Auf dieser Liste – weil sie Chinas Olympia-Heldin werden soll
Eigentlich heißt Gu Ailing gar nicht Gu Ailing, sondern Eileen Gu. Und genau genommen ist sie auch keine Chinesin – sondern ein Sunshine Girl von der US-Westküste, geboren in San Francisco. Doch im Vorfeld der Winterspiele hat die Tochter eines amerikanischen Vaters und einer chinesischen Mutter mit einem spektakulären Wechsel für Aufsehen gesorgt. Sie ist vom US-Skiteam zur chinesischen Nationalmannschaft gewechselt. Und weil China keine doppelte Staatsangehörigkeit kennt, soll die aktuelle Doppel-Weltmeisterin in der Halfpipe und im Slopestyle nun als Gu Ailing mit chinesischem Pass zum einheimischen Superstar der Winterspiele 2022 werden.
Mit diesem Aufsehen erregenden Schritt, nach dem sie Morddrohungen erhielt, will die Freestyle-Skierin zur Verständigung zwischen den beiden Völkern beitragen: „Wenn ich in den USA bin, bin ich Amerikanerin, aber wenn ich in China bin, bin ich Chinesin.“ Ihre „unglaublich schwere Entscheidung“ erklärte sie in einem langem Posting auf Instagram, in dem sie schrieb: „Die Möglichkeit, während der Olympischen Winterspiele 2022 in China, wo meine Mutter geboren wurde, Millionen junger Menschen zu inspirieren, ist eine Gelegenheit, die ich in meinem Leben nie mehr bekomme.“
Auf dieser Liste – weil er der Michael Schumacher des Eiskanals ist
Francesco Friedrich (Spitzname „Franz“) ist: eigentlich unschlagbar. Mit dem Doppel-Olympiasieg 2018 und elf WM-Titeln ist der Deutsche auf dem besten Weg zum erfolgreichsten Bobfahrer aller Zeiten. Wenn Experten gefragt werden, wer „Friedrich den Großen“ in Peking besiegen könnte, fehlt den allermeisten ein passender Name. Und wenn deutsche Sportfans im Februar 2022 Geld auf einen Olympiasieg wetten wollen, ist die Kohle bei Francesco Friedrich wahrscheinlich gut angelegt.
Der Franz dominiert das Bobfahren so wie sein Idol Michael Schumacher von 2000 bis 2004 die Formel 1. „Ich habe bei Schumacher dieselbe Mentalität wie bei mir selbst gesehen. Er wollte immer gewinnen, hat aus jedem Teammitglied das Optimale herausgeholt“, erklärte der Winter-Schumi der „Sächsischen Zeitung“. Er gilt als ebenso detail- und erfolgsbesessen wie die Ferrari-Legende – nur eben mit Kufen statt mit Motor: „Da bin ich wie Schumi. Wenn man diese Mentalität nicht hat, ist man kein Siegfahrer, dann ist man immer nur gut dabei."
Auf dieser Liste – weil ihm nicht nur Winnie Puuh die Daumen drückt
Mit Rückschlägen umzugehen, hat Japans Wintersport-Superstar Hanyū Yuzuru schon als kleines Kind gelernt. Er leidet seit seiner Geburt an chronischem Asthma, das ihn im Alltag und im Sport einschränkt. Vor den Winterspielen in Südkorea 2018 war er monatelang am Knöchel verletzt. Und mit dem gleichen Handicap kämpft er auch zum Start der Olympiasaison 2021/22. Doch all das hat ihn nicht daran gehindert, auf dem Eis Geschichte zu schreiben.
Nach seinen Goldmedaillen 2014 in Sotschi und 2018 in Pyeongchang will Yuzuru in Peking als erster Eiskunstläufer seit dem Schweden Gillis Grafström (1920 bis 1928) bei drei Winterspielen in Folge Gold gewinnen. Dafür muss er aber Weltmeister Nathan Chen aus den USA besiegen – es dürfte eines der spektakulärsten Duelle von Olympia 2022 werden.
Ganz Japan drückt seinem „Eisprinzen“ die Daumen, der nach dem Tōhoku-Erdbeben von 2011 zahlreiche Hilfsprogramme für sein Land gestartet hat. In Peking dürfte es dann wieder Winnie Puuh-Stofffiguren aufs Eis regnen. Denn seine Fans wissen, dass Hanyū Yuzuru ganz vernarrt in den Disney-Bären ist. Bei einem Wettbewerb in Finnland wurden über 1.000 Winnie Puuhs gezählt – die der Superstar dann für Kindergärten und Schulen stiftete.
Auf dieser Liste – weil sie für ihren Vater Gold gewinnen will
Bis zum 2. Februar 2020 war die Welt von Mikaela Shiffrin sehr in Ordnung. Sie war mit zwei olympischen Goldmedaillen und fünf WM-Titeln auf dem besten Weg zur erfolgreichsten Skirennläuferin aller Zeiten – und das mit erst 24 Jahren. Doch dann starb ihr Vater und erster Trainer Jeff bei einem Unfall im Haus der Familie in Colorado. Mikaela Shiffrin geriet völlig aus dem Gleichgewicht, „es war meine schlimmste Verletzung, mein Herz war gebrochen“.
Sie unterbrach die Saison, konnte dann wegen Corona nicht nach Europa zurückkehren – und gewann erstmals seit 2016 keine einzige Weltcup-Wertung. Nach dem „Nebel in meinem Kopf“ ist sie nun zurück, als große Favoritin für Peking 2022. Gold für Papa Jeff könnte das Multitalent in allen fünf Disziplinen vom Slalom bis zur Abfahrt gewinnen.
Und wer weiß, ob sie 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo noch dabei ist. Monatelang fürs Skifahren um die Welt zu fliegen, wird für die belesene und engagierte Freundin von Norwegens Ski-Superstar Aleksander Aamodt Kilde immer schwieriger: „Es könnte einen Punkt geben, an dem ich meine Karriere aus Liebe zum Umweltschutz beende.“
Auf dieser Liste – weil sie auch als Mama auf Gold hofft
Natalie Geisenberger, die erfolgreichste Rennrodlerin der Geschichte, will in Peking nach 2014 und 2018 ihr drittes Einzel-Gold gewinnen. Ob die Bayerin aus Miesbach das schafft, ist noch längst nicht ausgemacht. Denn die Konkurrenz im deutschen Team, dem besten der Welt, ist riesig. Aber auch wenn es in Peking mit dem Hattrick nicht klappt, wird es die neunfache Weltmeisterin verkraften können. Denn ihr eigentlicher Goldschatz wartet ohnehin daheim auf sie: Söhnchen Leo, geboren im Mai 2020. Kein Wunder, dass in ihrem Instagram-Profil an erster Stelle steht, vor all den Medaillen: „Leo‘s Mami ??❤️.“
Als junge Mutter zurück in die Sport-Weltklasse – dieses Experiment startete Natalie Geisenberger nach der Geburt. Seitdem ist möglichst die ganze Familie mit an der Strecke, kümmert sich um den Junior, wenn Mami durch den Eiskanal rauscht. „Er ist der Mittelpunkt. Und wenn er Hunger hatte, war Trainingspause“, erinnert sich Natalie Geisenberger an die ersten Monate.
Mittlerweile hat sie schon wieder Weltcup-Siege eingefahren. Aber fünf Wochen Trennung von ihrem Sohn zu Beginn der Olympia-Saison waren hart, mit Vorbereitung und Rennen in Peking und Sotschi. Am Ende wollte die Rodel-Queen nur noch heim: „Morgen fahren wir nach Hause, da freue ich mich am meisten drüber. Dass ich endlich mein Kind in die Arme schließen kann.“
Auf dieser Liste – weil für sie Snowboarden nicht alles ist
Mit 21 ist die Kalifornierin schon seit sieben Jahren ein Superstar der Snowboard-Szene. In den USA ist sie dermaßen populär, dass sie das Time Magazin nach ihrem Halfpipe-Olympiasieg 2018 in die Liste der 100 einflussreichsten Menschen des Jahres aufgenommen hat. In die Wiege gelegt war ihr diese Weltkarriere nicht: Als ihr Vater 1982 aus Südkorea in die USA auswanderte, soll er nur 800 Dollar bei sich gehabt haben. Und das erste gebrauchte Snowboard der kleinen Chloe kostete gerade mal 25 Dollar.
Mittlerweile hat sich die Investition millionenfach ausgezahlt. Durch ihre Herkunft ist Chloe Kim in den USA und in Asien gleichermaßen beliebt und bei Sponsoren gefragt. Wenn sie sich für die Klimaschutz-Organisation Protect Our Winters (POW) engagiert, hört man ihr zu. Und wenn sie es bei der US-Version von „The Masked Singer“ als Qualle bis ins Halbfinale schafft, schauen Millionen zu. Zwischen 2019 und 2021 legte sie zwei Jahre Wettkampfpause ein, um in Princeton zu studieren. Nach Peking geht es mit dem Science-Studium weiter – aber dazwischen will Chloe Kim wieder Olympiasiegerin werden.
Auf dieser Liste – weil sie in Peking einen Olympia-Weltrekord aufstellen will
Wie unfassbar populär und wichtig das Eisschnelllaufen in den Niederlanden ist, können sich deutsche Sportfans kaum vorstellen. Und die Königin der Kufen ist Ireen Wüst, die Unverwüstliche. Sie hat seit 2006 in Turin bei vier Olympischen Winterspielen insgesamt fünfmal Gold gewonnen. Im Sommersport haben so eine Serie nur sechs Sportler geschafft, im Wintersport gab es das noch nie. Wenn Ireen Wüst in Peking bei den fünften Spielen hintereinander Gold gewinnt, ist das eine Leistung, wie es sie in der Olympischen Geschichte noch nie gab.
Im Februar bangen also die gesamten Niederlande, ob Peking 2022 für die große Ireen nicht doch ein wenig zu spät kommt. Doch sie glaubt auch mit 35 noch an den letzten Coup vor ihrem Rücktritt, den sie bereits angekündigt hat: „Je größer das Rennen ist, je wichtiger es ist, desto mehr kann ich das Beste aus meinem Körper herausholen.“ Ihr größter Fan ist Teamkollegin Letitia de Jong – mit der sich Ireen Wüst 2019 verlobt hat. Seitdem ist Hollands Superstar in der LGBTQ-Szene sogar noch beliebter als zuvor, falls das überhaupt möglich ist.
Auf dieser Liste – weil sie ihr Olympia-Trauma überwinden will
Eine 1,52 Meter kleine große Persönlichkeit ist seit gut zehn Jahren die Königin der Sprungschanzen. Mit 15 eroberte Sara Takanashi als Teenagerin die Szene. Die Japanerin wurde bestaunt und gefeiert wie ein Weltwunder. Seither hat sie 60 Weltcup-Springen gewonnen, stand 109 Mal auf dem Podium – ein Rekord für Skispringerinnen und Skispringer gleichermaßen. Sara Takanashi hat in ihren jungen Jahren schon alles gewonnen, was es in ihrem Sport zu gewinnen gibt – außer Olympia-Gold.
Denn das ist die Tragik ihrer (bisherigen) Karriere: Auch wenn man es kaum glauben mag, hat die fliegende Japanerin bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen noch nie Einzel-Gold geholt. Das ist ungefähr so, als wäre Franz Beckenbauer nie Fußball-Weltmeister geworden. Sotschi 2014 endete für sie in Tränen, als sie im zweiten Durchgang noch vom Bronze-Rang auf Platz vier zurückfiel. 2018 in Pyeongchang musste sie mit Bronze als Trostpreis zufrieden sein.
Sara Takanashis ganz große Dominanz im Weltcup ist zwar seit zwei, drei Jahren vorbei. Doch in Peking will sie ihr Olympia-Trauma abschütteln: „Ich habe meinen Sprung von Grund auf neu strukturiert. Es ist jetzt mein Sprung und er beginnt, Früchte zu tragen.“ Das Gemeine daran: Während die Männer auf der Normal- und der Großschanze zweimal um Medaillen springen, gibt es für die Skispringerinnen bei Olympia nach wie vor nur einen Einzelwettbewerb auf der Normalschanze.
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