ISPO.com sprach mit Mike Schragger, dem Gründer und Direktor der Sustainable Fashion Academy (SFA) und Vorsitzenden des Global Leadership Award in Sustainable Apparel (GLASA).
Seit 2008 bietet er Unternehmen und Organisationen strategische Beratung zur Nachhaltigkeit an. Schragger will die Akteure der Industrie – Forscher, Politiker und Investoren – mobilisieren, um nachhaltigere Lösungen für die Industrie zu schaffen.
Die Grenzen der Nachhaltigkeit
ISPO.com: Herr Schragger, ist es wirklich möglich, eine komplett nachhaltige Sportmarke zu kreieren – und wie würde diese aussehen?
Mike Schragger: Dies erfordert eine sehr detaillierte und wissenschaftliche Antwort, aber um es zu vereinfachen: Eine hundertprozentig nachhaltige Sportmarke würde sicherstellen, dass ihr Geschäftsmodell komplett kreisförmig und erneuerbar ist, dass die Arbeiter faire Arbeitsbedingungen erhalten und dass dies möglichst auch für alle gilt, mit denen sie zusammenarbeitet. Oder lassen Sie es mich so ausdrücken:
- Aus ökonomischer Sicht sollte das Unternehmen Gewinne und gute Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen
- Aus ökologischer Sicht sollte es die Natur besser hinterlassen, als es sie vorgefunden hat. Das würde nicht nur bedeuten, keine CO2-Emissionen mehr zu produzieren, sondern sogar Möglichkeiten zur Reduzierung der Emissionen für die Allgemeinheit zu schaffen.
- Es würde ebenfalls bedeuten, wasserlose Produktionsprozesse – ohne schädliche Chemikalien – zu verwenden und möglichst alle Ressourcen wiederzuverwerten und zu recyceln.
- Aus sozialer Sicht würde es bedeuten, existenzsichernde Löhne zu bieten und die Menschenrechte in der gesamten Lieferkette zu wahren.
Mit anderen Worten: Es ist noch ein langer Weg?
Es ist keine leichte Aufgabe, aber es ist wichtig, dass wir anfangen. Schon heute können Unternehmen umweltfreundlichere Materialien verwenden, ihre Lieferanten dazu ermutigen, wassersparende Produktionsverfahren und umweltfreundlichere Chemikalien zu nutzen. Sie können ein System installieren, bei dem alte Kleidung zurückgenommen oder repariert wird. Und sie können bessere Arbeitsbedingungen bieten, indem sie sich – auch in fernen Produktionsländern – zu Mindeststandards bekennen und diese auch kontrollieren.
Ein Unternehmen gilt seit jeher als erfolgreich, wenn es gute Umsätze und Gewinne erwirtschaftet. Jetzt müssen wir es schaffen, dass auch sozialer und ökologischer Erfolg an Bedeutung gewinnt – und dazu müssen wir die richtigen wirtschaftlichen Anreize schaffen. Dies erfordert das Eingreifen von politischen Entscheidungsträgern, von Investoren und Forschern, weil es Unternehmen nicht alleine können.
Viele Manager denken immer noch, dass sich Investitionen in Nachhaltigkeit nicht lohnen. Was entgegnen Sie diesen Leuten?
Nachhaltigkeit ist kein Modethema, das irgendwann wieder verschwindet. Wenn es richtig angegangen wird, können Investitionen in Nachhaltigkeit zu Risikominderung, Kosteneinsparungen und Unternehmenswachstum führen. Jedes Unternehmen muss für sich entscheiden, wie viel Geld es für einen dieser drei Bereiche investiert, um schließlich etwas fürs Geld zurückzubekommen.
Nachhaltigkeit beginnt mit einer Strategie
Für diejenigen Unternehmen, die noch keine Nachhaltigkeitsstrategie verfolgen: Was könnte der erste Schritt in diese Richtung sein? Einige Manager könnten sich durch die große Anzahl an Optionen überfordert fühlen.
Nachhaltigkeit ist eine komplexe Sache und erfordert Fachwissen. Ich verstehe durchaus, dass es verwirrend sein kann, welcher Initiative man sich anschließen sollte. Aber die Integration von Nachhaltigkeit im Unternehmen beginnt mit den gleichen Management-Tools, die man sonst für anderen Bereiche auch anwendet.
Ein Unternehmen, das neu auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit unterwegs ist, sollte mit der Bewertung seiner Risiken und Chancen beginnen. Aus dieser Analyse leitet man eine Strategie und einen konkreten Plan ab.
Es muss also herausgearbeitet werden, wo die kurzfristigen und langfristigen Prioritäten liegen und wie sich die Strategie mit den anderen wichtigen Unternehmenszielen verknüpfen lassen. Und daraus lässt sich dann ableiten, welche Initiativen sinnvoll einzusetzen sind und welche eben nicht.
Seit 2008 bieten Sie mit der SFA Nachhaltigkeitsberatung an. Was hat sich seitdem bei Ihrer Arbeit verändert?
Die wichtigste Veränderung ist, dass Unternehmen heute viel mehr tun müssen, um Nachhaltigkeit als Treiber für Kosteneinsparungen, Produkt- und Dienstleistungsinnovationen und Wachstum zu nutzen. Es reicht nicht mehr, die eigenen Compliance-Regeln zu überarbeiten.
Das Thema ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen, mehr und mehr Menschen sind sich der globalen Herausforderungen bewusst. Es besteht bei diesem Thema eine gewisse Dringlichkeit zu handeln und Unternehmen für den Wandel einzusetzen.
Sie leben in Stockholm, die Stadt ist bekannt für ihre Nachhaltigkeits-Offensive. Profitieren Sie auch von diesem guten Ruf?
(Mike Schragger lacht) In Schweden zu leben verleiht unserem Engagement sicherlich eine gewisse Glaubwürdigkeit beim Thema Nachhaltigkeit. Die schwedische und nordische Kultur und ihre Werte stimmen überein mit denen auf einer Nachhaltigkeitsagenda.
Die Menschen hier haben viel Zeit draußen verbracht, weshalb sie der Natur sehr nahe stehen. Und daraus sind bei uns auch einige führende Unternehmen entstanden, die die Nachhaltigkeitsbewegung vorantreiben.
Video: Nachhaltigkeit in der Sportbranche
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