die Entscheidung ist inzwischen gefallen. Am 16. März postete Deutschlands Skiidol auf Facebook und Instagram ein bewegendes Video, in dem er die Fans auf eine Zeitreise durch seine Sportkarriere mitnimmt. Dazu ein großes „Danke!!!“ an seine Fans und die Verkündung seines Karriereendes: „Mein Herz und vor allem mein Körper haben mir in den letzten Monaten deutlich zu verstehen gegeben, dass es an der Zeit ist, dieses für mich so wunderschönes Kapitel 'Skirennsport' zu beenden. Morgen werde ich zum letzten Mal im Starthaus stehen, die Piste runterschauen, tief einatmen, das Adrenalin spüren und mit einem riesengroßen Lächeln meine letzten Slalomtore fahren.“
Dass diese Entscheidung mit seiner im vergangenen Jahr gewachsene Familie zu tun hat, steht außer Frage und bekam an diesem zweiten Tag der ISPO Munich weiter Nahrung: Neben ihm stand Papa Christian, und eine Halle weiter im Health & Fitness Forum in A6 beantwortete seine Frau Miriam die Fragen eines Moderators – Neureuther-Family goes ISPO!
Eine Woche vor dem Abflug zu seiner letzten Ski-WM nach Schweden schüttelte Felix Neureuther lieber keine Hände: zu groß war ihm die Ansteckungsgefahr. Dabei könnte er mit dem unlängst gebrochenen Daumen schon wieder ordentlich zupacken – das letzte Rennen, den Nachtslalom in Schladming, bestritt er schon wieder ohne die Schiene am Daumen. Auch das nach einem Kreuzbandriss operierte Knie wurde wieder kräftiger, und dennoch fehlten ihm im Vergleich zur Konkurrenz so einige Trainingskilometer.
Bis Samstag wollte er noch daheim durch die Stangen wirbeln, dann ging es nach Norden, ins bitterkalte Are, wo ganz anderer, „aggressiver“ Schnee wartete, wie die Skirennläufer sagen. Auf den musste dann das Set-up ausgerichtet werden, ehe am übernächsten Sonntag, 17. Februar, der WM-Slalom anstand.
„Favoriten sind die anderen“, meinte Neureuther, aber „ein Wörtchen mitreden“ wollte er dann schon. Papa Christian meinte: „Mein Top-Favorit ist natürlich der Felix. Ich weiß, wie der skifahren kann! Da kann auch der Hirscher vom Gefühl her noch was lernen.“ Darauf der Junior: „Wir haben halt keine Kraft, deswegen müssen wir mit Gefühl fahren.“ Den Riesenslalom hatte der Garmischer dagegen abgehakt: „Ich will nicht am Start stehen, nur um am Start zu stehen. Das mag ich nicht.“ Will sagen: Wenn keine Medaille in Reichweite ist, ist Neureuther raus.
Eine WM-Medaille blieb dem Vater in seiner Karriere versagt. 1978 beim Heimspiel in Garmisch-Partenkirchen war er mit Rang sechs nah dran. Wie immer war er damals „oben ohne“ unterwegs: ohne Helm und ohne Skibrille – undenkbar heute. „Deswegen hat er heute auch so wenig Haare“, frotzelte der Sohnemann, doch der Senior parierte: „Der Felix soll mal die Mütze abnehmen – bei ihm geht’s nämlich auch schon los.“
Heute ist Opa Neureuther natürlich vorschriftsmäßig behelmt auf der Piste unterwegs, gerade wenn er den dreijährigen Enkel dabei hat: „Der hatte gerade sein erstes Kinderskirennen – und gewonnen!“ Felix fügte an: „Man muss dazu sagen, dass er auch der einzige war, der durch alle Tore gefahren ist.“
Bei der kleinen Matilda wird es mit dem Skifahren noch ein wenig dauern, aber im Schlitten im Schlepptau von Mama Miriam ist die jüngste Neureutherin auch schon in der Winterwelt unterwegs. Die Biathletin und Langläuferin wollte eigentlich schon heuer wieder ins Wettkampfgeschehen einsteigen, doch als junge Mutter lässt sich das halt nicht so gut planen.
„Mein Leben hat sich im letzten Jahr halt komplett geändert“, erzählte sie, „ich trainiere zwar fast jeden Tag, aber im Moment sind andere Themen präsenter. Von heute auf morgen steht man nicht mehr selbst im Mittelpunkt, und als Leistungssportler musst du einfach egoistisch sein. Jetzt passe ich mein Training an Matilda an und trainere auch mal mittags, wenn sie schläft – früher habe ich nie mittags trainiert, sondern selber geschlafen. Aber ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben.“ Und das ist und bleibt ja wohl das Wichtigste.
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