Manchmal ist Irmgard Beck, Designerin für funktionelle Sportkleidung, frustriert. Der komplette Design- und Entwicklungsprozess eines neuen Produktes ist durchdacht, offen und es ist Feedback von Testerinnen, Athletinnen, Designern und Entwicklern eingeflossen. Trotzdem erscheinen die neue Funktionsjacke oder auch die neuen Skier nicht so, wie angedacht. Stattdessen: Neuauflage des bewährten Produktes in neuen Farben. Warum das so ist? Für Beck liegt das oft daran, dass „nicht prozessinvolvierte Männer in der Führungsebene“ Entscheidungen fällen.
„Die Argumentation der – männlichen – Entscheider lautet dann meist, das brauchen Frauen nicht“, sagt Beck, „Änderungen passieren aber von oben.“ Die Designerin – mit 30 Jahren Branchenerfahrung – fordert deshalb, dass mehr Frauen in Entscheidungsprozesse miteinbezogen und folglich in wichtigen Managementpositionen arbeiten müssen.
Grundsätzlich sei es aber wichtigste Voraussetzung, dass „Frauen bei der Produktentwicklung von Anfang an miteingebunden sind“, sagt Beck. Um einen Einblick in den Produktentstehungs- und entwicklungs-Prozess bis zum Produktlaunch zu bekommen, haben wir bei zwei renommierten Brands nachgefragt.
Rucksackspezialist Deuter hat schon seit vielen Jahren eine eigene Frauenlinie. Angela Vögele ist dort Pressesprecherin und im Deuter SL Team. Die Frauengruppe testet für den Rucksackspezialisten die Damenmodelle.
Für Skihersteller Rossignol erklärt Marion Bonnard, Category Manager Women Alpine Skis, wie strategische Produktentwicklung für Frauenski bei dem französischen Traditionsunternehmen aussieht.
Rossignol-Managerin Bonnard: Die Marketing-Leitung, die Produktmanager und die R&D-Leiter verfassen jedes Jahr einen Produkt-Launch-Plan. Dieser Produkt-Plan ist so gestaltet, dass er die Marktanforderungen trifft, aber auch unsere industriellen Vorgaben berücksichtigt. Der Plan muss vom CEO genehmigt werden.
Wenn ein bestimmtes Produkt entworfen wird, sind ganz viele Mitarbeiter in diesen Prozess involviert. Produktmanager sind verantwortlich für Spezifikationen und das Design der unterschiedlichen Ausführungen/Modelle; die Entwickler entwerfen das technische Produktkonzept, Designer entwickeln das Grafikdesign und setzen es um. Alles in allem sind es zehn Mitarbeiter, die am finalen Entstehungsprozess eines Produktes beteiligt sind.
Deuter-Sprecherin Angela Vögele: Bei uns werden sämtliche Produkte, Neueinführungen und Veränderungen in unseren hausinternen Kollektionsmeetings entschieden. Das Ganze läuft in einem Drei-Jahres-Rhythmus ab oder auch im 1000-Tage-Prinzip. Vorschläge über neue Produkte kommen von unserem Deuter-Produktmanagement aber auch vom Außendienst, vom Vertrieb, von internen Mitarbeitern. Selbstverständlich nehmen wir auch Anregungen von unseren Bergführern, Athleten und auch von Endkonsumenten mit auf. Somit wird jedes Modell in einem Drei-Jahresrhythmus bearbeitet, geprüft, erneuert, verändert, verbessert, neugestaltet oder auch mal eliminiert.
Wie viele Frauen sind in den Entscheidungsprozess involviert?
Angela Vögele: Inzwischen haben wir ca. 180 verschiedene Deuter-Rucksäcke im Sortiment (plus verschiedene Farben). 70 Prozent aller Modelle gibt es in der SL-Damenmodell-Passform. Bei den Entscheidungsprozessen haben wir ein achtköpfiges Produktmanagement-Team, das zur Hälfte aus Frauen besteht, somit ist hier ein sehr ausgewogenes Verhältnis gegeben. Bei Farbentscheidungen und Passformentscheidungen wird dann noch zusätzlich das SL Modell von unserem SL Team getestet, diskutiert und besprochen und gegebenenfalls verändert.
Marion Bonnard: In unserem Team für Wintersport-Produkte sind wir acht Frauen, die im Marketing, im Design-Bereich und in der Entwicklung arbeiten. Zusätzlich gibt es zwei externe Designer.
Wie fließt das Feedback der Athleten, Ambassadors und Testpersonen in den Entwicklungsprozess?
Marion Bonnard: Für jedes Produkt, das wir neu entwickeln, versuchen wir mit den richtigen Personen zusammenzuarbeiten, um das Equipment für die Zielgruppe so passend wie möglich zu machen. Natürlich ist unser Athletenteam hier eine große Hilfe – egal, ob es um Männer oder Frauen geht. Wir nutzen ihr Feedback, wenn es um das Ski-Verhalten oder die Grafik geht, aber auch wenn wir eine neue Technologie einführen wollen. Unsere Weltmeisterin Tessa Worley hat beispielsweise dazu beigetragen, dass unsere Race-Kollektion so effizient wie möglich wird. Auf der anderen Seite haben wir für unsere „kommerzielleren Ski“ ein Team an Testern und Ambassadors. Diese helfen uns sicherzustellen, dass das was wir herstellen, auch für alle Skifahrer passt.
Angela Vögele: Ja, das Feedback von Athletinnen wird eingebunden, besprochen diskutiert und umgesetzt. Gerade ein Bergführer oder eine Bergführerin wie Ragna Krückels (Mitglied seit über 10 Jahren im Deuter SL Frauenteam), die über 200 Tage im Jahr am Berg ist, kann hier mehr Feedback geben, als wir jemals selbst testen können.
Das Deuter SL Team haben wir seit 2006. Es besteht aus 13 Damen, die bei Deuter intern arbeiten, oder als freiberufliche Kolleginnen für uns im Einsatz sind. Gerlinde Kaltenbrunner, eine der erfolgreichsten Profibergsteigerinnen, gehört ebenfalls zu unserm Deuter SL Team.
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