Als der österreichische Pro-Snowboarder Gerfried Schuller vor genau 30 Jahren Österreichs größte Snowboardschule zusammen mit seinem ersten Boardsport-Laden gründete, war Snowboarden nicht nur ein Sport, sondern eine Lebenseinstellung. Dass er seine Produkte aus der Garage seiner Eltern heraus verkaufte, störte die Community wenig. 1994 eröffnete Blue Tomato seinen ersten Shop in Schladming, weitere sollten folgen. Bereits 1997 ging der erste Webshop online. Heute hat Blue Tomato 560 Mitarbeiter, 35 Stores und gehört zu den führenden Omni-Channel Retailern im Boardsportsektor. 72,3 Millionen Euro setzte die Retail-Marke 2016 um. Im letzten Jahr kam dann die Nachricht vom Abschied von Gerfried Schuller als CEO. Seinen Posten bekam Adam Ellis vom US Action Sports-Retailer Zumiez, der Blue Tomato 2012 übernommen hatte. Für Ellis steht der Kunde im Zentrum aller Entscheidungen.
Sie feiern gerade 30 Jahre Blue Tomato - was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Unsere größte Stärke ist unsere Glaubwürdigkeit. Wir wurden von Gerfried Schuller aus Liebe zum Snowboarden gegründet und waren von Anfang an ein wesentlicher Bestandteil der Szene. Durch unsere langjährige Erfahrung und auch durch unser Bemühen, jedem den Zugang zu Produkten rund ums Snowboarden, Freeskiing, Skateboarden und Surfen zu ermöglichen, sind wir authentisch und vertrauenswürdig geblieben. Und wir wollen unser Wissen mit unseren Kunden teilen und ihre hohen Erwartungen erfüllen.
Was ist Ihrer Meinung nach die wichtigste Fähigkeit, um heute im Einzelhandel zu überleben?
Ich denke, dass die wichtigste Erkenntnis für einen erfolgreichen Händler heute die ist, dass der Verbraucher mehr Macht hat als je zuvor. Das muss man als Einzelhändler verstehen und darauf reagieren. In der Vergangenheit hatten Einzelhändler und Marken mehr Kontrolle, aber die Realität der heutigen Verbraucher ist die, dass sie wollen, was sie wollen, wann und wie sie es wollen. Als Einzelhändler müssen sie deren Anforderungen erfüllen. Heute verschmelzen Cyber- und physische Systeme und erfolgreiche Einzelhändler steigern damit die Kundenzufriedenheit. Bei Blue Tomato konzentrieren wir uns auf Erfahrungen, die einnehmend, bereichernd und konsistent über alle Touchpoints hinweg sind. Es ist außerdem wichtig, dass Einzelhändler ihre Position verstehen und die Integrität großer Markengeschichten für die Kunden und den Markt schützen.
Wie schützt man die Integrität? Was meinen Sie damit?
Sie schützen die Integrität von Markengeschichten, indem sie die Marke so kennen und vermitteln, wie es die Marke vorgibt. Das setzt voraus, dass die Einzelhändler ein tiefes Verständnis für die Marken haben und dass die Marken die Position und den Wert des Einzelhändlers verstehen, den sie als Vertriebskanal nutzen. Bei Blue Tomato spüren wir, dass unsere Positionierung und das Wissen aus erster Hand, das wir unseren Kunden vermitteln, die Marken stärken, mit denen wir Geschäfte machen.
Der große Vorteil von Online-Playern ist, dass sie nicht die Kosten des Offline-Handels tragen müssen. Blue Tomato eröffnet immer mehr Geschäfte. Warum?
Wir denken nicht, dass Kunden in Kanälen denken, und als Einzelhändler sind wir darauf fokussiert, mehr wie unsere Kunden zu denken. Unsere Filialen sind einer der vielen Touchpoints, die wir für unsere Positionierung und unser Kundenerlebnis liefern müssen. Wir wollen unsere Kunden mit Auswahl und Touchpoints umgeben. Geschäfte sind ein wichtiger Teil bei der Entwicklung unseres Ökosystems. Sie sind für uns auch ein Ort, um unseren Kunden unserer Beratungsqualität zu vermitteln. Unsere Mitarbeiter in unserer Zentrale und in den Filialen engagieren sich sehr für das, was wir tun und lieben, und haben dieses erstaunliche Wissen, das ich als eine starke Ressource für uns über alle Kanäle hinweg betrachte.
Welche Technologien setzen Sie in den Geschäften ein, um offline & online zu verbinden?
Wir verbinden online und offline, indem wir für unsere Kunden über alle Kanäle hinweg konsistent sind und uns organisatorisch auf den Kunden und nicht auf die Kanäle ausrichten. Das löst man nicht mit Technik oder Technik im Laden. Wir glauben nicht, dass eine Menge In-Store-Technologie der Grund ist, warum Menschen in die Läden kommen. Menschen kommen in die Läden, um Produkte und Menschen zu erleben, nicht mehr Bildschirme. Wir bewegen uns wirklich weg von dieser Idee, intern zu denken und uns zu sehr auf das Geschäft zu konzentrieren. Der Kunde steht an erster Stelle. Was wir tun, ist letztlich im Dienste der Kunden. Sie haben immer die richtige Antwort für uns.
Welche Herausforderungen sehen Sie für den Handel in den nächsten Jahren - offline und online?
Ich denke, die zentrale Herausforderung ist, dass sich der Handel an den Bedürfnissen der Kunden ausrichten muss. Viel Kapital ist von den großen Playern in den Einzelhandel geflossen, und mittlere bis kleine Einzelhändler haben nur schwer Schritt halten können. Die Investitionen haben die Geschwindigkeit, die Bequemlichkeit und die Preistransparenz für den Verbraucher erhöht. Anstatt uns auf Investitionen in reine Technologie zu konzentrieren, halten wir es für entscheidend, die Kundenanforderungen in Bezug auf Bequemlichkeit und Geschwindigkeit zu erfüllen. Wir werden nicht nur über den Preis konkurrieren, weil wir das Gefühl haben, dass es unsere Markenpartner und die Investitionen, die sie in das Erzählen von Geschichten tätigen, nicht unterstützt. Wir glauben wirklich an den starken Wert von Marken, denn sie unterstützen unsere Kunden dabei, Individuen zu sein und Wow-Momente zu haben. Unser Wert liegt im Engagement für unsere Kunden, und davon profitieren die Verbraucher und unsere Markenpartner.
Welche Trends im e-Commerce sehen Sie für die nächsten Jahre?
Wir glauben, dass sich die Konsolidierung fortsetzen wird, und es werden die Einzelhändler Anteile hinzu gewinnen, die am besten in der Lage sind, auf die Bedürfnisse ihrer Kunden Antworten zu finden. Für die einen mag die Lösung Personalisierung heißen, für die andere Bequemlichkeit, für andere wieder etwas anderes. Ich denke, dass die Authentizität innerhalb ihrer Community oder ihren Communities aufgrund der zunehmenden Transparenz für den Verbraucher immer wichtiger wird. Das ist einer der Gründe, warum wir die Communities um Blue Tomato als einen wichtigen Teil unseres Weges betrachten. Wir müssen ein Bindeglied für unsere Core-Communities sein. Im Grunde ist das eine Entwicklung in eine Richtung, wie der Einzelhandel schon immer funktioniert hat: Einzelhändler haben Marken mit Verbrauchern verbunden. Gerade für Nischenanbieter wird diese Entwicklung immer wichtiger.
Lassen Sie uns über das sprechen, was man als "Actionsport" bezeichnet - Skateboarding, Snowboarding usw. Wie hat sich dieses Segment in den letzten Jahren verändert?
Über Actionsport zu reden ist ein bisschen wie über Omni-Channel zu reden. Wir haben Mühe zu glauben, dass sich die Konsumenten mehr als Actionsportler denn als Omni-Channeler verstehen. Die Verbraucher werden durch ihre Leidenschaften motiviert, die sich im Lebensstil widerspiegeln. Sie haben vielleicht eine Person, die Snowboard fährt, aber nicht surft, oder einen Surfer, der nicht skatet. Diese Idee, dass alle unter diese Rubrik Actionsport fallen, ist nicht so kundenzentriert, wie wir es heute im Handel brauchen. Die größte Veränderung aus unserer Sicht ist, dass die Kunden die Macht haben, eklektischer zu sein und ihren Leidenschaften mehr denn je zu folgen. Ich denke, der Verbraucher ist dank Technologie mächtiger und kenntnisreicher geworden. Einzelhändler und Marken müssen sich diesem Verbraucher und den Communities um ihn herum auf eine Art und Weise stellen, die die Bedürfnisse der Kunden widerspiegelt.
Was ist Ihr Ziel für die nächsten fünf Jahre?
Unser Ziel ist es, den Lifestyle zu fördern und unseren Mitarbeitern und Kunden die Möglichkeit zu geben, sich auszudrücken und wichtige Erfahrungen zu sammeln. Wir wollen unseren Kunden dabei helfen, ihre Bedürfnisse zu erkennen, wer sie sind, und zwar in Abhängigkeit von ihren Erfahrungen. Wir wollen weiter wachsen, um diese Vision zu verwirklichen.
Können Sie uns einige Zahlen nennen, z.B. wie viele neue Geschäfte auf Ihrer Liste stehen und bis wann?
Nein, tut mir leid.
Sie kommen vom Mutterkonzern Zumiez zu Blue Tomato: Wo liegen die Unterschiede zwischen den USA und der EU im Bereich e-Commerce?
Der Markt in Europa für Unternehmen im Allgemeinen - nicht nur für den Onlinehandel - ist differenzierter; es gibt viele kulturelle Unterschiede und Kundenpräferenzen Markt für Markt, die Aufmerksamkeit erfordern. Es erfordert mehr Konzentration auf Verbrauchergruppen und ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse jeder Gruppe, damit sie Barrieren und Distanz abbauen können. Wir sind davon überzeugt, dass der Abbau von Distanz der Schlüssel zu einer zunehmenden Konversion ist, und dass das Verständnis über die verschiedenen Elemente der Distanz, seien sie kulturell, geografisch, wirtschaftlich oder administrativ, der Schlüssel zum Erfolg in Europa ist.
Wie feiert Blue Tomato den 30. Geburtstag?
Unser 30-jähriges Jubiläum soll unseren Kunden zugutekommen und neue und tiefere Bindungen schaffen. Wir haben das ganze Jahr über besondere Veranstaltungen. Die erste war „The Backyard“ in Obertauern. Die Veranstaltung war etwas ganz Besonderes, wir feierten am Berg, mit unseren besten Kunden, Mitarbeitern und Partnern. Wir werden das ganze Jahr über zusätzliche Events durchführen, auch spezielle Produkt-Kollaborationen mit langjährigen Markenpartnern, und wir haben auf unserer Website die Möglichkeit geschaffen, Geschichten, Glückwünsche etc. erzählen zu können.
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