Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Im Jahre 1989 noch gab es in ganz Deutschland laut Deutscher Alpenverein (DAV) gerade einmal 20 Kletterhallen mit über 100 Quadratmetern Kletterfläche. Elf Jahre später waren es bereits 180 und 2015 schon 440.
Entsprechend gestiegen ist die Anzahl der Indoor-Sportkletterer. Laut DAV betreibt rund ein Drittel der DAV-Mitglieder Sportklettern. Betrachtet man die Entwicklung der Mitgliederzahlen von 686.000 im Jahr 2004 auf 1.132.000 Ende 2015, ergibt sich daraus ein enormes Wachstum.
Dabei unberücksichtigt ist die Anzahl der Boulderhallen. Und die stieg laut DAV noch stärker. Zahlenmaterial dazu erhebt der Verein jedoch nicht, da „die Boulderer traditionell weniger im Alpenverein aktiv sind als die Kletterer“, so eine Sprecherin.
Dieses Wachstum blieb nicht unbemerkt: Als Adidas im Jahr 2008 verkündete, verstärkt in den Outdoormarkt zu investieren und in der Folge die Profikletterer Alexander und Thomas Huber als Testimonials verpflichtete, war das eine Kampfansage an die bisherigen Traditionsmarken, die vom stabilen Erfolg der Vorjahre verwöhnt waren.
Drei Jahre später übernahm Adidas die amerikanische Klettermarke Five Ten für 25 Millionen USD, und dem Global Player gelang, was manch einer anfangs nicht für möglich gehalten hatte: Der glaubwürdige Einstieg in den Kletter- und Bouldersport.
Mit den „Adidas Rockstars" veranstaltet die Marke heute einen der renommiertesten Boulderwettkämpfe der Szene – und das weltweit.
Und auch andere Brands profitieren vom Boom. Wolfgang Rösch, Verkaufsleitung von der amerikanischen Kletterbrand prAna: „Der Kletterboom spiegelt sich ganz klar in unseren Ergebnissen wider. Kletterhosen und -oberteile, aber auch Accessoires wie zum Beispiel Chalkbags, sind gefragter denn je und verkaufsstärkste Kategorie von prAna Deutschland.“
Viele weiten deshalb ihr Programm für den Boulder- und Klettersport kontinuierlich aus. Kletter-Ausrüster Edelrid startete mit Boulderbekleidung und Kletterschuhen und hat auch Red Chili übernommen; Deuter launcht Klettertaschen und Chalk Bags; Maloja lancierte eine Boulderlinie und so weiter.
Auch die Werbung interessiert sich inzwischen für den Sport, und große Marken wie z.B. Mini sponsern Events.
„Der Bouldertrend erreicht eine neue Zielgruppe. Sie ist jung, fitness-orientiert und klettert Indoor. In diesem Trend liegen wir vor den USA“, erklärt Wolfgang Rösch von prAna weiter.
Das heißt: Mit dem Boom ist Bewegung in den Sport gekommen. Der Einfluss der jungen Generation wächst, und sie ist es auch, die die Limits immer weiter nach oben treibt – nicht zuletzt aufgrund der heute wesentlich besseren Trainingsbedingungen und der flächendeckenden Verbreitung von Hallen.
Dass ausgerechnet Bouldern immer mehr Anhänger findet, liegt daran, dass Bouldern im Vergleich zum Sportklettern und alpinen Klettern wesentlich einfacher umzusetzen ist. Man braucht keinen Kletterpartner zum Sichern, keine teure Ausrüstung, wie Gurt, Seil etc., und keine Vorkenntnisse. Es wird ohne Sicherung geklettert, dafür nur in Absprunghöhe.
Aber es kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu, der das Bouldern für viele attraktiv macht: „Der soziale Anschluss“, sagt Profikletterer Stefan Glowacz im Interview mit ISPO.com.
Die sportliche und zugleich chillige Atmosphäre in den Boulderhallen trifft den Nerv der Zeit und schafft Gemeinschaft in einer immer anonymeren Welt. Boulderhallen sind nicht nur Sportstätten, sie sind zu einem Treffpunkt für die Kletter- und Boulder Community geworden. Eine Community übrigens, die mindestens zur Hälfte aus weiblichen Aktiven besteht!
Und diese Community wächst weiter. Wer im Bouldern oder Klettern gut sein will, braucht ein umfassendes Training. Deshalb ergänzen immer mehr Hallenbetreiber die reinen Boulder- und Kletterbereiche um vielfältige Trainingsangebote, die gezielt Kraft und Kondition verbessern helfen.
Damit öffnet sich der Sport für neue Einflüsse. Der ehemalige Profikletterer Christian Benk setzt mit seinen Kletterhallen in Stuttgart und Ulm auf genau diese Entwicklung: „Gerade Cross Fit bietet beste Möglichkeiten, mit wenig Zeit eine maximale Leistungssteigerung zu erreichen.“ Er stattet Kletterhallen weltweit mit Klettergriffen aus und kennt die Branche seit vielen Jahren.
Mit seinen eigenen Hallen wollte er bewusst einen Schritt weiter gehen und neue Bereiche einbeziehen. Beispielsweise Yoga und Parcours: „Beides passt perfekt zum Bouldern, beispielsweise die Atemtechnik beim Yoga und die Bewegungen beim Parcours“, sagt Benk.
Tatsächlich gibt es viele Gemeinsamkeiten zwischen Parcours und Bouldern, auch wenn die gleichen Bewegungen anders heißen. Außerdem werden die Boulder immer dynamischer und integrieren Sprung- und Laufelemente. Nicht zuletzt gibt es mit dem sogenannten Buildering schon lange eine urbane Boulder-Variante, wo z.B. unter Brücken gebouldert wird, nicht am Block.
Sind Boulderer also auch Parcourer? „Das nicht unbedingt“, sagt Benk. „Aber viele verstehen, dass sich die einzelnen Sportarten gegenseitig befruchten. Vor allem die Kids gehen ganz spielerisch an das Thema ran und finden Parcours oft viel spannender als eine Boulderwand. Für die ist Parcours der Einstieg und die Kletterwand der nächste Schritt.“
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