Für Intersport war das Jahr 2017, obgleich kein Jahr sportlicher Großveranstaltungen, ein ereignisreiches. In der Verbundgruppe, in der rund 900 Händler zusammengeschlossen sind, hat sich einiges getan: In Berlin wurden neue Konzept-Stores eingeweiht, die Digitalisierung wurde mit der Einführung der Kooperativen Händlerplattform unter Leitung des neuen Digitalchefs Carsten Schmitz vorangetrieben, die Zusammenarbeit mit den Geschäften in Österreich forciert.
„Es war kein einfaches Geschäftsjahr für uns“, sagte Intersport-Vorstand Kim Roether bei einem Jahresabschlussgespräch in Heilbronn, zumal man auch „im Management großen Herausforderungen zu bewältigen“ hatte: Die Lücke, die Jochen Schnell hinterließ, als er im September von seinem Vorstandsamt aus privaten Gründen zurücktrat, ist noch nicht geschlossen: Vorstandschef Roether und Finanzvorstand Hannes Rumer führen die Geschäfte seitdem zu zweit, die Stelle soll in 2018 nachbesetzt werden – „wenn es nach mir geht, gerne auch mit einer Frau“, erklärte Roether.
Zur Jahresbilanz: Noch liegen die Abschlusszahlen für das Geschäftsjahr 2017 nicht vor, doch der Trend ist klar: „Stand November liegen wir pari“, sagt Roether, also auf Vorjahresniveau, über Intersport Deutschland. Damit könne man in einem Non-Event-Jahr, also nach der Fußball-EM 2016 und vor der WM 2018, in einem Jahr ohne sportliches Großereignis, durchaus zufrieden sein. „Der Sportmarkt an sich ist eine feste Größe – aber er wächst nicht weiter“, sagt der Vorstandsboss von Intersport.
Die Trends des (noch nicht abgeschlossenen) Geschäftsjahres bei Intersport:
- Der Wintersport bleibt mit 12 Prozent Gesamtanteil ein bedeutender Markt
- Der Outdoor-Bereich hat im Vergleichszeitraum um drei Prozent zugelegt, Kim Roether spricht von einem „sehr stabilen Geschäft auf hohem Niveau“
- Der Bereich Fitness/Workout konnte um 19 Prozent zulegen und kommt auf 6,4 Prozent Anteil
„Der Wintersport bleibt ein relevanter Markt“, sagt Kim Roether, „aber er bleibt auch schwierig.“ Immer weniger Schnee in den mittleren Lagen bedeutet immer weniger Skitage, die wiederum nur schwer verlässlich im Voraus geplant werden können. Roether fragt in die Runde: „Wie viele Leute gehen überhaupt noch Skifahren? Und wie viele davon kaufen sich tatsächlich noch neue Ski?“ Die Tendenz ist klar: Es werden weniger, Jahr für Jahr.
Die Kehrseite ist durchaus positiv: „Im Ski-Verleih sind wir sehr gut aufgestellt.“ Und wenn es doch mal schneit, verzeichne man spontanen Zuwachs – „weil dann alle glauben, dass plötzlich Winter ist“. Insgesamt aber werde die Anforderung sein, die noch möglichen Skitage auf höhere Lagen zu konzentrieren. „Ski wird immer mehr zum exklusiven Sport – darauf brauchen wir Antworten“, blickt Kim Roether voraus. Und fragt: „Welche Rolle wird der Wintersport in Zukunft spielen? Bei weitem nicht mehr die von vor zehn Jahren.“
In Abverkaufs-Zahlen: Im Wintersport-Geschäftsjahr 2016/17, also von September 2016 bis Februar 2017, gingen in den Intersport-Geschäften 150.000 Ski über die Ladentheke. Im Jahr 2011/12 waren es noch 230.000 – das ist ein Rückgang von 35 Prozent in fünf Jahren. Noch drastischer ist der Rückgang im Snowboard-Segment: Von 40.000 verkauften Snowboards vor fünf Jahren auf nur noch 10.000 im vergangenen Winter – minus 75 Prozent! „Das zeigt, dass der Snowboard-Hype vorbei ist“, sagt Kim Roether, der allerdings auch positive Tendenzen erkennt: „Das Erfreuliche ist: Viele kehren zum klassischen Ski zurück.“
Durchaus zufriedenstellend ist übrigens die Sparte Langlauf-Ski – mit rund 75.000 verkauften Paar in 2016/17.
Die Anforderungen an den Rent-Bereich steigen. „Ein Verleihgeschäft kann lukrativ sein“, sagt Roether, „gemeinsam mit unseren Mitgliedern betreiben wir die aktuell beste Rent-Plattform in Europa.“ Die Anforderungen werden spezieller – und exklusiver. „Die Kunden wollen hochwertige Ski haben. Sie erwarten, dass man schon vorab Termine machen kann, noch von zu Hause aus. Dass die Skischuh-Anpassung immer ausgefeilter wird. Dass die Skier schon im Hotel stehen, wenn sie ankommen. Und dass die Rent-Stationen an den Liften eine optimale Auswahl haben.“ Kurzum: Der Mehrwert eines Verleih-Geschäftes muss weiter ausgebaut werden. Roether: „Der Endverbraucher erwartet den bestmöglichen Service und die bestmögliche Rundumversorgung.“
Und doch: „Das Ski-Thema bleibt angespannt“, sagt Roether. Was tun? „Wir müssen weiter in die Initiative gehen“, sagt der Vorstandsvorsitzende. Intersport engagiere sich bei Initiativen für mehr Sicherheit im Schnee, unterstützt als exklusiver Handelspartner die Netzwerk-Veranstaltung „Dein Winter. Dein Sport“ und versuche auch, das Skifahren in den Schulen wieder populärer zu machen: „Früher war die Skiwoche in den Schulen gesetzt, heute ist das schwierig. Wir müssen die Jugendlichen wieder besser erreichen und die Einstiegshürden verkleinern.“ Dazu gehöre beispielsweise auch der Ausbau des Kinderski-Tauschsystems.
Zum Weihnachts-Geschäft 2017: Seit der dritten Adventswoche zieht das Geschäft stark an. Der Handel profitiere davon, dass Heiligabend in 2017 auf einen Sonntag fällt: „Das beschert uns noch einmal einen vollen Samstag." Und dann folgen ja noch vier weitere Werk- und damit Geschäftstage in 2017.
„Jacken gehen sehr gut“, sagt Roether, „und Accessoires sind derzeit der Renner“, sagt Roether. Einen großen Zuwachs sehe man auch bei den Umsätzen im Skischuh-Fitting.
Vor allem in Österreich sei die Nachfrage bei Wintersport- und Ski-Accessoires sehr groß: „Wir verlagern gerade von Nord nach Süd. In Österreich geht derzeit alles.“ Die Intersport-Geschäfte in Österreich verzeichnen enormen Umsatzzuwachs: Plus 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahres-Zeitraum!
„Wir sind mit der Entwicklung in Österreich sehr zufrieden“, sagt Kim Roether, „das Zusammengehen war der genau richtige Schritt, auch die Managements sind zusammengewachsen.“ Wenn Intersport in Deutschland und Österreich zusammen von etwa drei Prozent Umsatzsteigerung ausgehen könne, liege dies eben auch am Zuwachs in Österreich.
Vor allem die vorausschauende Expansionsstrategie habe sich ausgezahlt. „Das Best-in-Town-Prinzip funktioniert ausgezeichnet“, sagt Roether, man habe sich im Premium-Bereich sehr gut entwickelt. Der Intersport-Vorstandschef lobt, dass die Zusammenarbeit zwischen Händlern und Zentrale für alle Früchte trägt: „Wir erkennen da eine echte Turnaround-Situation."
Beobachten müsse man allerdings, wie XXL sich entwickle. Der norwegische Filialist hat Ende August seinen Store in Wien eröffnet und beackere nun Österreich mit brachialem Einsatz. Roether spricht von einem „ernst zu nehmenden Mitbewerber“, der „sehr gut aufgestellt“ sei. Der Intersport-Boss geht davon aus, dass XXL auch sehr bald den deutschen Markt angreifen werde. „Das haben sie angekündigt.“ Und er warnt vor der „Markenzerstörungs-Taktik“ des neuen Mitbewerbers: „Die wollen um – und zu jedem Preis verkaufen. Da wird Markenwert zerstört. Hier müssen unsere Partner von der Industrie aufpassen: Der Verbraucher will auch in fünf Jahren noch gut beraten werden.“
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