Im Interview mit ISPO.COM spricht der erst 18 Jahre alte Profi-Wakeboarder über die besonderen Herausforderungen von Big-Air-Events wie beim Munich Mash, seinen Trainingsalltag und die Zukunft des Wakeboardens als Actionsport.
ISPO.COM: Herr Grant, auf Ihrer Website steht in großen Lettern: TAO. Wofür steht das?
Daniel Grant: Das ist mein Spitzname. TAO heißt Schildkröte auf Thailändisch. Ich bekam diesen Spitznamen von meinen Freunden verpasst, weil ich anfangs beim Fahren immer eine grüne Schwimmweste und einen grünen Helm trug. In diesem Outfit sah ich wohl wie eine Schildkröte aus. Den Namen habe ich beibehalten, weil ich es cool finde, mit einem eigenen Spitznamen aufzutreten.
Was halten Sie vom Big-Air-Event in München?
Es ist eine geniale Show, und ich mag die Idee, dass jeder Fahrer nur einen Trick zeigen darf. So ein Wettbewerb ist eine tolle Möglichkeit, um unseren Sport einem großen Publikum zu präsentieren, und ich freue mich, dass ich dabei sein durfte.
Was ist die größte Herausforderung beim Munich Mash?
Da man nur einen Kicker springt und auch nur einen Trick zeigen kann, ist die größte Herausforderung, sauber zu landen.
„Sport oder Karriere? Entscheidung fiel mit 13“
Auf normalen Wakeboard-Anlagen gibt es keine Big-Air-Kicker. Wie trainiert man für solche Events?
Im Alltag kann man nicht für Big-Air-Events trainieren. Ich versuche aber dennoch, beim Training an der Wakeboard-Anlage Sprünge zu machen, bei denen ich möglichst lange in der Luft bin und viel Speed mitnehme, um weit zu fliegen. Erst wenn wir vor dem Wettkampf auf den Kickern trainieren, kann man wirklich an seinen Tricks arbeiten und ausprobieren, was möglich ist.
Also haben Sie auch gar keinen Plan, welche Tricks Sie zeigen wollen?
Das entscheide ich spontan nach der ersten Trainingssession. Aber ich bin sowieso jemand, der nicht gerne weit vorausplant. Wenn ich mir für alles in meinem Leben einen Plan machen müsste, würde ich durchdrehen. Ich mag es, mich selbst zu überraschen.
Wie sieht Ihr Trainingsalltag aus, wenn Sie zu Hause sind?
Ich versuche, unter der Woche jeden Tag an der Wakeboardanlage zu trainieren, weil dann weniger los ist. Was ich dann genau mache, hängt auch immer davon ab, wer sonst noch an diesem Tag dort ist. Ich fahre ja Wakeboard und Wakeskate. Wenn also viele Leute beim Wakeboarden sind, schnappe ich mir auch mein Wakeboard. Wenn ich aber einen Tag erwische, an dem mir nicht viel gelingt, wechsle ich aufs Wakeskate und probiere damit neue Sachen aus.
Wakeboarden und Wakeskaten haben für Sie den gleichen Stellenwert?
Ja, ich wechsle ständig zwischen beiden Boards – beides macht mir unheimlich viel Spaß.
Ihre Profikarriere begann, als Sie gerade einmal 13 Jahre alt waren. Wie haben Sie Sport und Schule unter einen Hut gebracht?
Als ich die Möglichkeit bekam, professionell Wakeboard zu fahren, hatte ich schon viele Fehltage in der Schule gesammelt. Ich musste mich dann entscheiden, ob ich weiter neben der Schule wakeboarde oder mich voll und ganz auf den Sport konzentriere. Mit 13 Jahren habe ich mich dann für die Karriere als Sportler entschieden, bin von zu Hause aus- und in ein Haus gleich neben der Wakeboardanlage eingezogen.
Filmprojekte sind beim Wakeboarden – wie in anderen Actionsportarten – neben den Wettkämpfen ein zweiter Schwerpunkt der Tätigkeit als Profisportler. Gibt es ein aktuelles Projekt, an dem Sie arbeiten?
Während des ganzen vergangenen Jahres hat mich ein Filmer begleitet. Dieses Jahr habe ich leider nicht mehr so viel Budget, da Monster Energy sich aus dem Sport zurückgezogen hat. Daher habe ich mir mein eigenes Kameraequipment gekauft und filme mit meinen Freunden zu Hause an unserer Anlage und an anderen Spots, zum Beispiel auf Bali oder in Europa. Mir macht es Spaß, die Filme zu schneiden und dabei etwas Neues zu lernen. Wenn ich dann am Ende des Jahres den Film fertig schneide, werde ich sehen, ob ich mir Hilfe von einem Profi hole oder ob es auch so klappt. Meine Sponsoren unterstützen das Projekt und stehen nach dem erfolgreichen Film vom letzten Jahr voll hinter mir.
„Wakeboarden hat noch viel Potenzial“
Actionsportarten sind auch für große Marken als Werbeplattform interessant. Es kommt allerdings immer wieder vor, dass sich Firmen nach kurzem Engagement wieder zurückziehen, so wie Monster Energy. Wie denken Sie als Profisportler darüber?
Wir Athleten können die Situation nur so akzeptieren, wie sie ist. Das Sponsoring von Monster Energy hat mir natürlich vieles ermöglicht. Nun bin ich wieder mein eigener Herr. Ich habe das Gefühl, dass vor allem große Brands aus den USA schneller diese „Hire and Fire“-Mentalität im Sport an den Tag legen. Damit müssen wir als Athleten einfach leben.
Wie schätzen Sie die Entwicklung des Wakeboardens ein? Wird der Sport noch weiter wachsen und als Werbeplattform interessant bleiben?
Ich denke, im Moment wächst der Sport kontinuierlich. Events wie der Red Bull Rising High sind wichtig, weil sie den Sport professionell präsentieren. Hier stimmt einfach alles: von der Organisation über die Betreuung der Fahrer bis hin zur Produktion von erstklassigen Fotos und Videos. Bei den Events der WWA ist das leider nicht immer so. Hier gibt es sicher noch Potenzial, die Kommunikation zu verbessern und so den Sport noch populärer zu machen.
Für die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio war Wakeboarden auf der „Short List“ der neuen Sportarten, erhielt aber vom IOC dann doch eine Absage. Was bedeutet das für den Sport?
Eine Präsentation bei den Olympischen Spielen wäre sicher gut für die Popularität des Sports gewesen. Aber auch nur, wenn das Wettkampf-Format auf dem Niveau der X-Games gewesen wäre. Es müssen die besten Athleten im besten Wettkampfformat antreten, sonst ist es keine Werbung für den Sport. Das olympische Boxen ist für mich ein Negativbeispiel – im Vergleich zum Profiboxen ist es eine komplett andere Welt.
Ein Ausblick in die Zukunft des Wakeboardens: Wohin wird sich der Sport entwickeln?
Ich denke, es wird weiterhin alle Disziplinen des Wakeboardens und Wakeskatens geben. Mit der Technologie von System 2.0 können immer mehr Events dort stattfinden, wo man ein großes Publikum erreicht. Diese Entwicklung wird sicher weiter voranschreiten – und unser Job als Athleten ist es, die Sportart dabei bestmöglich zu präsentieren.
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