2014 war es, als der Rosenheimer Markus Wiesböck unter dem Label Grüezi Bag begann, einen Schlafsack aus Schafwolle zu entwickeln. Und das, obwohl für Schlafsäcke sonst bevorzugt Daune oder Kunstfaser verwendet wurde. Wolle galt vor allem als zu schwer. Doch Wiesböck entwickelte eine Lösung, um die positiven Eigenschaften von Wolle, die wie eine natürliche Klimaanlage wirkt, für Schlafsäcke nutzen zu können. Er setzte Maisstärke zu und entwickelte so 2015 einen leichten, waschbaren Schlafsack: den Biopod Wolle Zero.
Seitdem überrascht Grüezi Bag mit immer neuen Modellen aus Naturmaterialien. Der bisherige Höhepunkt: Der Biopod DownWool, der beim ISPO Award als Product of the Year 2019 ausgezeichnet wurde.
Doch was plant Wiesböck als Nächstes? Unter anderem darüber hat ISPO.com mit dem 48-Jährigen gesprochen.
ISPO.com: Herr Wiesböck, Sie haben im Sommer auf der OutDoor by ISPO einen kompostierbaren Schlafsack vorgestellt. Wie kommt der bei den Händlern an, und wann bringen Sie ihn in den Handel?
Markus Wiesböck: Die Händler sind begeistert, denn er trifft genau den Nerv der Zeit. Wir müssen an die Zukunft denken. Ich finde es extrem wichtig, sich Gedanken zu machen, wohin der viele Müll soll, den wir produzieren. Kompostierbare Stoffe sind eine Lösung. Es kommen immer mehr auf den Markt. Ich bin überzeugt, Kompostierung beziehungsweise Kompostierbarkeit wird weiter zunehmen.
Sie sind mit Grüezi Bag erst seit wenigen Jahren auf dem Markt. Sind Ihre Schlafsäcke grundsätzlich im Handel inzwischen gut etabliert – oder eher noch ein „Exot“?
Wir werden immer bekannter, und auch der Fachhandel kennt uns. Mittlerweile sind wir in Deutschland flächendeckend erhältlich. Auch in Benelux, Österreich und der Schweiz geht der Aufbau gut voran.
Was unternehmen Sie, um diesen Prozess weiter voranzutreiben?
Für mich ist die Produktentwicklung das Wichtigste. Wer ein gutes Produkt kauft, sagt es weiter. Auch die Verkäufer sind für mich wichtig, sie sind direkt am Kunden und können die Vorteile erklären. Natürlich brauchen wir auch die Presse, um bekannter zu werden. Sie ist das Sprachrohr zu den Kunden.
Die Entwicklung eines Produkts inklusive aller Tests erfordert einen hohen Aufwand, auch finanziell. Sind Sie mit Grüezi Bag in der Gewinnzone?
Ehrlich gesagt, geht im Moment noch jeder Euro in Entwicklung und Lageraufbau. Da kann man noch nicht von Gewinnen reden. Mir geht es darum, etwas zu verwirklichen. Das mit dem Gewinn wird schon noch klappen.
Was ist Ihrem Eindruck nach das wichtigere Argument für Schlafsäcke von Grüezi Bag bei Händlern wie Verbrauchern: die Funktionalität, also das angenehme Schlafklima, oder die Verwendung natürlicher Materialien, vor dem Hintergrund des großen Nachhaltigkeitstrends?
Das sind beides wichtige Themen. Aber wenn man beim Reisen, Trekken oder Campen Spaß haben will, ist guter Schlaf unerlässlich. Nur wer gut schläft, ist am Morgen fit für sein nächstes Abenteuer. Deshalb optimieren wir unsere Produkte für den besten Schlafkomfort.
Grüezi Bag ist ein kleines Unternehmen. Aus wie vielen Personen besteht ihr Team?
Ja, wir sind in der Tat sehr klein. Inklusive Buchführung besteht es aus „dreieinhalb“ Personen. Für den Vertrieb haben wir dazu noch externe Handelsvertreter: alles alte Hasen, die schon lange tätig sind. Für das Marketing haben wir eine Mitarbeiterin, die sich um die Belange der Händler kümmert. Sie richtet alles her, was benötigt wird: von Flyern, Schaufensterdekos, Blogtexten, Bannern über Hangtags bis hin zu speziellen Kundenwünschen.
Sie sind ein Tüftler, entwickeln Ihre Schlafsäcke selbst. Wie kam es dazu, welchen Hintergrund haben Sie?
Ich habe eine Lehre in der Schlafsackabteilung eines Sporthauses gemacht und irgendwann angefangen, selbst zu tüfteln. Seit über 30 Jahren beschäftige ich mich nun mit Schlafsäcken und habe auch schon für andere Marken entwickelt. Das Wichtigste ist aber der direkte Kundenkontakt. In meinem Outdoor-Laden, den ich kurz nach meiner Lehre aufgemacht habe, habe ich immer viele Wünsche und Anregungen meiner Kunden aufgenommen.
Mit welchen Partnern arbeiten Sie bei der Entwicklung zusammen?
Es gibt sehr viele, da ich immer viele Projekte zur gleichen Zeit betreibe. Ich platze vor Ideen, und bei allen muss probiert werden, ob sie umsetzbar sind. Ohne Probieren und Testen würde nie was Neues entstehen
Wo produzieren Sie beziehungsweise lassen Sie produzieren?
Verschiedene Materialien kommen aus Europa. Aber das Zusammennähen machen wir in China. Nicht weil es günstiger ist, sondern weil die Qualität dort wesentlich besser ist. Wir haben schon viele europäische Produktionen ausprobiert, wurden aber enttäuscht. Der Grund ist, dass wir sehr leichte, dünne Stoffe verwenden und dass sich die Asiaten darauf spezialisiert haben.
Sie erwähnten schon Ihren Outdoor-Laden. Sind Sie persönlich noch viel vor Ort?
Ich habe es mittlerweile an meine Mitarbeiter übergeben, und die machen das super. Grüezi Bag nimmt meine gesamte Aufmerksamkeit in Anspruch.
Welche Visionen oder gar konkreten Projekte haben Sie für die nächsten Jahre?
Ich bin gerade dabei, mehrere neue Füllungen zu entwickeln. Außerdem werden neue, hautregenerierende Materialien zum Einsatz kommen. Im Bereich Isolationsjacken forsche ich auch gerade. Und ganz wichtig ist der Aspekt Nachhaltigkeit. Ich will unseren ökologischen Fußabdruck in der Natur so gering wie möglich halten.
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