Als die ersten Takte von „Conquest of Paradise“ aus den Lautsprechern wummern, stellt es sich sofort ein, das Gefühl, das viele Kinder der 1980er und 1990er Jahre früher an Samstagabenden hatten, wenn sie ausnahmsweise länger aufbleiben durften.
Wenn Henry Maske kämpfte und zu dem Vangelis-Song in die Halle einlief, Olympiasieger und Boxweltmeister im Halbschwergewicht, schien sich regelmäßig halb Deutschland vor dem Fernseher zu versammeln. Inzwischen ist Maske 54 Jahre alt und hat das Boxen längst aufgegeben: Bei der ISPO Munich 2018 versammelten sich trotzdem zahlreiche Fans, um sich und ihre Kinder mit Maske zu fotografieren.
Auf dem Health & Fitness Forum in Halle A6 schilderte der Ex-Weltmeister, wie verbunden er dem Boxsport immer noch ist. Das scheint auch daran zu liegen, dass der Sport für Maske eine Schule fürs Leben war. „Im Ring hat man alles abgegeben“, sagte er. „Was davor war, zählt nicht mehr.“ Und egal, welche Auseinandersetzungen man mit seinen Gegnern hatte: „Innerhalb von zwölf Runden entwickelt man höchsten Respekt vor dem Gegner.“
Maske war in den 1980er Jahren einer der weltweit besten Amateurboxer, anschließend wechselte er zu den Profis, wo er 31 von 32 Kämpfen gewann. Sein Spitzname war „Gentleman“, weil er öffentlich stets sehr zurückhaltend agierte und häufig auf das typische verbale Kräftemessen vor den Kämpfen verzichtete.
Neben seinen Boxtiteln ist er auch Träger des Bundesverdienstkreuzes, der Goldenen Kamera und eines Bambis für das Comeback des Jahres 2007.
Anders als zu seiner aktiven Zeit seien Boxkämpfe keine gigantischen Fernsehereignisse mehr, sagte Maske. „Der Großteil der Gesellschaft spricht heute nicht mehr übers Fernsehen. Man kann die Leute aber anders abholen.“ Dass das Interesse am Boxen irgendwann ganz abstirbt, glaubt Maske indes nicht. Dazu sei der Sport viel zu komplex und trainiere den Körper so umfassend wie kaum eine andere Übung.
„Beim Boxen geht es nicht um Kraft. Es geht um Fitness, um Kondition, es gibt Tempowechsel. Dann kommt noch ein Gegner dazu. Den kann ich mit einem Plan begegnen, aber ich muss immer nachdenken: Wie passe ich mich an? Der Geist ist gefordert, die Konzentration.“
Seine Expertise bringt Henry Maske, der als Franchisenehmer mehrere McDonald’s-Filialen betreibt und sich mit einer Stiftung für benachteiligte Kinder einsetzt, immer noch ein. Erst vor Kurzem wurde bekannt, dass der Ex-Weltmeister einen Vertrag mit dem Boxausrüster sports2be geschlossen hat.
Er fungiert als Markenbotschafter und berät das Unternehmen bei der Konzeption von neuen Produkten. Auch Sandsäcke seien nicht gleich Sandsäcke, Produktdesigner allein bräuchten die Erfahrung von Boxern, damit sie neuere und bessere Varianten entwickeln könnten, sagte Maske.
Dass es mittlerweile viele Apps und Plattformen gibt, die komplette Box-Workouts anbieten, ist nach Maskes Meinung keine große Neuerung im Boxsport. „Natürlich ist das im Kommen, aber eigentlich ist es überhaupt nichts Neues: Schon vor 30 Jahren gab es Lehrvideos“, sagte er. Unbedingt achten sollten Amateurboxer aber darauf, dass das Lehrmaterial professionell erstellt sei, sonst könne man sich leicht verletzen.
Potenzial sieht Maske dagegen bei Tracking-Systemen, wie sie das US-amerikanische Unternehmen Hykso herstellt. Dabei werden Boxhandschuhe mit kleinen Chips versehen, die dann Schlaghärte, Geschwindigkeit, Schlagzahl und die Ausführungsqualität messen.
„Im Workout ist es sehr hilfreich zu sehen: Wo kann ich anpassen, wo kann ich mich verbessern?“ Einerseits natürlich für Fachmänner und -frauen und Profis, aber auch für Amateure sei die Technik reizvoll. „Die Leute wollen sich beim Boxen ja nicht nur auspowern“, sagte Maske. „Sie wollen es vor allem auch gut und richtig machen.“
Die Gefahr, dass Amateure eher mit der Technik spielen als wirklich zu trainieren, sehe er nicht gegeben. „Unser Sport ist einfach ein sehr harter Sport“, sagte Maske. Der Fokus liege ganz klar darauf, seinen Körper zu nutzen, nicht auf Spielereien.
Ein Tracking-System und eine App würden eher helfen, die Kämpfer zu motivieren und zu begeistern – vielleicht sogar im Breitensport. „Wenn das auch in Deutschland umgesetzt wird, glaube ich, dann könnte das Boxen einen Riesensprung machen.“
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