Ich bin in Istanbul geboren und in Deutschland aufgewachsen. Meine Laufbahn habe ich angefangen, indem ich Bankkauffrau gelernt habe. Aber mein Ziel war es immer, zu reisen. Ich war immer unruhig. Und irgendwann habe ich gedacht: Du musst in die Reisebranche gehen! Ich war damals 22, bin zu einem Studienreiseveranstalter gegangen, wo ich den Nahen Osten bearbeitet habe. Ich bin sehr glücklich, dass ich in dieser Zeit Länder gesehen habe, die man heute gar nicht mehr besuchen kann. 1997 bin ich nach München gezogen und habe durch Zufall eine offene Stelle bei der Messe München entdeckt, die für mich interessant war. Und seit 25 Jahren bin ich bei der Messe München.
Wie waren deine Anfangsjahre bei der Messe?
Angefangen habe ich in der Rechtsabteilung. Dort habe ich unter anderem für alle Messen bei nicht zahlenden Ausstellern auf dem Gelände die offenen Posten eingetrieben. So hatte ich auch einen sehr engen Kontakt zum ISPO-Team. Mein Wunsch neue Aufgaben zu übernehmen haben mich bewogen ins ISPO-Team zu wechseln. Mit einem sehr jungen, lieben Kollegen habe ich dann drei Action Sports-Hallen betreut.
Von der Rechtsabteilung zum Action-Sport – gegensätzlicher könnte es kaum sein, oder?
Die Action-Hallen waren damals außergewöhnliche und angesagte Hallen: Top Brands, Party, Highlife, junge Menschen mit einer eigenen Sprache, in die ich mich erstmal „einarbeiten“ musste. Aber ich habe mich sehr schnell eingewöhnt und war sechs Jahre für diese Hallen zuständig. Es war eine wundervolle Zeit.
Wie ging es danach weiter?
Danach bin ich – man könnte sagen meinem Alter entsprechend – von der hippen Jugend in den Bereich Textrends und Sourcing gewechselt und wurde dort Community Managerin.
Und wie ist es dort?
Angenehm, aber total anders. Es ist strukturierter, organisierter und auch deutlich professioneller. Ohne die Manufacturer und Supplier Branche wäre die ISPO Munich nicht das, was sie ist. Manufacturer & Supplier ergänzen sich wunderbar mit den Brand Hallen. Das Spannende an diesen Bereich ist deren Innovationsfähigkeit. Die besonders innovativen Stoffe, Fasern und Accessoires prämieren wir zweimal im Jahr mit dem ISPO Textrends Award. Diese werden von einer Jury aus internationalen Designern, Trendexperten, Textilinstituten und Journalisten nach Leistungseigenschaften, Haptik, Kreativität, Innovationsgrad, Nachhaltigkeit und Multifunktionalität ausgewählt.
Wo siehst du deine Stärken in der Arbeit mit den Kunden?
Bei der Kommunikation mit meinen Kunden helfen mir meine türkischen Wurzeln und meine südländische Art. Ich war immer in Dienstleistungsunternehmen tätig. Das prägt und für mich sind die Kunden das wichtigste, egal ob sie 20 oder 150 Quadratmeter gebucht haben. Ich liebe meinen Job. Ich liebe es, im ISPO-Team zu arbeiten. Und daher wohl auch mein Status als „die gute Seele des Teams“ und Mama der Abteilung.
Mama der Abteilung?
Ich schaue, dass es dem Team gut geht. Mir macht es Spaß, Themen zu organisieren wie z.B. Geburtstage, kleinere Feiern oder die kleinen Annehmlichkeiten im Ausstellerbüro. Ich glaube, ich bin hier so ein bisschen die Mama des Teams. Es ist schön zu spüren, dass mir das Team hier großes Vertrauen entgegenbringt. Ich liebe meinen Job, und ich bedaure sehr, dass es im April zu Ende ist, wenn ich in Altersteilzeit gehe.
Was wünschst du dir für deine letzte ISPO Munich?
Von der ISPO Munich erhoffe ich mir, dass sie genauso wird wie in all den Jahren. Hektisch, voll, zehn Stunden Arbeit am Tag, sodass wir müde und fertig sind, aber am Ende sagen können: „Geil war‘s wieder!“ Und vielleicht komme ich ja irgendwann in Zukunft mal wieder für ein paar Stunden zurück. Denn ich werde mit Sicherheit weiterarbeiten. Aber ich bin schon traurig. Ich wäre gern noch einmal 40, um auch die nächsten 20 Jahre mitzugestalten.
Trotz aller Krisen und Herausforderungen aktuell?
Ja, Herausforderung ist meine Stärke. Je schwieriger die Situation, desto mehr fällt mir eine Lösung ein. Wenn man eine positive Einstellung zum Arbeiten und Weiterdenken hat, kann man jede Aufgabe meistern. Und man kann sie optimal lösen. Aber man muss bereit sein, nicht nur von 9 bis 17 Uhr zu denken und dann nach Hause zu gehen.
An welche Begegnungen in deiner Messe-Zeit denkst du besonders gern zurück?
All die Menschen, die ich in dieser Zeit kennengelernt habe: Aussteller, Verbandsmitglieder, Auslandsvertreter, Jury Mitglieder, das ISPO-Team, Kollegen aus anderen Abteilungen der Messe München usw. Ansonsten waren für mich Auslandsreisen, etwa für Messen in Shanghai oder Taiwan, die Premier Vision in Paris oder die Modtissimo in Portugal, echte Highlights. Sich mit den Menschen in den fremden Ländern austauschen zu können, war genau meins. Ich kommuniziere gern und gehe auch auf fremde Menschen zu, die ich kennenlernen möchte.
Wie hat sich in deinen Augen die ISPO Munich, aber auch die Sportwelt in dieser Zeit verändert?
Unsere Kunden wollten über die Jahre stets immer mehr. Wir sind dem gerecht geworden, indem wir viele Projekte außerhalb einer üblichen Messe ins Leben gerufen haben: Wir haben ISPO.com, den ISPO Collaborators Club, ISPO Textrends Award oder auch ISPO Brandnew für Startups geschaffen. Wir haben uns ständig weiterentwickelt und den Bedürfnissen der Branche angepasst - und dann kam Covid. Und damit verbunden viele Herausforderungen, aber auch viele Chancen für die Sportindustrie. Das hat auch uns betroffen. Aber sowas lässt alte Hasen wie mich nicht aufgeben. Wir bemühen uns, Neues zu schaffen und das Alte mit einzubeziehen. Es hat sich schon viel verändert und es wird sich noch viel ändern, aber das Bedürfnis nach einem persönlichen Treffen wird bleiben.
Man merkt, du brennst für deine Arbeit. Bleibt denn da noch Platz für Hobbies oder andere Leidenschaften in deiner Freizeit?
Meine Leidenschaft ist nach wie vor das Reisen. Ich besuche meine Familie und Freunde regelmäßig in der Türkei. Ich bin ein sehr familiärer Mensch, habe einen Sohn und eine sechsjährige Enkelin. Und ich liebe es, jeden Tag aufs Neue etwas zu entdecken.
Als ich vor zwei Jahren wegen Corona von zu Hause aus arbeiten musste, musste ich mich erst daran gewöhnen. Es war eine große Umstellung. Sport zu machen hat mir dabei geholfen. Ich habe angefangen regelmäßig Fahrrad zu fahren und zu laufen.
Wie wird es nach dem März für dich weitergehen?
Abschied nehmen und nicht mehr im Team ISPO zu arbeiten, wird mir sehr schwerfallen. Eins ist sicher: Ausruhen und Nichtstun werde ich nicht. Ich hoffe, ich werde noch sehr viele Orte, Städte und Regionen bereisen und erkunden. Ich werde das Team und meine Arbeit sehr vermissen, aber ich glaube, auch einige meiner Kollegen werden mich vermissen. ?
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