Als Sven Hannawald 2002 seinen legendären Vierfachsieg bei der Vierschanzentournee feierte, kassierte er allein an offiziellen Preisgeldern vom Veranstalter und Prämien vom Deutschen Skiverband 330.000 Euro. Von solchen Summen können die Flieger in der heutigen Zeit nur träumen: 20.000 Schweizer Franken erhielt der Pole Kamil Stoch im vergangenen Winter als Siegprämie für seinen Gesamterfolg bei der Verschienzentournee, 10.000 Schweizer Franken gab es pro Tagessieg.
Weil Doppel-Olympiasieger Stoch eine eigene Bekleidungslinie hat, Social-Media-Millionär ist und Skispringen in Polen fast so populär wie Fußball ist, dürfte er mit all seinen Sponsoring-Einnahmen trotzdem auf geschätzte Jahreseinnahmen von einer Million Euro kommen.
Neymars 100.000 Euro pro Tag bleiben ein Traum
Das sind Summen, die Sven Hannawald oder Martin Schmitt (hier ein aktuelles Business-Interview) in erfolgreichen Jahren schon zur Jahrtausendwende locker verdient haben. Auch die Austria-Adler Gregor Schlierenzauer und Thomas Morgenstern dürften sich in ihren Siegerzeiten in siebenstelligen Dimensionen bewegt haben. Der derzeitige deutsche Topflieger Andreas Wellinger dürfte in einem normalen Jahr dagegen „nur“ auf geschätzte 500.000 Euro kommen – in den Millionenbereich könnte er nur kommen, wenn er im laufenden Olympia-Winter ganz groß abräumt.
All diese Summen zeigen, dass im Skispringen in Sachen Geld in den letzten 15 Jahren Stillstand herrscht – ganz im Gegensatz zum Fußball, wo es in dieser Zeit eine regelrechte Explosion gegeben hat. Der brasilianische Superstar Neymar soll seit seinem Wechsel zu Paris St. Germain zum Beispiel 100.000 Euro verdienen – pro Tag.
„Man kann im Skispringen schon auf einem ähnlichen Niveau wie damals verdienen, wenn man erfolgreich ist. Aber man darf ja bei der ganzen Einschätzung der Einnahmen auch nicht vergessen, dass sich die Welt in den letzten 15 Jahren weiterentwickelt hat“, sagt Martin Schmitt. Die Immobilienpreise in München haben sich in dieser Zeit zum Beispiel weit mehr als verdoppelt – im Skispringen ist dagegen nichts dergleichen passiert. Der Champion von einst ist inzwischen selbst Mitinhaber einer Vermarktungsagentur und weiß als Betreuer des derzeit verletzten Topfliegers Severin Freund, wovon er redet. Es seien auch einige Rahmenbedingungen für die Skispringer schlechter geworden.
Schmitt kassierte in seiner Glanzzeit wie andere Topspringer noch ein sattes Grundgehalt von seiner Skifirma. Heute gibt es nur noch Prämien für Erfolge. Das hat auch damit zu tun, dass viele einst im Skispringen aktive Topbrands wie Rossignol oder Atomic beim Skispringen ausgestiegen sind. Elan hat seine Sprungski-Produktion an die slowenischen Landsleute von Slatnar verkauft. Aktiv sind im Sprungski-Bereich neben Slatnar nur noch fluege.de (nach der Rückumbenennung von Verivox) sowie der unangefochtene Marktführer Fischer.
Auch die Traditionsfirma aus Österreich finanziert die teure Sprungski-Produktion inzwischen vor allem über Kooperationen: So werden zum Beispiel Bretter für Löffler hergestellt, seit dem Sommer gibt es zudem eine Zusammenarbeit BWT, Europas Nummer 1 in der Wassertechnologie. BWT will das Skispringen als Plattform nutzen, um seine Marke bekannter zu machen.
„Skispringen ist weiterhin für die Brand Awareness wichtig. Die Marke wird lange gesehen, wenn die Ski in der Luft sind. Außerdem bleibt der Sprungski-Bereich eine gute Entwicklungsplattform, um neue Materialien zu testen“, sagt Tanja Winterhalder, Marketingleiterin von Fischer.
Untersuchungen, wie hoch der Mediawert des Skisprung-Engagements genau ist, gibt es bei Fischer offiziell nicht. In die Produktion von Sprungski wird nur (noch) investiert, um am Ende mehr Langlauf- und Alpinski zu verkaufen. Dort kann man dann (fast) die gleiche Ware an den Konsumenten verkaufen, die auch die Topathleten nutzen. Im Skispringen ist das ja nicht der Fall.
Doch wer engagiert sich überhaupt noch im Skispringen?
Audi ist Presenting-Sponsor und Automobilpartner. Der Vertrag läuft 2015/16 – und nach der aktuellen Tournee aus. Der Autobauer zahlt geschätzte 1,3 Millionen Euro und darf dafür seine Fahrzeugflotte in den Stadien zeigen und bekommt Werbeflächen bei allen vier Springen und zudem eine Fläche auf den Startnummern aller Athleten beim Finalspringen in Bischofshofen.
Es gibt vier weitere Hauptsponsoren. Sie zahlen alle einen höheren sechsstelligen Betrag, aber doch deutlich unter einer Million pro Jahr.
- Milka: Schokoladaden-Marke ist seit 2016/17 als einer der Hauptsponsoren zurück. Milka profitierte einst vom Boom um die Boygroup Sven Hannawald, Martin Schmitt & Co, zog sich 2010 zurück und hofft nun auf einen neuen Boom um Richard Freitag, Andreas Wellinger & Co.
- Intersport: Der Sportartikel-Verbund war mal ein Vierteljahrhundert Hauptsponsor der damaligen "Intersport Springertournee", die 1995 in Vierschanzentournee umbenannt wurde. Seit 2014/14 ist Intersport wieder dabei.
- Bauhaus: Die Baumarktkette, seit dem Winter 2014/15 dabei, hat einen Einjahresvertrag, der seit dem Einstieg jeweils verlängert wurde.
- Veltins: Die Brauerei ist 2014/15 auf der Vierschanzentournee präsent.
Zum Preisgeld: Früher gab es im Weltcup nur Preisgeld für die besten Sechs, jetzt wird es unter den ersten 30 aufgeteilt. Entsprechend weniger Geld gibt es heutzutage für die Topflieger. Auch bei der Tournee zeigt die Kurve nach unten – von Aktionen wie 2011/2012, als 1 Million Schweizer Franken für den Springer ausgelobt waren, der alle vier Springen bei der Tournee gewinnt, können die Flieger heutzutage nur träumen.
Das hat etwas damit zu tun, dass die Vermarktungseinnahmen für die vier Springen nicht entscheidend gestiegen sind, aber die Kosten für die Veranstaltungen schon. Auch von Einschaltquoten im TV mit bis zu 15 Millionen in der Spitze wie beim Grand-Slam-Triumph von Hannawald 2002 bei RTL können ARD und ZDF heute nur träumen – auch wenn die Kurve in diesem Winter durch die Erfolge von Richard Freitag und Andreas Wellinger wieder nach oben zeigen dürfte. In der Regel ist von 5 bis 6 Millionen Zuschauern auszugehen, ein deutscher Sieg kann die Quoten noch einmal nach oben pushen.
„Es wäre extrem wichtig, wenn ein deutscher Springer zum Beispiel bei der Vierschanzentournee ganz vorn dabei ist“, sagt Martin Schmitt: „Die Tournee hat medial die höchste Aufmerksamkeit. Mit einem deutschen Sieg würde das Thema präsenter, das würde der ganzen Sportart guttun.“ Und dem Geldbeutel der Flieger.
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