Die Outdoor-Profis sind unter dem Dach der Sport 2000 organisiert und zählen circa 110 angeschlossenen Händler und 150 Shops.
Im Gespräch mit ISPO.com berichtet Wahnel über Gewinner und Verlierer am Markt und die veränderten Rahmenbedingungen in einem Business im Wandel.
ISPO.com: Nach schwierigen letzten Jahren scheint sich das Outdoor-Segment 2016 wieder zu erholen. Wie geht es der Branche ihrer Meinung nach?
Tim Wahnel: Zunächst einmal ist klar: Der Hype, dessen Gipfel mit dem kalten Winter 2010 erreicht war, ist schon lange vorbei. Es gibt eine Reihe von Faktoren, die Einfluss auf die Entwicklung unserer Zahlen nehmen: Gibt es Marken, die den Schritt aus der Kernzielgruppe raus ins Mainstream-Geschäft schaffen? Macht das Wetter Lust auf das Thema Outdoor? Hat der Normalbürger witterungsbedingt einen Bedarf an Outdoor-Artikeln? Wie viele Marktteilnehmer gibt es und wie kompetitiv verhalten sich diese?
Fakt ist: Das Thema Outdoor – mit den unterschiedlichen Facetten körperlicher Anstrengung und des Genusses, des Kulturerlebnisses und der Gesundheit und Erholung sowie des Lifestyles – ist ungebrochen populär. Der spezialisierte Fachhandel bedient unter der Überschrift Outdoor eine sehr heterogene Kundschaft, deren Interesse am Themenbereich weiterhin vorhanden ist.
Das Ende des Mainstreams?
Wer sind die Gewinner und Verlierer am Markt?
Auf der Verliererseite sind mit Sicherheit diejenigen Lieferanten, die „der schnellen Mark“ im Trendgeschäft ihr Distributionsprofil geopfert haben und die sich derzeit mit den Konsequenzen dieses wenig nachhaltigen Handelns auseinandersetzen müssen.
Im Zuge des rückläufigen Mainstream-Geschäfts – die Hardshell-Jacke ist morgens derzeit nicht die erste Wahl auf dem Weg zum Bäcker – verlieren auch weniger profilierte Me-Too-Händler oder haben sich bereits aus dem Markt verabschiedet.
Beratungsintensive Themen wie Schuhe, Hosen und der gesamte Hartwaren-Bereich sorgen derzeit für einen deutlich größeren Umsatzanteil als noch vor einiger Zeit. Textil verliert weiterhin – auch und gerade wegen der extremen Kurzlebigkeit der Kollektionen und der inadäquaten Risikoverteilung zwischen Handel und Industrie. Aber das Wachstum mit Hartware gibt noch lange keinen Grund zum Jubeln. Fast alle Kollegen vermelden sinkende Kundenfrequenzen, und auch der Retail-Anteil unserer Lieferanten kostet den Fachhandel de facto deutlich Umsätze.
Wie sieht es mit dem Verhältnis zwischen Online- und stationärem Handel aus?
Der Online-Anteil wächst, allerdings nicht mehr mit den Raten der letzten Jahre. Der Löwenanteil des Umsatzes liegt aber ganz deutlich weiterhin im stationären Bereich. Und in den Läden zeigt sich, dass trotz der sinkenden Frequenz nahezu ähnliche Umsätze erwirtschaftet werden können wie in den vergangenen Saisons. Die Kunden, die in die Läden kommen, kaufen also auch. Was fehlt, sind die Bummler, die Info-Suchenden.
Digitalisierung als Herausforderung
Das Thema Click & Collect ist in aller Munde. Welche Fortschritte wurden hier bislang erzielt?
Die große Aufmerksamkeit gilt derzeit den Bemühungen, digital suchenden Endverbrauchern die Warenverfügbarkeit in ihrer Nähe anzuzeigen.
Die Zahl der Menschen, die sich vor dem Kauf online informieren, ist immens, die Zahl der vorinformierten Kunden auf unseren Flächen deutlich gewachsen.
Der Ansatz von Click & Collect, also die Einbindung der Fachhandelspartner vor Ort in Online-Umsätze, die über die Herstellerhomepage erzielt werden, ist lobenswert. Der Zahl der Kunden, die diesen Weg zur Ware wählen, ist natürlich um ein Vielfaches niedriger als die der Online-Besteller, die den klassischen Versandweg wählen.
Faire Lieferanten haben die Nase vorne
Wie steht es momentan um den Druck auf reguläre Preise, auch vor dem Hintergrund des Wettbewerbs mit Online-Shops?
Der Preisdruck ist weiterhin extrem. Je angesagter eine Marke ist, desto eher gerät sie in den Fokus der Online-Discounter. Es sind ja immer wieder die üblichen Verdächtigen, die früh in der Saison an der Preisschraube drehen. Für ein wenig Beruhigung sorgt die sinkende Popularität des Themas Outdoor im Mainstream-Markt – viele Generalisten, Kaufhäuser und branchenfremde Warenverteiler haben sich wieder aus dem Geschäft zurückgezogen.
Nichtsdestotrotz spielt das Thema Preisstabilität und Distributions-Struktur eine immense Rolle für unsere Händler – wir sind auf die Abverkaufs-Margen angewiesen und leben nicht von Eingangsspannen. Der Blick auf unsere Lieferantenstatistik zeigt deutlich, dass von unseren Kollegen diejenigen Industriepartner mit Budgets bedacht werden, die sich als faire Partner verhalten. In der Lieferantenstatistik finden sich unter den Top 20 daher auch eine Vielzahl von Marken fernab vom Mainstream.
Das sind die Top-Lieferanten der Outdoor-Profis im ersten Halbjahr 2016
Marke | Januar - Juni 2016 | Januar - Juni 2015 |
Fjällräven | 1 | 1 |
Meindl | 2 | 3 |
Deuter | 3 | 2 |
Vaude | 4 | 4 |
Lowa | 5 | 6 |
Icebreaker | 6 | 7 |
Hanwag | 7 | 9 |
Mammut | 8 | 5 |
Tatonka | 9 | 8 |
Ortlieb | 10 | 14 |
Zum Wetter: War 2016 soweit ein besonderes Jahr im meteorologischen Sinne?
Gegenfrage: Was ist eigentlich das perfekte Outdoor-Wetter? Kalt, warm, regnerisch, wechselhaft? Und was nützt uns dieses Wetter, wenn die Saisonzyklen dazu gar nicht mehr passen? Kaum sind die Temperaturen über 25 Grad, begegnen einem die ersten Hinweise auf kurze Hosen im Schlussverkauf. Noch schlimmer im Winter, der vielerorts klimatisch erst nach Weihnachten beginnt – also genau dann, wenn der Handel mit dem Rotstift Platz für Sommerware schafft. Hier ist ein Umdenken dringend erforderlich.
Auf jeden Fall hatte 2016 auch wieder einmal das Wetter mehr Einfluss auf unsere Branche als die Konjunktur: Der Beginn des Jahres war in jedem Fall zu warm – die großen Bons mit warmen Jacken fehlten dementsprechend und die Lager blieben voll. Ansonsten war die Witterung meistens durchwachsen. Das ist für unsere Textilabteilungen immer von Vorteil, wenn auch mal leichte Isolationsteile über die Theke gehen.
Wie steht es derzeit um den Druck vonseiten der Lieferanten? Wo werden dem Handel Daumenschrauben angesetzt?
Es passiert derzeit eine Menge am Markt. Althergebrachtes wird überdacht, Neues ausprobiert. Es gibt unglaublich viel Ware von einer Vielzahl von Marken, von denen sehr viele austauschbar sind. Das ermöglicht unseren Kollegen, genau zu überprüfen, mit wem man Seilschaften bildet und warum.
Auch seitens der Hersteller wird mittlerweile oft nicht nur auf Basis reiner Orderhöhen, sondern mit Blick auf Marktanteile am einzelnen Standort und hinsichtlich der Qualität des Händlers vor Ort agiert.
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