14.11.2017

Mehr als Cricket: Sport in Indien bietet beste Marktchancen

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Sport erlebt in Indien einen Aufschwung. Natürlich ist Indien berühmt für Cricket, doch das ist nicht die einzige beliebte Sportart. Das Land bietet sportliche Vielfalt und interessante Investitionschancen für internationale Sportunternehmen. Im Interview mit ISPO.com sagt ein Experte und Sport-Unternehmer: „Wir können mit Russland und China mithalten.“ Diese Chancen bietet der indische Sportmarkt. 

Nationalsport Cricket
Fokus Ball: Nicht nur Cricket, auch andere Ballsportarten sind in Indien beliebt

Der Aufschwung auf dem indischen Sportmarkt hat Studien zufolge im wesentlichen drei Gründe:

  • eine wachsende Mittelschicht,
  • ein höheres Einkommen
  • und gesteigertes Interesse an Sportevents (insbesondere seit der Ausrichtung der Commonwealth Games 2010, des Cricket World Cups und der Formel 1 2011).

Indische Regierung setzt auf Sport

Die indische Regierung hat das Ziel ein breites Sportangebot zu schaffen, auch um die steigende Fettleibigkeit bei Kindern zu bekämpfen. Im Leistungssport wurde das Ziel ausgegeben, bei den Olympischen Spielen 2020 zwanzig Goldmedaillen zu gewinnen.

Analysen sehen Indien davon aber noch weit entfernt. Der Sportartikelmarkt ist hauptsächlich geprägt von Ball- und Racketsportarten. 2013 machte Cricket auf dem indischen Sportartikelmarkt mit ungefähr 40 Billionen indischen Rupien (über 500 Millionen Euro) den größten Umsatz.

Fußball und Hockey im Aufwind, Badminton bei Jüngeren beliebt

Harit Mehta ist Direktor der Haren Textiles Pvt Ltd in Mumbai. Ein familiengeführtes Textilunternehmen, das sich auch auf Materialien für Sportswear spezialisiert hat und einen Umsatz von 27 Millionen US-Dollar macht. Mehta kennt durch seine langjährige Expertise die indische Sportbranche und -industrie genau. Für sein Unternehmen etablierte er europäische Standards, insbesondere im Bereich der Nachhaltigkeit, und arbeitet mit der Stanford Universität und Accenture zusammen. Außerdem ist er wissenschaftlicher Autor für Managementstrategien.

Wenn man an Indien und Sport denkt, denkt man an Cricket und vielleicht an Hockey. Ist das zu eindimensional?
Harit Mehta: Cricket bekommt das meiste Geld, aber es gibt viele andere Mannschaftssportarten, die wir in Indien spielen. Fußball und Hockey sind wieder im Aufwind. Tennis und Basketball sind in der oberen Mittelklasse sehr beliebt, Badminton ist vor allem bei den Jüngeren. Squash erlebt einen Aufwärtstrend unter jungen Männern in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern. 

Außerdem sind mehr und mehr Leute in Städten mit mindestens 20.000 Einwohnern von Personal Fitness Training und Gyms begeistert. Und in ländlichen Gebieten sind immer noch Ringen, Kabbadi – eine Mannschaftssportart ohne Spielgerät – und Guli Danda beliebt, ein cricketähnliches Spiel, von vielen Kindern gespielt, die sich keinen Cricket-Schläger leisten können.

Es sind besonders die Medien, die Cricket zu dem machen, was es ist. Aber ich sage auch: Pass auf Cricket! Es gibt eine Reihe Leute, die sich für andere Sportarten begeistern.

Harit Mehta, director Haren Textiles Pvt Ltd in Mumbai.
Harit Mehta, director Haren Textiles Pvt Ltd in Mumbai.
Bildcredit:
Harit Mehta

Absatz von Sportartikeln soll Industrie in Indien voranbringen

Was sind die Top Five Sportarten in Indien, gibt es da Zahlen?
Wir haben eine interne Studie gemacht, die gezeigt hat, dass die wichtigsten Sportarten Cricket, Hockey, Fußball, Badminton, Tischtennis und Tennis sind.

Wichtig ist auch zu wissen, dass die Kinder während ihrer Ausbildung die Sportarten wechseln. Was in der Schule trainiert wird, ist nicht unbedingt die Sportart, die dann im College oder später als Erwachsener betrieben wird.

Glücklicherweise fördern Schulen besonders in mittelgroßen Städten zwischen 20.000 und 100.000 Einwohnern mehr als eine Sportart. Insgesamt kommen die Kinder oft auf zehn Stunden Sport die Woche. In Großstädten ist Schwimmen auch sehr wichtig. Zudem wird mehr und mehr Fußball und Hockey gespielt und Leichtathletik gemacht.

Wichtig ist, dass Sport getrieben wird und Sportausrüstung – Schuhe, Bekleidung und Accessoires – gekauft wird. Das ist der Schlüssel für uns als Industrie Supply Chain und für unser Land.

Fast eine Milliarde junger Inder: Große Verkaufschancen

Wenn Sie an die Zukunft des indischen Sportmarktes denken, welche Probleme gilt es zu lösen?
Jeder, der Sport macht, egal ob jung oder alt, ob fachkundig oder unerfahren, muss unterstützt werden – ganz unabhängig davon, wie gut er ist. Unterstützt von seinen Eltern, von der Schule und vom Arbeitgeber.

Sport sollte auch immer für weniger Gebildete sein. Bisher fehlt hier diese Einstellung. Das muss sich ändern und das fängt zu Hause bei jeder Familie an.   

Welche (Sport-)Unternehmen - mit welchem Profil - haben besonders gute Chancen im indischen Sportmarkt?
Viele globale Marken sind hier vertreten. Und sie haben den Indern beigebracht, dass Sport Spaß macht. Die Regierung stuft Sport als ‚sehr wichtig’ ein. Mit fast einer Milliarde junger Menschen sind die Chancen gewaltig, hier Umsätze zu machen. ,Price it right' muss für alle Marken, ob groß oder klein, das oberste Prinzip sein. Es ist wichtig, etwas zu liefern, was wirklich gut für den Benutzer ist.

Daher spielt das Profil eines Unternehmens, das hier investieren will, keine Rolle. Wir haben in Indien unterschiedliche Klimazonen, daran müssen die Sportbekleidungs-Marken ihr Angebot anpassen. Und Firmen sollten Interessenten erlauben, Sportgeräte im Laden oder im Freien ohne Kaufverpflichtung zu nutzen. Wenn eine Marke das kann, wird sie erfolgreich sein. Indien ist ein wunderbares Land, in dem man Geschäfte machen kann.

Badminton: Indisches Mixeddoppel
Badminton ist beliebt bei jungen Leuten und auch im Leistungssport spielen die Inder eine gute Rolle
Bildcredit:
Imago

Indische Sportmarken brauchen Kompetenz

Die Digitalisierung ist inwischen eines der großen Themen. Auch in Indien? Und was bedeutet das für Sportunternehmen?
Die Preisgestaltung und die Herstellung von Sportgeräten und -bekleidung ist sehr wichtig. Unabhängig vom Alter ist dem indischen Sportler seine Leistung und seine Sicherheit bei der Ausübung seiner Sportart sehr wichtig. Die Marken müssen ihre Kompetenz und ihr technisches Können bei der Herstellung dieser speziellen Sportausrüstung unter Beweis stellen.

Die Digitalisierung hilft bei der Verbreitung von Informationen und zwingt eine Marke, den Bedürfnissen der Sportler nachzukommen. Celebrities, die eine Marke unterstützen, garantieren nicht ihren Erfolg. Nur gute Produkte tun das. Inder informieren sich offline, kaufen aber oft online, um zu sparen. Wenn eine Marke bekannt und vertrauenswürdig ist, wird der Online-Kauf bevorzugt.

Dazu haben wir auch eine interessante interne Studie: Käufer, die sich zwischen zwei Artikeln entscheiden müssen, wählen zu 72 Prozent einen Artikel, dessen Vorteile auf einem Merkblatt zusammengefasst sind und der vom Verkäufer empfohlen wurde. Dies zeigt, dass sowohl offline als auch online wichtig sind und der Verkäufer ein wichtiger Einflussfaktor in Indien ist.

Sportartikelindustrie: Steigende Nachfrage prophezeit

Die Outdoor-Industrie in Europa versucht gerade neue Zielgruppen anzusprechen. Was ist mit der indischen Outdoor-Industrie?
So wie Europa älter wird, wird Indien jünger. Die Bedeutung des Sports ist heute größer denn je. Es gibt immer mehr kleine Haushalte mit einem oder maximal zwei Kindern. Für die Eltern ist das Wohlbefinden ihrer Kinder immer wichtiger. Dies führt zu einer ganz neuen Generation, für die Sport als Hobby oder Beruf eine große Rolle spielt.

In jungen Jahren machen die Kinder viele Teamsportarten, je älter sie werden, desto mehr tendieren sie zu Individualsportarten. Je besser sie werden, desto besser ist ihre Sport-Ausrüstung. Einen großen Einfluss haben hier zudem die Sportkameraden und die Trainer.

Mit steigendem Einkommen steigt die Präferenz von lokalen, zu nationalen und dann zu internationalen Marken. Daraus folgt, dass die Sportartikelindustrie eine ständig steigende Nachfrage verzeichnet. Die indische Outdoor-Industrie ist sich dieser Entwicklung bewusst.

Gibt es einen Teilbereich, der die gesamte Sportindustrie beherrscht? Und was bedeutet das für ausländische Sportfirmen, die in Indien Geschäfte machen wollen?
Ballsport ist für Inder immer wichtig. Ausländische Sportfirmen müssen Angebote für jede Art von Ballspielen haben.

Preisgünstigen Sportgeräte – ‚made in India’

Was müssen ausländische Firmen wissen, wenn sie sich für den indischen Markt interessieren?
Nutzen Sie Ihr Fachwissen und Ihre technologischen Fähigkeiten, um spezifische Sportausrüstungen für bestimmte Sportarten herzustellen. Nutzen Sie die Digitalisierung, um die Verbreitung Ihrer Marke zu unterstützen. 

Zeigen Sie, was das Besondere an Ihren Angeboten ist. Greifbar, nicht imaginär. Sponsern Sie viele kleine Veranstaltungen. Seien Sie ehrlich und zeigen Sie Verantwortung auf Gemeindeebene. Indien könnte einer Ihrer wichtigsten Märkte sein.

Machen Sie Schritt für Schritt. Und fokussieren Sie sich langfristig auf Städte mit 20.000 bis 100.000 Einwohnern. Wählen Sie eine Multi-Channel-Strategie und haben Sie Geduld.

Was ist Ihre Vision für den indischen Sportmarkt?

Wir können mit Russland und China mithalten. Wir brauchen in jedem Bundesland spezielle Sportanlagen für spezifische Sportarten. Wir brauchen eine Professionalisierung im Trainerbereich. Trainer sollten eine Lehrausbildung haben und wissen, dass jeder Mensch etwas Besonderes ist. Wir sollten auf die Stärken der jungen Leute setzen.

Junge Sportler sollten die Chance haben, in großen Sporttrainingslagern trainieren zu können.  Meine Vision ist ein Indien, das gut ausgestattet ist, mit gut gefertigten und preisgünstigen Sportgeräten – ‚made in India’.  Jeder Inder muss stolz sagen können, ,das ist der Sport, den ich spiele und in dem habe ich mich besonders hervorgetan'. In der Schule würde ich täglichen Sport verbindlich vorschreiben.