Aktuelle Zahlen zeigen jedoch, dass Chinas Einwohner immer mehr Sport treiben und die Verkäufe von Sportartikeln in die Höhe schnellen. Im Jahr 2022 wird ein Umsatz von rund 57 Milliarden Euro in der Branche prognostiziert, im Vergleich dazu waren es 2016 lediglich 36 Milliarden. Dominiert wird der Markt aktuell von Monobrand-Stores, doch das Konzept Multibrand holt langsam auf.
Beeindruckende Zahlen – und damit Grund genug für ISPO.com mit Robin Trebbe, Managing Director China und Asia Pacific für Intersport , während der ISPO Shanghai 2018 ein ausführliches Gespräch zum Thema Multibrand in China zu führen.
ISPO.com: Herr Trebbe, könnten Sie zu Beginn des Gesprächs die aktuelle Situation für Multibrand-Retail-Stores in China und Asien kurz zusammenfassen?
Robin Trebbe: Momentan verhält es sich so, dass Asien – und China im speziellen – sehr Monobrand dominiert sind. In Zahlen ausgedrückt: 95% des Marktes in China sind Monobrand-Retail-Stores. Adidas allein hat 11281 Stores in China. Die einzige Ausnahme im asiatischen Raum ist Japan, welches bereits einen gewachsenen Markt aufweist. Nichtsdestotrotz entwickelt sich der Multibrand-Trend stetig.
Was sind Ihrer Meinung nach die Gründe für die positive Entwicklung des Trends?
Speziell in China würde ich sagen, dass die Leute sich intensiver mit Sport befassen. Das Wissen und die Erfahrung steigen, gerade im Lauf- und Fitness-Sektor. Zu Beginn dienten Sportartikel-Produkte dem eigenen Image. Jetzt wollen die Konsumenten tatsächlich den bestmöglichen Laufschuh, um ihn aktiv zum Laufen zu nutzen. Es geht also nicht mehr um den schönsten Schuh der Marke XY, sondern um das beste Produkt für den jeweiligen Kunden. Kurz gesagt: Funktion ist wichtiger als Design. Die entsprechende Auswahl bekommen sie nur in einem Multibrand-Retailer-Store, wo die Möglichkeit besteht, Produkte gegeneinander zu vergleichen.
Das klingt alles sehr logisch, doch die Gewohnheiten der Konsumenten ändern sich oft nur sehr langsam. Welche Strategien wollen Sie anwenden, um diesen Prozess zu beschleunigen?
Unser Ziel muss sein, dem Konsumenten zu verdeutlichen, dass wir ihm einen klaren Mehrwert bieten. Denn letztlich verkaufen wir alle gefragten Brands und bieten zusätzlich noch die Möglichkeit von z.B. Fuß- und Laufanalysen. Außerdem können wir saisonal und eventbezogen Schwerpunkte setzen: Fußball-Weltmeisterschaften, der Start der NBA-Saison oder im Sommer Schwimmen können als Sportarten für eine gewisse Zeit in unseren Stores gehighlightet werden. Das ist One-Stop-Shopping für die ganze Familie. Es wird natürlich immer Leute geben, die eine bestimmte Marke favorisieren und dementsprechend im Flagship-Store einkaufen gehen. Doch die Zahl derer, die Funktion und Angebot über Design und Marke stellen, wächst beständig.
Die bloßen Zahlen sprechen für Sie, und dennoch ist die Zahl der Multibrand-Stores nicht so groß. Würden Sie sagen, dass dies der perfekte Moment für Retailer ist, um die Kräfte zu bündeln?
Ich denke, wir können alle voneinander lernen. Das Potenzial in China ist riesig, und ein Austausch von Ideen und Erfahrungen ist ungemein hilfreich. Wie muss ein Multibrand-Store aussehen? Wie funktioniert das Marketing? Was sind Omni-Channel-Services? All diese Fragen sind in Europa und Nordamerika längst geklärt, doch die Antworten sind nicht 1 zu 1 auf China übertragbar, denn in China gab es quasi nur Monobrand und kein Multibrand. Der gegenteilige Trend spielt sich gerade in Europa und Nordamerika ab, wo Multibrand den Markt dominiert hat und nun die Monobrand-Stores klar auf dem Vormarsch sind.
Wie wichtig sind Ihrer Meinung nach Messen wie die ISPO Shanghai für das Multibrand-Business?
Für mich als Verantwortlicher für den gesamten asiatisch-pazifischen Raum bei Intersport ist es zunächst einmal eine perfekte Möglichkeit, um sich mit den verschiedensten Marken zu treffen. Es spart also unheimlich viel Zeit. Zusätzlich bietet sich die Möglichkeit, mit meinen Kollegen aus der Industrie zu netzwerken und gleichzeitig neue Trends – die anschließend eventuell für unsere Stores in Frage kommen – zu entdecken.
Inwieweit nutzen Sie die auf der Messe angebotenen Foren und Paneldiskussionen, um sich neue Impulse für Ihr Business zu holen?
Ich persönlich nutze diese Angebote sehr ausgiebig, da ich so Best-Practice-Lösungen aus erster Hand präsentiert bekomme. Das Running-Forum zum Beispiel ist extrem interessant, da es einer unserer Kernbereiche ist.
Thema E-Commerce: Wie schwer ist es, sich in China gegen Größen wie Tmall oder JD durchzusetzen?
Zunächst einmal muss man festhalten, dass die Online-Landschaft in China etwas anders aussieht als wir das aus unserem klassischen Markt in Europa kennen. Alibaba und Tmall dominieren den gesamten asiatisch-pazifischen Raum, aber am Ende versuchen wir unser Off-Line-Prinzip auch Online umzusetzen. Also One-Stop-Shopping mit einem umfassenden Brand-Angebot, plus extra Benefits, die ein Konsument in einem Monobrand-Store nicht bekommt.
Offline und Online verschmelzen zusehends zu einem holistischen Ansatz, den Intersport mit neuen Stores abzubilden versucht. Was ist an diesen neuen Läden so besonders?
Der Ende Mai 2018 eröffnete Laden ist der erste „Intelligent Retail Store for Sport and Fashion“. Wir wurden dabei von Alibaba als Kooperationspartner ausgewählt und ich muss sagen, der Store hat einige beeindruckende Tools. Zum einen gibt es zum Beispiel in den Schaufenstern interaktive Spiele, um Konsumenten in den Laden zu bringen. Ein weiteres Feature sind QR-Codes, die einmal gescannt einen Einkaufsgutschein für den Kunden bereithalten. Die Reaktion der Kunden als auch der Brands sind schon jetzt extrem positiv und wir werden das Konzept in der Zukunft in einem gewissen Umfang auch weiter umsetzen.
Ist das unausweichlich die Zukunft des Shoppings?
Ich denke ja. Bevor der Kunde physisch einen Laden betritt, sucht er im Internet nach den Ladenöffnungszeiten, wie er am schnellsten zum Laden kommt und wahrscheinlich prüft er auch das Marken-Angebot. Dieses Verhalten zeigen rund 80 Prozent der Konsumenten. Ist ein Laden also bei Google Maps oder Baidu nicht gespeichert, dann existiert er schlicht nicht. Features wie „Click and Collect“ gehören eigentlich schon wieder der Vergangenheit an, den Ideen von Alibaba und Gründer Jack Ma gehört dagegen die Zukunft.
Es gibt natürlich einen stetigen Austausch zwischen dem Schweizer Hauptquartier und mir, wobei wir zum Beispiel auch in Europa das Tool des „Magic Mirrors“ (hier können Kunden in Umkleidekabinen Personal zur Beratung rufen) anwenden. Zudem sind Themen wie elektronische Zahlungsmodelle oder Lieferungen direkt zum Kunden in China aus den verschiedensten Gründen viel weiterentwickelt. In diesen Bereichen lernen Europa und Nordamerika von China und nicht andersherum.
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