Wer auf der OutDoor by ISPO am Stand der in Lwiw ansässigen Outdoormarke Turbat vorbeikommt, dem fällt schnell auf, dass hier eines fehlt: Männer. Sie dürfen die Ukraine aufgrund des Krieges nicht verlassen.
Nataliia Stadnyk, Head of Production der Marke, ist eine der Ukrainerinnen, die die Reise nach München auf sich genommen hat. Sie erzählt von täglich heulenden Sirenen, Outdoorequipment als Lebensretter und der Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
ISPO.com: Frau Stadnyk, es ist schön, auch ukrainische Firmen auf der OutDoor by ISPO zu sehen…
Nataliia Stadnyk: Wir wollten unbedingt auf die OutDoor by ISPO kommen. Schließlich hat jeder davon gehört, was momentan in der Ukraine passiert. Aber kaum einer weiß, wie es den Outdoormarken in unserem Land wirklich geht.
Wie ist denn die Situation der Firmen und Menschen?
Stadnyk: Fast alle produzieren jetzt fürs Militär. Schlafsäcke, Zelte, Campingkocher oder Erste-Hilfe-Kits werden von der Armee genauso gebraucht wie von den Menschen, die teilweise für Wochen oder Monate in Bunkern oder Metrostationen überleben müssen. Es ist paradox: Outdoor-Equipment ist eigentlich dafür gemacht, damit Menschen ihre Freiheit genießen können. Und jetzt hilft es dabei, die Freiheit zu verteidigen. Das haben wir auf unserem Stand mit dem dunklen Bomb Shelter versucht zu symbolisieren.
Es gibt neben dem Bomb Shelter aber auch einen hellen Stand mit den Produkten der ukrainischen Brands Turbat, Liteway, Fram und Idlo…
Stadnyk: Wir wollen nicht nur über die Vergangenheit und die Gegenwart reden, sondern vor allem an die Zukunft denken. Wir fiebern der Zeit entgegen, wenn unsere Produkte wieder Menschen einfach nur glücklich machen. Deshalb führen wir hier viele Gespräche mit Fachbesuchern, von denen viele überrascht sind, uns hier zu sehen.
Sie sind das erste Mal als Aussteller auf der OutDoor by ISPO…
Stadnyk: Das stimmt, das ist ein kleiner Lichtblick in dunklen Zeiten. Wir haben uns in der Vergangenheit bei der Outdoor und der ISPO Munich als Besucher Inspirationen geholt. Diesmal sind wir mit den anderen ukrainischen Firmen zum ersten Mal als Aussteller hier. Wir haben eine kleine Präsentation an die ISPO geschickt und dann wurden wir eingeladen. Wir mussten nichts für die Ausstellungsfläche bezahlen. Das ist eine ziemlich coole Aktion der ISPO.
Sind die Tage in München für Sie und die anderen Mitarbeiterinnen auch eine kleine Atempause vom Krieg?
Stadnyk: Natürlich. Es sind nur Frauen in München, weil die Männer wegen des Krieges nicht ausreisen dürfen. Alle vier Firmen kommen aus den westlichen und zentralen Regionen um Kiew und Lwiw. Jeden Tag heulen bei uns die Sirenen, dann müssen wir zwischen einer halben und zwei Stunden in den Luftschutzräumen warten. Bei uns in der Region Lwiw schlagen etwa alle zwei Wochen Raketen ein. Es ist also noch relativ ruhig, im Rest der Ukraine ist die Situation viel schlimmer.
Sind viele Angestellte der Outdoorfirmen in Ihrem Land ins Ausland geflüchtet?
Stadnyk: Nur einige. Die meisten wollen in ihrer Heimat bleiben. Viele haben einige Wochen gratis für die Armee-Produktion gearbeitet, aber sie müssen ja auch ihre Familien ernähren. Wir wollen mit unserem Auftritt auf der OutDoor by ISPO auch erreichen, dass uns allen das nach Ende des Krieges zusammen noch besser gelingt.
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