ISPO.com: Nach 16 Jahren mit Mammut haben Sie einen neuen Sponsor. Auf der ISPO Munich sieht man Sie zum ersten Mal mit The North Face.
David Lama: Ja, das ist ganz neu. Ich hatte eine tolle Zeit mit Mammut. Die Marke hat mich und meine Entwicklung immer sehr gut unterstützt und ich denke, wir haben uns als Freunde getrennt. Das ist mir wichtig.
Warum dann der Wechsel?
Ich habe schon immer eng mit meinen diversen Partnern zusammengearbeitet, gerade auch, was die Produktentwicklung betrifft. Ich denke, es ist wichtig, dass ich als Athlet voll hinter dem Produkt stehen kann. Ich bin mit einem sehr guten Gefühl zu The North Face gegangen, weil die Produkte von Haus aus schon auf einem sehr guten Level sind. Bei TNF habe ich aber noch stärker als bisher die Möglichkeit, bei der Entwicklung Input zu geben.
Wie muss man sich das vorstellen?
Der Kontakt ist sehr eng. Ich war erst in der vergangenen Woche für drei Tage in den USA, um mich mit den Entwicklern abzustimmen und schon einzelne Projekte anzugehen.
Klingt nach einer guten Situation – Sie können quasi Ihre eigene Ausrüstung designen.
Ja, absolut. Wenn die Produkte auf mich und meine Projekte abgestimmt sind ist das natürlich eine große Unterstützung. Das ist eine lässige Geschichte. Aber das ist erst einmal nur die Produktseite. Bei TNF geht es für mich ja nicht um einen Job als Entwickler. Ich bin nach wie vor zuerst einmal Bergsteiger. TNF macht jedes Jahr einige große Expeditionen der eigenen Athleten möglich. Das ist natürlich eine großartige Möglichkeit. In Summe haben wir da einfach ein sehr gutes und stimmiges Paket geschnürt.
Kommen mit dem neuen Sponsor auch neue Ziele?
Ich habe noch einige offene Projekte in Nepal. Zum einen die Annapurna 3, die Südostkante. Die ist nach wie vor ungeklettert. Das ist ein Ziel, das ich schon früher angegangen bin. Im Frühjahr 2017 war ich zum ersten Mal dort, um eben die Annapurna 3 zu versuchen. Wir haben damals einen neuen Highpoint erreicht, waren aber noch nicht am Gipfel. Das möchte ich zu Ende bringen. Der Lunag Ri zwischen Nepal und Tibet wartet auch noch auf mich. Dort war ich 2015 und 2016 gemeinsam mit Conrad Anker unterwegs. Bis heute ist der Berg unbestiegen, es war noch nie ein Mensch auf dem Gipfel. Mehr Entdeckergeist kann in einem Projekt nicht stecken – das ist super reizvoll.
Sie wirken auch im Umgang mit Ihren Sponsoren immer sehr klar.
Mir persönlich fällt es nicht schwer, zu Ideen oder Projekten auch einmal nein zu sagen. Das ist sicher eine Sache der Einstellung. Ich bin aber auch in einer privilegierten Position, die ich mir über Jahre aufgebaut habe. Für mich ist Ehrlichkeit dabei das Wichtigste. Entscheidend ist, dass man sich selber gut kennt und sich treu bleibt – das gilt im Übrigen auch für TNF, die können sich ja auch nicht verbiegen, nur um mir gerecht zu werden.
Ihre Expedition und der Film zum Cerro Torre hat Sie zu einem breiten Publikum bekannt gemacht. Verspüren Sie einen Druck, das noch einmal zu toppen?
Es ist mein persönlicher Anspruch, immer das Beste zu geben. Die Ziele, die ich mir stecke sind aber immer persönlich motiviert. Es geht darum zu schauen, was einen genau reizt. Es geht gar nicht immer nur um die reine Schwierigkeit. So eine Expedition ist einfach ein großes Gesamterlebnis. Mir geht es nicht darum, den Cerro Torre auf einer kommerziellen Ebene noch einmal zu toppen. Die Ziele, die ich mir stecke, haben allesamt einen besonderen Reiz für mich.
Das erlebt man auch in den Bildern und Filmen von Ihren Expeditionen. Wie wichtig ist Ihnen diese Art der Dokumentation?
Das ist ein Teil meines Tuns, der mich wirklich fasziniert. Das ist sicher bei vielen Athleten anders, aber für mich ist dieses Storytelling eine kreative Herausforderung. Es nicht leicht, die Geschichten, die sich am Berg ergeben, für andere Leute nacherlebbar zu machen. Ich finde es sehr schön, wenn ich die Leute auf meine Reisen und Expeditionen mitnehmen, ihnen die Herausforderungen zeigen kann.
Das sehe ich aber nicht als mein primäres Ziel. Das ist eher eine Zusatzaufgabe, die spannende finde. Ich mache das, weil mir meine Expeditionen und meine Erlebnisse extrem viel zurückgeben. Ich kann mich ausdrücken und meine Ideen verwirklichen, das ist das Schöne. Das habe ich am Cerro Torre geschafft. Und ich hoffe, das gelingt mir auch bei den nächsten Expeditionen in Nepal wieder. Mir geht es auch darum zu zeigen, wie meine Haltung dem Berg gegenüber ist.
Für Ihr Storytelling nutzen Sie die digitalen Kanäle sehr gut, wirst nahbar.
Das ist sicher ein Aspekt, der in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden ist. Aber auch hier darf man sich nicht verbiegen. Jeder muss seine eigene Linie finden. Natürlich gehört das zu einem gewissen Teil zu dem, was ich machen und wie ich es mache. Ich sehe aber vor allem die kreative Herausforderung, der ich mich sehr gerne stelle.
Wo ziehen Sie dabei die Grenzen?
Eine Live-Berichterstattung aus dem Basecamp oder ähnliches, das interessiert mich derzeit nicht. Vielleicht kommt das irgendwann – das kann ich nicht ausschließen. Wichtig ist, dass es sich richtig anfühlt und zum Projekt passt. Was ich nicht machen werde sind Projekte nur, um einen Film darüber zu machen. Das Storytelling, über das wir vorhin gesprochen haben, ist für mich wichtiges Beiwerk, aber nicht der Antrieb.
Hinweis der Redaktion: David Lama wurde am 16.04.2019 zusammen mit Hansjörg Auer und Jess Roskelley in den kanadischen Rocky Mountains von einer Lawine erfasst. Am Ostersonntag (21.04.2019) wurden die Leichen geborgen. Wir trauern um drei großartige Menschen. Unser Mitgefühl ist bei den Angehörigen.
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