Outdoor/19.10.2017

Experten erklären, wie Hallen- und Felsklettern sicherer werden kann

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Die Zahl der Hallenkletterer erhöht sich rasant – und viele Kletterer zieht es auch an den Fels. Das stellt die Hersteller vor neue Herausforderungen: Die Sensibilisierung für Sicherheitsthemen hat höchste Priorität bei Produktentwicklung und Bildungsarbeit. Welche Maßnahmen sie konkret ergreifen, erklären fünf Experten aus der Branche.

Verantwortungsbewusster Umgang mit der Sicherungsausrüstung ist eine Grundlage des Kletterns.
Verantwortungsbewusster Umgang mit der Sicherungsausrüstung ist eine Grundlage des Kletterns.

Die Urbanisierung des Klettersports zieht auch die Neuerschließung von Sportklettergebieten nach sich. Der Wechsel vieler Indoor-Kletterer nach draußen soll dabei nicht dem Zufall überlassen bleiben. Tutorials, Anwendungshinweise in Katalogen und Online-Shop und eine neue Generation von Sicherungsgeräte wie Grigri+, Smart 2 und OHM, die intuitiv bedient werden können, sind nur einige Maßnahmen, die Hersteller ergreifen.

Branchen-Insights

Die Hallen sind voll, aber auch die Sportklettergebiete finden immer mehr Zuspruch. Dass der Wechsel von Plastik an den Naturfels auch Risiken birgt, ist vielen Kletterern nicht bewusst. Outdoor erwarten den Kletterer ganz andere Anforderungen. Bewegt er sich in der Halle sicher im fünften Franzosengrad, stellt eine 5a am Fels durch weite Hakenabstände und brüchigen Fels eine unüberwindbare Hürde dar. Kletterer für Sicherheit und Natur zu sensibilisieren, ist zunehmend wichtig für die Branche. Fünf Experten erklären, wie sie dieser Aufgabe gerecht werden: 

  • Black Diamond: Stephan Hagenbusch, Vice-President of International Sales
  • Edelrid: Thomas Hodel, Brandmanager
  • Mammut: Andres Lietha, Head of Business Unit Hardware
  • Petzl Deutschland: Christoph Driever, Countrymanager
  • Red Chili: Stefan Glowacz, Mitgründer

Black Diamond Equipment ist ein Hersteller von Kletter-, Ski- und Bergsportausrüstung mit Sitz in Utah, USA. Das Unternehmen wurde 1954 gegründet und unterhält auch globale Niederlassungen in Innsbruck, Österreich, und Zhuhai, China.

„Ein gutes Produkt, das sich auch speziell an den Bedürfnisse von Einsteigern orientiert, ist sicher die Basis. Jedoch müssen Kletterausrüstungshersteller wie Black Diamond auch in der Ausbildung aktiv sein und eng mit Hallenbetreibern, Bergführern und Sportverbänden zusammenarbeiten.

Es ist besonders wichtig, die Einsteiger nicht nur auf sicherheitsrelevante Unterschiede zwischen Hallen- und Felsklettern aufmerksam zu machen, sondern auch für Themen wie Parkplatzsuche, rücksichtsvolles Verhalten in der Natur, Umgang mit Anrainern etc. zu sensibilisieren. Black Diamond investiert hier seit Jahren in entsprechende Programme – auch in Zusammenarbeit mit Kletterhallenbetreibern.“  

Das Sicherheitsrisiko beim Bouldern ist geringer als beim Seilklettern.
Das Sicherheitsrisiko beim Bouldern ist geringer als beim Seilklettern.
Bildcredit:
Edelrid

Edelrid: Mangelndes Sicherheitsbewusstsein bei Kletterern erkennbar

Edelrid ist ein deutscher Hersteller von Kletter- und Bergsportausrüstung mit Sitz in Isny im Allgäu. Gegründet im Jahr 1863 ist Edelrid seit 2006 Teil der Vaude-Gruppe. Das Unternehmen beschäftigt 160 Mitarbeiter.

„Als einer der führenden Bergsportmarken steht bei uns die Sicherheit an oberster Stelle. Heute mehr denn je ist es wichtig Produkte zu entwickeln, die kein Spielraum für Fehlanwendung bieten. Einfaches und verständliches Handling werden zum Muss. Das Produktdesign spielt hierbei eine nicht unwesentliche Rolle. 

Leider müssen wir seit ein paar Jahren ein zunehmend mangelndes Risikobewusstsein feststellen. Dies spiegelt sich auch in den Unfallstatistiken des DAV wieder. Als Hersteller von PSA-Artikeln versuchen wir dieser Entwicklung durch Aufklärung und der Entwicklung von möglichst sicheren und intuitiv zu bedienenden Produkten entgegenzuwirken. So haben wir beispielsweise schon vor Jahren bei unseren Sicherungsgeräten auf die Verwendung von Autotubern gesetzt.“

Die Mammut Sports Group AG ist ein Schweizer Hersteller von Berg- und Trekkingausrüstung mit Sitz in Seon, Schweiz. Das Unternehmen mit 465 Mitarbeitern wurde 1862 gegründet.

„Kletterhallen können im Vergleich zu anderen Outdoorsportarten einen sehr hohen Sicherheitsstandard vorweisen und weisen auch eine entsprechend positive Unfallstatistik auf. Zudem beobachten wir eine starke Bewegung zum Bouldern. Hier sind zwar Bagatellverletzungen relativ häufig, aber kaum schwerere Verletzungen zu beobachten. 

Für Kletterer am Seil hat Mammut auf der Outdoor 2017 eine neue Sicherungseinheit vorgestellt, den Smart 2.0 mit dem Smarter, welche speziell darauf ausgerichtet ist, Anfänger zu unterstützen, indem sie Anwendungsfehler vorbeugt. Wir konzentrieren uns auf die aktuellen Trends im Bouldern und spielen aber gleichzeitig unsere bestehende Stärke im Felsklettern aus.“

Petzls setzt Standards in Sicherheits-Beratung und Grundlagenausbildung

Petzl ist Hersteller von Kletterausrüstung, Höhlenausrüstung, Arbeitsgeräten und Scheinwerfern mit Sitz in Crolles (bei Grenoble), Frankreich. Das Unternehmen wurde Mitte der 70er Jahre vom Höhlenforscher Fernand Petzl gegründet und beschäftigt 700 Mitarbeiter.

„Sowohl die Verbände und Vereine, jeder Kletterhallenbetreiber aber natürlich auch die Hersteller müssen dafür sorgen, dass die Kletter-Einsteiger entsprechend ausgebildet werden! Das Bewusstsein der „neuen“ Aktiven ist oft stärker auf die Bewegung ausgerichtet als auf die Sicherheit, die bei dieser Sportart natürlich einen entsprechenden Fokus braucht.

Die Firma Petzl hat sich traditionell dazu verpflichtet, nicht nur Produkte, sondern auch Lösungen zu vermarkten. Angefangen vom Katalog, der bis zu 30% Anwendungstipps und Hilfestellungen bietet, über die Website bis hin zu speziellen Händler- und  Kundenschulungskonzepten (Indoor/Outdoor) haben wir in der Beratung Standards gesetzt.

Da sich die Handhabung eines Sicherungsgerätes mal grundsätzlich nicht von Drinnen nach Draussen ändert, legen wir immer den Schwerpunkt auf gute Produktinformationen und Grundlagenausbildung. Zu vielen Themen, die neu sind, wenn der Hallenkletterer an den Fels geht (Vorstieg, Standplatzbau,…) haben wir entsprechende Tutorials und Videos entwickelt, die wir u.a. auf unserer Homepage zur Verfügung stellen. Augenblicklich bereiten wir zudem eine Schulungsreihe vor mit unserem Partner, dem deutschen Bergführerverband, welche zunächst in Printform in Kletterhallen und bei Händlern verteilt werden.“

Richtig ausgeführt, ist Klettern ein sicherer Sport. Stefan Glowacz macht es vor.
Richtig ausgeführt, ist Klettern ein sicherer Sport. Stefan Glowacz macht es vor.
Bildcredit:
Red Chili

Red Chili Climbing ist ein deutsches Unternehmen, das Kletterschuhe und Kletter-Bekleidung herstellt. Mitgründer ist Stefan Glowacz. 2017 fusioniert Red Chili mit Edelrid.

„Ich bin mir sicher: In den kommenden zehn Jahren wird sich das Klettern in eine völlig andere Richtung entwickeln, losgelöst von der Tradition. Die Menschen kommen in die Boulderhalle, haben einen tolles Workout für den ganzen Körper. Dann gehen sie vielleicht in die Kletterhalle, weil sie Lust bekommen haben – und irgendwann raus an den Fels.

Erfahrung ist hier der entscheidende Faktor. Von der Boulder- zur Felswand, das ist ein gewaltiger Unterschied. Wir haben früher direkt am Fels angefangen. Heute ist die Kluft viel, viel größer. Das selbstständige Klettern, vielleicht sogar im Gebirge, muss man sich Schritt für Schritt erarbeiten – und auch besondere Sicherheitsaspekte beachten.“

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