Kein anderer Mitarbeiter eines Sportvereins arbeitet so nah an der Basis der Fans wie der Fanbeauftragte. Als Allround-Spezialist koordiniert er zum Beispiel Sicherheitsmaßnahmen, Autogrammstunden und Reisen zu Auswärtsspielen. Also ein sehr breites Berufsbild, bei dem es nicht reicht, „Ober-Fan“ oder nur Streitschlichter zu sein.
Personalberater Gunther Schnatmann berichtet aus der Praxis, was alles von Fanbeauftragten erwartet wird und welche Eigenschaften Bewerber für diesen Job besonders qualifiziert.
Fanbeauftrager ist heute wahrlich kein exotischer Beruf mehr. Bei den Vereinen der obersten drei Fußball-Ligen in Deutschland ist ein Fanbeauftragter Pflicht. Denn gerade im Fußball sind die organisierten Fans meist aus besonderem Holz geschnitzt, insbesondere die Ultras.
Deshalb fordert das Handbuch der DFL (Deutsche Fußball Liga) für Fanbeauftragte: „Über allem steht die zwingend notwendige Voraussetzung, dass der potenzielle Fanbeauftragte über einen hohen Bekanntheitsgrad in der betreffenden Fanszene, eine nahezu hundertprozentige Akzeptanz als auch über sehr gute Kenntnisse dieser Zielgruppen verfügt.“
Den höchsten Bekanntheitsgrad haben natürlich ehemalige Spieler, die nicht die Laufbahn als Trainer oder Manager einschlagen wollen oder können. Gefolgt von ehemaligen Vorsitzenden von Fanclubs. Aber es gibt noch andere Möglichkeiten.
Der Fanbeauftragte von Borussia Dortmund, Sebastian Walleit, hat als glühender BVB-Fan Sozialarbeit studiert und seine Diplomarbeit über Subkulturen geschrieben. Nach einem Praxissemester beim BVB arbeitete er zunächst bei Dynamo Dresden und bekam dann in Dortmund die freigewordene Stelle des Fanbeauftragten.
Sebastian Walleit vom BVB hat fast ideale Voraussetzungen mit seinen praktischen Erfahrungen und dem Studienwissen. Von den Einsteigern aus der Sportler- und Fan-Szene fordert die DFL „im Umgang mit Menschen erworbene Grundkenntnisse der Pädagogik, Psychologie und Soziologie, vor allem in Bezug auf gruppendynamische Prozesse. Kommunikationsfähigkeit, vor allem in Gruppen sowie in der Öffentlichkeit“.
Das hört sich recht anspruchsvoll an. Heruntergebrochen auf den Job heißt das: Potentielle Fanbeauftragte dürfen nicht auf den Mund gefallen sein. Sie müssen schon Diskussionen geleitet haben und wissen, wie man auf Menschen eingeht, sie bei ihren Fragen und Problemen „abholt“ und schließlich überzeugen kann.
Personalexperte Schnatmann: „Dazu gehört eine passende Persönlichkeit, man sollte auf jeden Fall Spaß im Umgang mit Menschen haben. Vieles – etwa pädagogisches und psychologisches Grundwissen – kann man sich in Kursen an verschiedenen Akademien oder auch Volkshochschulen aneignen. Hilfreich können auch Jobs vor und im Studium sein, in denen man sich mit anspruchsvollen Menschen beschäftigt hat – ob im Sozialen Jahr, als Call-Center-Mitarbeiter oder auch als Kellner.“
Die DFL formuliert es recht sachlich kühl – Fanbeauftragte sollten ein „beruhigendes, deeskalierendes, versachlichendes professionelles Verhalten in Stress- und Konfliktsituationen“ besitzen.
Der BVB-Fanbeauftragte Walleit hat seine vorherige Arbeit in Dresden einmal so beschrieben: „Das war ein knallharter Job inklusive persönlicher Bedrohungen und tätlicher Angriffe.“ Dass er und seine vielen Kollegen trotz einiger negativer Erfahrungen immer noch Freude an ihrem Job haben, geht nicht ohne ein „dickes Fell“.
Personalberater Gunther Schnatmann beschreibt das so: „Ein guter Fanbeauftragter weiß, dass mögliche verbale Angriffe nicht ihm persönlich gelten und lässt entsprechende Entgleisungen nicht an sich heran. Er steht über den Dingen und weiß, dass die Fans generell enorm wichtig für die emotionale Grundstimmung sind und den Verein in guten wie in schlechten Zeiten tragen. Das ist wie in einer Familie, in der eine gute Mutter und ein guter Vater alle Kinder lieben, auch wenn manche mal über die Stränge schlagen...“
Apropos „Mutter“: „Der Fanbeauftragte“ gilt hier natürlich sowohl in der männlichen als auch in der weiblichen Version. Frauen werden in der Tat verstärkt eingestellt. Denn sie dienen häufig als Regulativ bei der Arbeit mit Fans, die Hemmschwelle gerade bei Ultras steigt in ihrer Gegenwart. Außerdem fühlen sich weibliche Fans wohler, wenn ihre Ansprechpartnerin ebenfalls eine Frau ist.
Was in der Öffentlichkeit kaum bekannt ist: In der DFL werden Stadionverbote generell in Zusammenarbeit mit dem Fanbeauftragten vollzogen! Der Fanbeauftragte muss also einschätzen können, welche auffälligen Fans aus welchen Gruppierungen durch bestimmtes Verhalten zumindest für einige Zeit als letzte Konsequenz vom Stadionbesuch ausgeschlossen werden müssen.
Deshalb hat ein Verantwortungsbewusstsein für Sicherheit oberste Priorität im Arbeitsalltag und auch bei den Einstellungskriterien. Ein Fanbeauftragter muss einschätzen können, wie, wann und durch wen die friedlichen Fans und der ganze Spielbetrieb gefährdet sein können.
In der Praxis nimmt er dazu regelmäßig an Sicherheitsbesprechungen teil, kommuniziert ständig mit Ordnungsdienstleitung, Polizei und Kollegen aus den „gegnerischen“ Vereinen. Die Beauftragten nehmen auch turnusmäßig an entsprechenden Lehrgängen und Seminaren des DFB teil.
Wenn das Idealprofi eines Bewerbers der ehemalige Fanclub-Vorsitzende ist, der Psychologie studiert und im Beschwerde-Call-Center ausgeholfen hat, dann käme noch ein Nebenjob bei einem Sicherheitsdienst dazu.
Was vielen nicht bewusst ist: Der Fanbeauftragte ist auch ein kleines Reisebüro bzw. er organisiert entsprechende Dienstleister. Er ist stark eingebunden in Fanreisen zu nationalen und internationalen Spielen, muss sich auch um Karten-Kontingente kümmern und – im Sinne der Sicherheit – die optimalen Anfahrtswege „filtern“.
Damit einher gehen betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse und im internationalen Bereich zumindest englische Sprachkenntnisse. Ganz abgesehen von der Beherrschung der entsprechenden Software, vor allem Excel.
Der Beruf bringt es einfach mit sich: Fanbeauftragte sind neben ihrer Bürotätigkeit vor allem dann gefragt, wenn die Fans nach deren Dienstschluss aktiv werden: Zu den Spielen an Wochenenden, zu den Fan-Versammlungen an Abenden, den Treffen mit Spielern an Nachmittagen oder bei den Fan-Fußballturnieren in Ferienzeiten.
Personalexperte Schnatmann weiß: „Bei der Arbeitszeit trennt sich die Spreu vom Weizen. Junge sportbegeisterte Fachkräfte sind heute zwar auch zu gewissen Arbeiten nach Dienstschluss und an Wochenenden bereit. Aber der Fanbeauftragte hat wirklich die extremsten Arbeitszeiten. Wie ein Polizist, ein Busfahrer oder eine Krankenschwester. Das muss jedem bewusst sein. Wer offensiv bei der Bewerbung angibt, voll flexibel zu sein, hat schon einen großen Stein im Brett!“
Ein Beitrag von Gunther Schnatmann, Personalberater (schnatmann media), Bewerbungs-Coach und Medientrainer
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