Egal ob beim Sportklettern in den Alpen, beim Workout in der örtlichen Kletterhalle oder bei einer Free-Solo-Tour in den Rocky Mountains: Sicheres Klettern beginnt im Kopf.
Der Sport erfordert Konzentration, Willenskraft und ein gesundes Einschätzungsvermögen. Erster Grundsatz: Falscher Ehrgeiz ist hier fehl am Platz.
Der Deutsche Alpenverein DAV nennt folgende Sicherheitskriterien:
- Nicht überfordern: Der schwächste Kletterer der Seilschaft bestimmt die Route.
- Nicht hetzen: Die Zeitplanung muss den Rückweg und eventuelle Verzögerungen einschließen.
- Nichts erzwingen: Wetterwarnungen oder plötzliches Unwohlsein? Tour verschieben!
- Nicht zu viel wagen: Altes Schlingenmaterial in den Routen ist praktisch, aber nicht unbedingt sicher. Gut prüfen, beim geringsten Zweifel auf die Nutzung verzichten.
- Nicht schludern: Der Helm gehört auf den Kopf, am besten schon vor dem Einstieg. Jeder Handgriff sollte bewusst ausgeführt werden, auch beim tausendsten Mal.
Hinzu kommt die gewissenhafte Überprüfung der Ausrüstung vor jeder Tour, besonders nach der „Winterpause“ (Seile, Expressschlingen, Karabiner, Reepschnüre, Sicherungs- und Abseilgeräte, Helm, Schuhe etc.).
Gerade die Seile (beim alpinen Klettern meist Halb- oder Zwillingsseile) müssen in Bezug auf die konkrete Kletterroute auf die passende Länge geprüft werden. Selbst in der Halle geht ein Großteil der Unfälle auf zu geringe Seillängen zurück!
Die richtige Sicherung beim Klettern
„Klettern ist eine Sportart mit hohem Risikopotenzial, deshalb ist das solide Beherrschen der Sicherungstechnik für eine sichere Ausübung des Sports extrem wichtig“, formuliert der DAV und verweist zugleich auf die aktuellen Kursangebote. Grundsätzlich sind die folgenden Sicherungsgeräte verfügbar:
Dynamisches Abbremsen
- Halbmast-Wurfsicherung HMS
- Abseilachter
- Tuber (z.B. ATC, Reservo)
Automatisches Abbremsen
- Halbautomat
- Vollautomat
Halbmast-Wurfsicherung HMS
Die HMS entspricht dem UIAA-Standard und wird auch vom DAV gelehrt und empfohlen. Breite Anwendung im Bergsport finden sie seit Beginn der 1970er Jahre.
Anwendung
Das (dynamische) Seil wird in einer Schlaufe durch einen HMS-Karabiner geführt. Der Sichernde stellt dem Kletternden hinter dem Karabiner ausreichend Seil zum Klettern am Fels zur Verfügung. Kommt es zum Sturz, hält der Sichernde das Bremsseil fest, der Knoten am Karabiner zieht sich zu und der Sturz wird dynamisch abgebremst.
Damit die Sicherung optimal funktioniert, muss der Sichernde mehrere Dinge beachten. Wichtig ist, dass der seitliche Verschluss des Karabiners von der Bremshand abgewandt ist, um eine unerwünschte Öffnung des Karabiners durch die Sturzeinwirkung auszuschließen.
Der Sichernde muss das Seil immer unter leichter Spannung halten, da er es sonst während des Sturzes nicht mehr greifen und kontrollieren könnte (Brandverletzung durch Reibung). Ein Mindestabstand des Sichernden zum Karabiner garantiert, dass er nicht mit Hand oder Kleidung in den Karabiner gerät.
Vorteile
- Leichte Ausrüstung (HMS-Karabiner genügt)
- Für Vor- und Nachstieg geeignet, vielseitig einsetzbar (Fixpunktsicherung am Fels)
Nachteile
- Mögliche Verdrehung am Seil (Krangelbildung)
- Relativ starke Reibung und damit verstärkte Abnutzung des Seils
- Relativ hoher und dauerhafter Kraftaufwand für den Sichernden
Abseilachter
Der Abseilachter dient zunächst zum Abseilen, kommt aber auch zur Sicherung beim Sportklettern zum Einsatz. Der Achter besteht aus zwei starr miteinander verbundenen Metallringen, wobei durch den größeren Ring das Seil verläuft, während der kleinere Ring zum Einhaken des HMS-Karabiners dient. Die meisten Abseilachter bestehen aus Aluminiumguss und sind um die 15 Zentimeter groß.
Anwendung
Durch die Seilführung – zunächst von hinten seitlich um und dann durch den größeren Ring – wird die erwünschte Bremswirkung erzielt, die allerdings etwas geringer ist als bei der HMS.
Vorteile
- Leicht, günstig
- mit etwas Erfahrung gut in der Handhabung
- geringere Krangelbildung als bei der HMS
Nachteile
- Relativ hohes Risiko von Bedienfehlern mit Nachteilen für die Bremskraft
- Mögliche Hitzeentwicklung beim Durchlaufen des Seils
Tuber
Der Tuber (auch der Tube) gilt als Weiterentwicklung der Stichplatte, die in den 1960er Jahren entwickelt wurde. Das kleine, röhrenförmige Gerät kann im Toprope, Vor- und teilweise auch im Nachstieg verwendet werden.
Aufgrund der hohen Anforderungen an den sichernden Kletterer hat der Tube aber auch Kritiker. So gibt es eine Empfehlung des Alpenvereins Österreich, bei Kletterkursen auf Halbautomaten oder Autotubes (Geräte, die bei korrekter Bedienung komplett blockieren können) zurückzugreifen. Dennoch zählt der Tuber zu den meist eingesetzten Sicherungsgeräten im Klettersport.
Anwendung
Dynamische Bremswirkung durch die Seilführung im Gerät.
Vorteile
- Geringes Gewicht
- Universell einsetzbar (Vorstieg, Abseilen, Topropen), gerade bei den Top-Modellen wie dem ATC Guide (Black Diamond)
- Mit Halb- oder Zwillingsseil Sicherung von zwei Kletterern im Nachstieg möglich
Nachteile
- Geringe Bremskraft bei einfachen Modellen
- Hohe Anforderungen an den Kletterpartner
Halbautomat
Halbautomaten sorgen für das automatische Abbremsen bei Stürzen. Das aktive Eingreifen des Kletterpartners (wie bei HMS, Abseilachter oder Tuber) entfällt, womit Fehlern vermieden werden können.
Anwendung
Während langsames Ziehen einen flüssigen Seildurchlauf ermöglicht, führt ruckartiges Ziehen (Sturz) automatisch zur Blockade. Das (dynamische) Seil wird zum Stehen gebracht. Erst mit dem Lösen des Sicherungshebels wird das Seil wieder freigegeben und der Gestürzte kann kontrolliert abgeseilt werden.
Vorteile
- Automatische Sicherung ohne Eingreifen des Kletterpartners
- Keine Krangelbildung
Nachteile
- Voll-Blockade des Seils, keine Zwischenstufen über Verlangsamung möglich
- Schwierigkeiten mit dünnen Seilen, gerade bei älteren Modellen (Hersteller wie Petzl mit dem Geringi / Geringi II geben Mindestdurchmesser vom Seil an, die unbedingt beachtet werden müssen)
Vollautomat
Das vollautomatische elektronische Seilsicherungssystem galt noch vor kurzem als Zukunftsmusik – nun hat der Münchner Hersteller Auroco ein entsprechendes Modell vorgestellt. Mit dem „epic“ ist es möglich, ohne Sicherungspartner in der Halle oder im Freien zu klettern. Der ISPO-Jury war das 2016 einen ISPO AWARD in Gold wert.
Hinweis zum Abschluss:
Wer gemeinsam in einer Seilschaft klettert, sollte im Idealfall auch beim Körpergewicht harmonieren. Kritisch wird es, wenn der Sichernde wesentlich (mehr als 20kg) leichter ist als der zu Sichernde.
Im schlechtesten Fall kann es dann passieren, dass der Sichernde bis zur Zwischensicherung nach oben gerissen wird. Das Verletzungsrisiko für beide Kletterer steigt damit erheblich. Beim Sichern schwerer Personen sollten daher Halbautomaten (Click Up, Smart) genutzt werden.
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