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Unterwegs

Wandern mit Kindern: Spielpausen schlagen jedes Panorama

  • Ute Watzl
  • 29. Juli 2019

Ihre Leidenschaft für die Berge mit den eigenen Kindern teilen – das wünschen sich viele Bergfreunde. Ute Watzl schreibt den Blog „Zwerg am Berg“ und ist Familiengruppenleiterin im Deutschen Alpenverein. In Teil 1 unserer Serie "Mit Kindern unterwegs" spricht sie über die besten Wanderziele für Kinder und ein Allheilmittel gegen Lustlosigkeit.


Ute Watzl schreibt den Blog „Zwerg am Berg“ und ist Familiengruppenleiterin im Deutschen Alpenverein. Im Interview mit OutDoor Society verrät sie die besten Wanderziele für Kinder und ihr Allheilmittel gegen Lustlosigkeit.

Lesen Sie auch Teil 2 unserer Serie "Unterwegs mit Kindern": Die besten Tipps zum Hüttenwandern mit Kindern

OutDoor Society: Wie weckt man bei kleinen Kindern die Freude am Wandern?
Ute Watzl: Die Wahrheit ist: Kinder erleben Berge ganz anders als wir. Ein tolles Panorama vom Gipfel ist ihnen herzlich egal. Ihre Augen sind dem Boden viel näher, dem Hier und Jetzt. Entsprechend müssen Wanderungen geplant werden, damit sie ihnen Spaß machen.

Was heißt das für die Tourenplanung?  
Vor allem bedeutet das: Der Weg ist das Ziel. Und zwar im Wortsinne. Breite, flache Forstwege sind für Kinder unendlich langweilig. Wenn ich will, dass die Kinder Spaß haben, sollte ich Forstwege meiden. Schmale Pfade und Steige haben einen viel größeren Erlebniswert, am liebsten auch mit kleinen, ungefährlichen Klettereinheiten. Als wir vergangenes Jahr den Jochberg auf der abwechslungsreichen Route vom Kesselberg in Angriff genommen haben, war ich überrascht, wie schnell mein sechsjähriger Sohn am Gipfel war. Das waren immerhin fast 800 Höhenmeter, und er war zuvor nicht durch besondere Lauffreude aufgefallen. Das Geheimnis sind schmale, steile Steige mit felsigen Kraxelstellen.


 

Ein Spielplatz oder kleine Skurrilitäten am Wegesrand wertet jede Wanderung für Kinder auf.
Ein Spielplatz oder kleine Skurrilitäten am Wegesrand werten jede Wanderung für Kinder auf.

Wie viel kann ich meinem Kind dann zumuten?
Ein Spaziergang von zwei Stunden oder 200 Höhenmetern wird mit kleinen Kindern schnell zur Tagestour, wenn man sich ganz auf sie einlässt. Denn Kinder wandern von einer Spielpause zur nächsten. Für die Planung heißt das: Lieber kleckern statt klotzen. Je nach Lauffreudigkeit des Kindes reichen 300 oder 400 Höhenmeter und vierstündige Touren im Vorschulalter aus. Was zählt ist der Unterhaltungswert der Wanderungen. Aber schon mit sechs, sieben Jahren, können erste kurze Gipfeltouren unternommen werden. Aber wie bei allem sind auch hier die Unterschiede von Kind zu Kind groß. Eltern müssen sich auf das Kind einstellen.

Welche Wanderziele lohnen sich für Kinder?
Kinder lieben Tiere und alles, was plätschert. Verlockende Wanderziele sind deswegen Almhütten mit Viehzucht oder einem Streichelzoo. Für meine Kinder an Spannung kaum zu übertreffen sind Bachläufe zum Dämme-Bauen, Tümpel und Seen zum Steinchen-Werfen oder auch Wasserfälle. Wir gehen deswegen gern in Klammen wandern, z.B. in der Wolfsklamm bei Stans, die Partnachklamm bei Garmisch oder die Breitachklamm im Allgäu. Dort rauscht und spritzt es an jeder Ecke. 


Kommentar: Themenwanderwege? Lasst die Natur lieber für sich sprechen!
 

Das beste Mittel gegen Lustlosigkeit sind andere Kinder. Sie motivieren sich dann gegenseitig und werden nicht so schnell müde. Deswegen rate ich immer: Sucht euch gleichgesinnte Familien!

Du sagtest, der Unterhaltungswert sei das, was zählt. Was hilft gegen Langeweile und müde Beine?
Damit die Frage "Wann sind wir endlich da?" nicht zu früh kommt, können Kinder abgelenkt werden. Ich nutze gern Hindernisse am Wegrand als Laufpause, z.B. Balancieren auf Baumstämmen oder Klettereinlagen an Felsenbrocken. Außerdem können auch beim Wandern sämtliche Sinne angesprochen werden: Die Kinder sollen einfach einmal die Augen schließen und lauschen, was sie im Wald hören. Oder mit wachen Augen durchs Gras laufen und kleine Tiere mit der Becherlupe fangen, oder barfuß über Moos, Holz und Gras laufen und die Unterschiede fühlen. Bei meiner Tochter halfen vor allem kommunikative Spiele wie Lieder erraten, Reime finden, Farben suchen.

Das klingt nach Dauerbespaßung. Ist das nicht ein bisschen anstrengend?
Es geht auch einfacher: Das beste Mittel gegen Lustlosigkeit sind andere Kinder. Sie motivieren sich dann gegenseitig und werden nicht so schnell müde. Deswegen rate ich immer: Sucht euch gleichgesinnte Familien! Wenn im Freundeskreis keine Bergfexe mit Kindern zu finden sind, dann sind die Familiengruppen in den Sektionen des Deutschen Alpenvereins eine lohnende Anlaufstelle. Sie organisieren regelmäßig Tages- und Wochenendausflüge für Familien.


 

Kinder erleben Berge ganz anders als wir. Tolles Bergpanorama? Nicht so wichtig!
Kinder erleben Berge ganz anders als wir. Tolles Bergpanorama? Nicht so wichtig!

Die Tour steht und ich weiß, wie ich unterwegs mein Kind motivieren kann. Ist es wichtig, das Kind auf die erste Wanderung vorzubereiten? 
Warum nicht? Gerade für Kleinkinder bieten sich Bilderbücher und Hörspiele zu dem Thema an, aber auch Fotos der Eltern in den Bergen wecken Neugierde. Schließlich eifern Kinder ihnen gern nach. Geschenke wie der erste eigene Wanderrucksack, eine Becherlupe oder später ein Kindertaschenmesser geben gemeinsamen Wanderungen einen besonderen Reiz. Ein besonderes Geschenk ist auch ein eigenes Tourenbuch für Kinder. Darin können die Kleinen auf ihren ersten Touren ihre Hütten- und Gipfelstempel sammeln, sowie Beobachtungen und Erinnerungen festhalten.

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