ISPO.com: Herr Jensen, was ist die Idee hinter der Aktion „Save the Seasons”?
Jan Tore Jensen: Das ist eine lange Geschichte, aber ich versuche sie mal zu erzählen. Wir arbeiteten gerade an der Bergans-Plattform, hatten eine Vision und eine Mission, verschiedene Design-Ansätze und so weiter. Wir wollten auch über den Kurs von Bergans sprechen, unsere Haltung und Überzeugung.
Dann haben wir in einigen Workshops herausgearbeitet, dass uns die Jahreszeiten wichtig sind und wir zudem ein Vier-Jahreszeiten-Produktkonzept haben. Beides wollten wir verbinden – und so hat alles begonnen. Mit einer PR-Agentur haben wir für die Werbekampagnen zusammengearbeitet und uns irgendwann gefragt: Kann das Ganze nicht viel größer werden? So kam die Idee auf.
Steckten nicht auch wirtschaftliche Absichten dahinter?
Natürlich sind die Jahreszeiten ein wirtschaftlicher Faktor für uns. Wenn der Winter verschwindet, gibt es keinen Skisport mehr und wir verkaufen Bekleidung, Rucksäcke und Ausrüstung dafür. Aber inzwischen geht es um viel mehr als nur Produkte – wir bekommen mittlerweile zu spüren, dass das alles viel gravierender ist.
An Weihnachten war ich mit meiner Familie und meinen Kindern Skifahren. An einem Tag hatten wir minus 18 Grad, zwei Tage später plötzlich sechs Grad und Regen. Es war anders als in meiner Kindheit, in der es immer viel Schnee gab. Ich konnte meinen Sohn nicht zum Skifahren mitnehmen, weil da nur noch etwas Eis war. Die Aktion hat einen größeren Zweck für uns. Als wir anfingen, sie zu kommunizieren, haben wir beschlossen: Es geht um mehr als nur Produkte, das ist etwas für die gesamte Industrie.
Wann haben Sie die Petition gestartet?
Den Gedanken, dass wir irgendwie die vier Jahreszeiten retten müssen, gibt es schon lange. Die Idee, sie zum UNESCO-Weltnaturerbe zu machen, war bei uns das erste Mal im August 2019 auf dem Tisch. Es ging also alles ziemlich schnell. Während der ersten beiden Tage auf der ISPO Munich kamen schon mehr als 1.000 Unterschriften zusammen.
Ehrlich gesagt, ist die Idee ein bisschen verrückt. Normalerweise sind doch nur physische Dinge auf der UNESCO-Liste, Naturschutzgebiete oder Nationalparks.
Ja, das ist ein Teil des Problems, dass die Jahreszeiten nicht so richtig in eine der UNESCO-Kriterien passen. Es ist ein großes Ziel und das ist uns bewusst. Deshalb arbeiten wir umso härter daran.
Wer die Petition unterschreiben will, kann das nicht auf der Bergans-Website tun. Warum gibt es eine eigene Seite für „Save the Seasons”?
Weil wir dieses Projekt ganz scharf von unseren Produkten trennen wollten. Wir versuchen nicht, darüber mehr zu verkaufen. Deshalb hat „Save the Seasons“ eine eigene, neutrale Website. Ich kann mich hinsetzen und über Produkte für Wintersport reden – aber was bringt das, wenn es keinen Schnee mehr gibt? Eine Verbindung zu unseren Produkten würde einen Schatten über diesen höheren Zweck werfen.
Was sind die nächsten Schritte?
Wir wollten das nicht allein tun. Also haben wir die Idee dem WWF vorgestellt, weil die Organisation letztendlich dieselben Ziele hat wie wir. Sie wissen mehr über Ökosysteme. Wir sehen den Klimawandel wie eine Krankheit, aber sie wissen, wie die Krankheit zustande kam. Unsere Partnerschaft mit dem WWF ist zunächst für mindestens zwei Jahre vertraglich geregelt. Gemeinsam haben wir uns mit einem Brief an das Umweltministerium der norwegischen Regierung gewandt.
Die Politiker müssen den Antrag bei der UNESCO einreichen, also brauchen wir sie mit im Boot. Wir wollen nicht mit dem Finger auf sie zeigen und sagen: Hey, Ihr müsst dieses Klimaproblem für uns lösen. Sie haben zwar die Macht, aber sie können es nicht allein lösen. Deshalb appellieren wir an jeden, auch an uns selbst. Wir müssen uns ändern, die Verbraucher müssen sich ändern und die Politiker müssen uns dabei helfen. Wir wollen das Thema zum Thema der gesamten Sportartikelindustrie machen. Einige Marken sind schon auf uns zugekommen auf der ISPO Munich, etwa Icebug mit CEO David Ekelund.
Das heißt, Sie wären bereit, andere Marken bei „Save the Seasons“ mitmachen zu lassen?
Ja. Wir hätten nie gedacht, dass das eine Möglichkeit wäre und andere überhaupt auf uns zukommen würden und sagen: Hey, wir sind auch daran interessiert, wir wollen die Petition als Marke unterschreiben und auch mitmachen. Natürlich können sie mitmachen! Wir sind offen für alle Marken, die die Aktion befürworten.
Um auf die Petition aufmerksam zu machen, haben Sie ein sehr trauriges, emotionales Video produziert.
Wir wollten niemandem Angst machen, aber das Thema ist beängstigend und wichtig. In Oslo hatten wir jetzt den ersten Januar der Geschichte ohne Schnee. Stattdessen fingen in unserem riesigen botanischen Garten die Blumen an zu blühen. Das Problem betrifft uns alle! Als wir das Video zum ersten Mal bei uns im Büro gezeigt haben, begannen die Leute zu weinen. Es war sehr emotional.
Planen Sie, auch die Regierungen anderer Länder anzuschreiben?
Nein. Aber wenn wir es schaffen, andere große Marken aus anderen Ländern an Bord zu holen, könnten sie wiederum ihre Regierungen beeinflussen. Wie gesagt kamen auf der ISPO Munich schon ein paar Firmen auf uns zu und mit denen werden wir in Kontakt bleiben. Hoffentlich gibt es dann bald mehr Marken, die Teil der Bewegung sein wollen.
Glauben Sie wirklich, dass “Save the Seasons” Erfolg haben wird und die Jahreszeiten es eines Tages auf die UNESCO-Welterbeliste schaffen?
Das glaube ich ganz bestimmt. Wir alle von Bergans glauben, dass das möglich ist, und wollen dazu beitragen, das Klima zu schützen. Stehen die Jahreszeiten einmal auf der Liste, ist der nächste logische Schritt, sie zu schützen. Dann müssen die Politiker handeln. Das wäre zumindest der erste Sieg.
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