Digitalisierung/29.09.2020

Augen auf beim Sportbrillenkauf

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Sie sieht aus wie eine handelsübliche Bike-Brille, ist aber ein kleines Wunderwerk der Technik: die EVAD-1 von Julbo, erste Daten-Sportsonnenbrille der Welt. Skibergsteiger und Bergläufer Toni Palzer erklärt, welche Bedeutung Produktinnovationen wie diese für Profi-Athleten haben und welche Attribute sie erfüllen müssen, um wirklich als innovativ zu gelten.

Zukünftig werden wir Skibergsteiger Anton Palzer öfter in diesem Outfit sehen: Er wechselt in den Rennrad-Sport.

Wenn sich einer mit Innovation auskennt, dann Thomas Alva Edison. Der Amerikaner ist sozusagen die Benchmark in Sachen Erfindungen. Fast 50 Jahre lang, von 1868 bis 1914, machte dieser Technik-Tausendsassa praktisch nichts anderes als nützliche Dinge zu erfinden: vom elektrischen Stimmenzähler für Versammlungen bis zum Nickel-Eisen-Akkumulator. Nicht immer wurden seine Ideen so umgesetzt, wie er sich das ausgedacht hatte: Das Telefon zum Beispiel wollte er ursprünglich für Opernübertragungen nutzen. Es kam anders. Wo die Welt ohne den Erfindergeist solcher Leute heute stehen würde? 

Auch Toni Palzer kann das nicht erklären, aber wichtig ist das Thema auch für ihn: „Ich bin schon ein Freund der Innovation. Mittlerweile ist alles schon so ausgereift, daher finde ich es total cool, wenn immer wieder neue Lösungen auf den Markt kommen.“

Palzer (27) ist einer der besten Skibergsteiger und Bergläufer der Welt. Der Berchtesgadener beendete die vergangene Wintersaison als Zweitplatzierter im Gesamtweltcup der Skibergsteiger und verbesserte im Sommer den Rekord der Watzmann-Überschreitung auf unter drei Stunden (2:47h) – Normalsterbliche brauchen rund 13 Stunden, verteilt auf zwei Tage.

Sicherheit und zahlenoptimiertes Training

Kein Wunder, dass sich einer wie Palzer für Zahlen interessiert: für seine Werte, seinen Puls, aber auch für den Speed, mit dem er beim Sommer-Training auf dem Rennrad oder Mountainbike durch die Gegend schießt. Natürlich gibt es dafür den Radcomputer am Lenker, doch der hat schon so seine Tücken, sagt Palzer: „Gerade wenn man am Radcomputer viele Datenfelder eingestellt hat, kann das bergab schon gefährlich werden, wenn man zu sehr nach unten schaut. Auch beim Mountainbiken kann man nicht so gut schauen, schließlich muss sich ja darauf konzentrieren, wo man hinfährt.“ Hat er dagegen die EVAD-1 auf der Nase, werden ihm sieben Live-Daten (Stoppuhr, zurückgelegte Strecke, Höhenunterschied, Geschwindigkeit, Durchschnittsgeschwindigkeit, Pace und Herzfrequenz) per See-Through-Technologie im Sichtfeld angezeigt. 

Seit gut einem Monat trainiert Toni Palzer mit der neuen Durchblick-Technik. Sein Fazit: „Was ich am coolsten finde, ist dass man auf dem Radl in der Abfahrt, wo man sich ja wirklich konzentrieren muss, die Daten erfassen kann. Das ist der größte Vorteil: dass man sich zu 100 Prozent aufs Radlfahren konzentrieren kann. Durch die Brille wird das Radlfahren in meinen Augen noch sicherer. Mit der Brille hat man seine Daten sozusagen ständig vor Augen. Klar, wenn man voll am Limit fährt, kann man sich auf die Zahlen nicht mehr konzentrieren. Aber im normalen Training schaue ich lieber auf das Sichtfeld anstatt runter auf den Radcomputer.“ Für ihn sei vor allem die Herzfrequenz entscheidend: „Wenn man wie ich leistungsorientiert trainiert, sind die Pulswerte schon wichtig für ein sinnvolles Training. Aber ich finde auch die Geschwindigkeit ganz interessant, gerade wenn man eine Strecke öfter fährt und damit Vergleichswerte hat.“ Und der eigenen Motivation schade das Zahlenwerk auch nicht, so Palzer. 

EVAD-1 von Julbo, die erste Daten-Sportsonnenbrille der Welt
Bildcredit:
Julbo

Entwicklung gemeinsam mit den Top-Athleten

Stéphanie Dugas, Marketing-Direktorin beim Hersteller Julbo, erklärt, warum die Abteilung Innovationen und die Zusammenarbeit mit Athleten so wichtig für ihr Unternehmen ist: „Da Julbo eine Marke ist, die eng mit Sportlern zusammenarbeitet und tief in der Sportbranche verwurzelt ist, haben wir die Möglichkeit, die Bedürfnisse des Marktes klar zu verstehen.“

Philipp Reiter, professioneller Ski-Bergsteiger und Trailrunner, gehört wie Palzer zu den Sportlern, mit denen Julbo zusammenarbeitet. Er sagt: „Wenn man schnell auf steilen und engen Bergstraßen fährt, ist es sehr riskant, die Uhr oder sogar den am Lenker montierten Fahrradcomputer zu überprüfen. Die Anzeige aller benötigten Trainingsdaten durch die Brille ist viel sicherer und ermöglicht es mir, sie in jeder Situation zu überprüfen.“ Die Genese der Sportdatenbrille beschreibt Marketing-Direktorin Dufas so: „Für die EVAD-1 haben wir das gleiche Verfahren angewendet wie seit Jahren: den Markt beobachtet, mit Athleten aus unterschiedlichen Sportarten diskutiert, um ihre Bedürfnisse zu verstehen, und das Produkt gemeinsam mit einigen von ihnen entwickelt. Ein Produkt, das die Art und Weise, wie Sport betrieben wird, maßgeblich verändern wird. Da Innovation jedoch ein nie endender Prozess ist, arbeiten wir bereits an der nächsten Generation.“

Stéphanie Dugas, Marketing-Direktorin beim Hersteller Julbo: "Wir arbeiten in der Entwicklung eng mit Athleten zusammen."
Bildcredit:
Julbo

Siegreich auch dank Top-Material

Toni Palzer wird der Letzte sein, der das nicht toll findet. „Im Leistungssport ist Innovation extrem wichtig“, sagt Palzer, „wenn man irgendwann mal von der Leistungsfähigkeit her auf einem bestimmten Niveau ist, kann man einfach nur noch einen Schritt nach vorn machen, indem man sein Material verbessert. Im Sommer auf dem Rad, indem man leichter unterwegs ist, oder im Winter bei Skiern und Schuhen. Gerade im Wettkampf, der ja immer eine Ausnahmesituation ist, muss man schauen, dass das Material zu hundert Prozent funktioniert, dass man maximal leicht unterwegs ist, um seine Leistung zeigen zu können.“ In den letzten zehn Jahren habe sich in seinem Sport viel getan in Sachen Entwicklung: „Wenn ich meine aktuellen Ski mit denen von früher vergleiche: Die alten waren sicher 200 Gramm schwerer.“ Das klingt nach wenig, ist in einem Sport, bei dem es wirklich auf jedes Gramm ankommt, jedoch ein gewaltiger Faktor. „Hinzu kommt die Abfahrtsperformance“, sagt Palzer, „früher sind mir die Ski schon relativ oft gebrochen - mittlerweile weiß ich schon gar nicht mehr, wann mir das zum letzten Mal passiert ist. Bestimmt vor fünf, sechs Jahren. Weil das Material einfach so gut geworden ist.“

Wichtig ist außerdem der Sicherheitsaspekt, denn wenn Palzer in irgendeinem felsigen Steilhang das Material kaputt geht, hat er keine Knautschzone: „Wenn man Leistungssport macht, investiert man extrem viel, und dann soll das Ganze ja doch einigermaßen sicher sein. Man investiert nicht so viele Trainingsstunden, damit einem im Wettkampf dann das Material unter den Füßen wegbricht und man sich auch noch wehtut. Aber durch all die Innovationen wird das schon viel sicherer.“ Ein Satz, den wohl auch dieser Edison unterschreiben würde.