30.11.2020

Mountainbike-Trends 2021: Neuheiten & Chancen

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Bikeparks, Down Country, E-MTB-Boom – die Mountainbike-Branche erlebt eine heiße Zeit. Dabei verändern sich weniger die Bikes selbst als deren Nutzung durch neue Zielgruppen. ISPO.com beleuchtet die sieben spannendsten Mountainbike-Trends 2021.

Mit dem neuen "Bike Kingdom" will Lenzerheide hoch hinaus.

Es hat gerade mal zwei Jahre gedauert, da traf Stefan Schlies Prognose bereits ein: „Die normalen Mountainbiker werden in nicht allzu ferner Zukunft in der Minderheit sein“, sagte der E-MTB-Profi Anfang 2017 bei ispo.com. 

2019 war es soweit: 215.500 „Bio-MTBs“ wurden in Deutschland verkauft – und 360.400 E-Mountainbikes.

Verkaufszahlen Mountainbikes in Deutschland

  • 2016: 455.250 Mountainbikes gesamt, davon 364.500 (80.1%) Bio-MTBs und 90.750 (19,9%) E-MTBs
  • 2017: 424.300 Mountainbikes gesamt, davon 269.500 (63,5%) Bio-MTBs und 154.800 (36,5%) E-MTBs
  • 2018: 516.700 Mountainbikes gesamt, davon 271.700 (52,6%) Bio-MTBs und 245.000 (47,4%) E-MTBs 
  • 2019: 575.900 Mountainbikes gesamt, davon 215.500 (37,4%) Bio-MTBs und 360.400 (62,6%) E-MTBs

Quelle: Zweirad-Industrie-Verband e.V. (ZIV)

Wird das E-MTB die unmotorisierten Modelle komplett verdrängen? „Das wird nicht passieren“, sagt André Schmidt, Chefredakteur des Fachmagazins MountainBIKE: „Der Hochleistungssport geschieht schließlich weiterhin vor allem im unmotorisierten Bereich, der ja auch olympisch ist. Aber ein Verhältnis von 20:80 ist denkbar.“

Wer also auf die Mountainbike-Trends und -Neuheiten 2021 blickt, darf das E-MTB-Segment nicht ausklammern. „Hier stecken die Firmen die meiste Entwicklungsarbeit rein“, sagt Schmidt. „Das mögen viele Bio-Biker schade finden – gleichzeitig profitieren sie auch von den Innovationen bei den Komponenten."

MTB-Trend 1: Mountainbikes werden wieder schwerer

Eigentlich witzig: Im E-Mountainbike-Segment, wo Gewicht dank Motorunterstützung kaum eine Rolle spielte, sorgen neuerdings Light-E-MTBs für Aufsehen. Bei den Bio-Mountainbikes ist der Leichtbau-Trend hingegen vorbei. „Das liegt vor allem daran, dass die Räder immer Gelände-verliebter und bergab-lastiger werden“, stellt André Schmidt fest.

Die Hauptursache sieht der Journalist im Profibereich, wo die Cross-Country-Streckenführung bergab mitunter Downhill-Level erreicht habe. Schmidt erklärt: „Im Gegensatz zum Skifahren oder in der Formel 1 nutzen Profi- und Freizeit-Mountainbiker fast das identische Material.“

Die Herausforderung „leicht nach oben, stabil nach unten“ lasse sich eben nicht lösen: „Wenn ich einen stabilen 29-Zoll-Reifen haben will, mit Pannenschutz und einer Karkasse, die nicht wegknickt, dann wiegt das eben ein Kilo“, sagt Schmidt.

Bei den Mountainbikes 2021 tue sich nicht viel. „Ich sehe nichts Bahnbrechendes, wie es Klickpedal, 29er, Variosattelstütze oder 1x12-Schaltungen waren – diese Innovationen haben die Art des Bikens nachhaltig verändert“, sagt Schmidt. „Derzeit sprechen wir viel über Elektronik am Bike und Sicherheitssysteme. Im E-MTB-Segment ist sicherlich das Thema Light-E-MTB am spannendsten.“

MTB-Trend 2: Down Country-Bikes erobern den Markt

Abgeleitet von Trend 1 hat sich der Begriff „Down Country“ etabliert, die Nachfrage wächst. „Ein Kunstbegriff aus Downhill und Cross Country – letztlich sind es Racebikes mit einer Extraportion Fahrspaß“, fasst es André Schmidt zusammen. Also etwas stabiler, mit mehr Federweg vorne und hinten (120 mm) und auch mit Variosattelstützen. „Eigentlich eine tolle Kategorie, weil die Bikes nicht so schwer sind.“

Die Segmentierung geht also weiter. „Für uns ist das gar nicht so leicht zu vermitteln: Wo hört Cross Country auf und wo fängt Down Country an?“, sagt Schmidt und warnt: „Darin steckt auf die Gefahr, dass die Leute irgendwann nicht mehr durchblicken und zunehmend ablehnend reagieren. Früher gab es halt ein Rad für hoch und eins für runter.“

Eine Kategorie spiele hingegen kaum noch eine Rolle, sagt Schmidt: „All Mountain hört man immer seltener, es ist ohnehin ein deutscher Begriff, im Englischen heißen sie Trailbikes.“

MTB-Trend 3: Weniger Individualisierung

Mehr Differenzierung im Markt bedeutet auch: weniger Individualisierung. „Früher wurde definitiv mehr an den Bikes geschraubt und optimiert“, meint Schmidt, „das Rad wird heute als Ganzes gekauft und genutzt.“

Einerseits weil Aufbau und Komponenten deutlich komplexer geworden seien, andererseits „weil die Räder von Haus aus so gut abgestimmt sind, dass es sich nicht wirklich lohnt“, sagt Schmidt und nennt ein Beispiel:

„In einem 3.000-Euro-Mountainbike sind gute Federgabeln verbaut, zwar nicht das Topmodell, aber absolut hochwertig. Das Topmodell von Fox kostet alleine 1.000 Euro – das lohnt sich einfach nicht. Und im Zweifel verschlechtere ich sogar noch das Fahrgefühl, weil die Hersteller die Komponenten mittlerweile sehr gut aufeinander abstimmen.“

Bei E-MTBs verbiete sich das selbstständige Optimieren ohnehin: „Da sollte man – außer im Verschleißteil-Bereich – lieber gar nichts selbst anfassen, weil das ein rechtliches Gewährleistungsproblem werden kann“, sagt Schmidt.

Anstöpseln, abstöpseln – mehr Hand anlegen sollte man nicht an seinem E-Mountainbike.
Bildcredit:
Klemens König

MTB-Trend 4: Preistoleranz und Qualitätsbewusstsein steigen

„Vor zehn Jahren habe ich pro Monat ein Mountainbike über 3.000 Euro verkauft, heute verkaufe ich fast nur noch in diesem Preissegment“, berichtet ein Händler aus Oberbayern.

Das liegt einerseits an der hohen Nachfrage nach E-Mountainbikes, die naturgemäß teurer sind. Andererseits ist die Preistoleranz bei den Kunden massiv gestiegen, denn selbst bei den nicht-motorisierten Fahrrädern ist der Durchschnittspreis gestiegen.

„Damit setzt sich der Trend zu Markenprodukten und Fahrzeugen mit hoher Qualität, wie schon in den Jahren zuvor, fort“, teilt der Zweirad-Industrie-Verband (ZIV) nach dem Rekordjahr 2019 mit und nannte vielfältige Gründe: „technische Innovationen, hohe Attraktivität der Fahrzeuge, aber auch die Zunahme der Bedeutung von Fahrrad und E-Bike für die Alltagsmobilität“.

In der Corona-Krise 2020 stieg die Nachfrage derart, dass Fahrradhändler für viele Modelle „ausverkauft!“ melden mussten. Fürs Mountainbike-Business 2021 bedeutet das: Die Hersteller schrauben fast mehr an ihren Preisen als an ihren Bikes und testen die Schmerzgrenze.

MTB-Trend 5: Akzeptanz der E-Mountainbikes steigt

Selbst die eingefleischtesten Bio-Mountainbiker haben längst eingesehen: Der Siegeszug der E-MTBs ist nicht mehr aufzuhalten. „Unter unseren Lesern gibt es zwar noch einige, die E-Mountainbikes kategorisch ablehnen“, sagt André Schmidt, „wir behandeln es jedoch gleichberechtigt. Die meisten in unserer Redaktion fahren beides – ich ebenso.“

Der 47-Jährige nutzt sein E-Mountainbike vor allem im Alltag, zum Einkaufen und als Familienkutsche mit Kinderanhänger: „Ich sehe das E-MTB nicht als Verrat am Mountainbike. Es bringt mehr Leute aufs Rad und raus aus den Städten. Und das ist gut.“

MTB-Trend 6: Mountainbiken als Familiensport

Fahrrad fahren gehört – nicht erst seit Corona – zu den beliebtesten Sportarten der Deutschen. Das gilt auch mehr und mehr fürs Mountainbike, wo die E-MTs als Gamechanger fungieren. „Die erste Mountainbike-Generation hat längst selbst Kinder, die mit dem E-Bike als Lift den Berg erobern können“, sagt André Schmidt.

Als „Mountainbike“-Chefredakteur konnte er außerdem feststellen, dass Beilagen und Sonderausgaben zum Thema Kinder und Mountainbiken sehr gut angenommen werden: „Die Industrie ist dabei, neue und bessere Sachen für diese Zielgruppe zu entwickeln – da steckt noch viel Potenzial drin.“

Das gilt auch für Frauen als Zielgruppe. Spezielle (E-)Mountainbikes für Frauen sind längst Standard, aber auch Bike-Destinationen sprechen nun gezielt Frauen an. „In unseren MTB-Schulen und -Camps sind vermehrt Frauen anzutreffen, da bauen wir das Angebot aus“, berichtet Marco Pointner, Geschäftsführer vom Tourismusverband Saalfelden-Leogang.

Der Epic Bikepark, 80 Kilometer südlich von Salzburg, biete daher mittlerweile auch gemäßigtere, breitere Trails an. Besonders stolz ist Pointner auf den Übungsparcours an der Talstation: „Der Riders Playground, in den wir in den letzten Jahren massiv investiert haben, ist perfekt für Jung und Alt, um Mountainbiken von der Pike zu erlernen. 

Wir denken das wie beim Skifahren, wo man sich als Anfänger auch erst einmal langsam den Berg erarbeitet.“

Saalfelden-Leogang hat die "Steinberg-Line" familienkompatibel umgestaltet.
Bildcredit:
Klemens König

MTB-Trend 7: Mountainbike-Tourismus wächst

Während Ferndestinationen in der Corona-Krise massive Einbußen hinnehmen mussten, sind die meisten Mountainbike-Gebiete sehr gut durchs Jahr gekommen. „Speziell dieser Krisensommer hat gezeigt, dass sich unser Fokus aufs Biken gelohnt hat“, sagt Pointner: „Ohne diese Spezialisierung hätten wir nicht diese guten Sommermonate erlebt.“

Marc Schlüssel, Marketingleiter im schweizerischen Gebiet Arosa / Lenzerheide, hat dank eines ausgebauten Bikepark-Angebots sogar ein Rekordjahr erlebt: „Bis Ende Oktober haben wir 35 Prozent mehr Logis-Nächte verbucht – dabei hatten wir im Mai und Juni fast komplett zu“, berichtet er.

Mit dem neuen Bike Kingdom, der mit viel Bohei am 6. Juni 2020 öffnete, habe die Region ihre Position als Bike-Destination Nummer eins in der Schweiz weiter ausbauen können, meint Schlüssel: „Der Sommertourismus gewinnt nicht nur bei uns an Bedeutung, durch Corona vielleicht noch mehr. Immer mehr Regionen setzen aufs Mountainbiken. Ich glaube, wir sind noch lange nicht am Zenit.“

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