Als Executive Director steht der Schweizer Bruno Marty beim Sportmarketing-Unternehmen Infront dem Geschäftsbereich Wintersport vor, verantwortet die Vermarktung und Ausbau des Portfolios. Infront hat als Partner von allen sieben olympischen Wintersportverbänden und zahlreichen weiteren Rechtehaltern ein großen Einfluss auf die Entwicklung der Wintersport-Vermarktung.
Bei dem von Franz-Beckenbauer-Manager Markus Höfl in Kitzbühel organisierten Branchentreff „Mountain Peak“ debattierten führende Vertreter des alpinen Skisports mit Experten aus den Bereichen Wirtschaft, Medien, Medizin und Politik über die Zukunft des professionellen Wintersports.
Ein Gespräch mit dem studierten Wirtschaftswissenschaftler Marty über die Themen Olympia und Vermarktung.
ISPO.com: Herr Marty, der Wintersport – und damit auch seine Vermarktung - steht nicht nur angesichts der globalen Erwärmung weltweit vor großen Herausforderungen. Was genau ist aus Ihrer Sicht das Problem?
Bruno Marty: Das Schwierige ist, dass der Wintersport ein extrem demokratischer Sport ist. Wir haben die FIS, dazu sehr starke Verbände in der Schweiz und in Österreich, wir haben die Organisatoren der Wettkämpfe und dann noch uns Vermarkter. Was fehlt, ist, dass jemand die Richtung ganz klar vorgibt und auf diesem Weg vielleicht auch Risiken in Kauf nimmt. Im Skisport geht alles generell sehr langsam im Vergleich zu anderen Sportarten, die viel zentraler geführt und gemanagt werden.
Reden wir über die Olympischen Winterspiele: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat seit Jahren einen ähnlich schlechten Ruf wie die FIFA, in vielen europäischen Ländern hat sich die Bevölkerung von Olympia abgewandt. Wie gehen Sie als Vermarkter mit der Tatsache um, dass Olympia scheinbar nur noch in Asien unterkommt und dagegen in Europa einfach nicht mehr gewollt ist?
Das ist natürlich schon eine Herausforderung. Natürlich wünschen wir uns, dass die Spiele wieder zurück nach Europa kommen - und das wäre im Fall der Winterspiele frühestens ja erst im Jahr 2026 möglich. Wenn wir nun über Pyeongchang und Peking sprechen, ist die Zeitverschiebung ein sehr wichtiges Thema: Das ist nicht nur aus Vermarktersicht einfach sehr, sehr ungünstig, wenn die Spiele mitten in der Nacht stattfinden.
Klingt nach einem ziemlich schweren Job für Sie...
Ja klar, ich habe da einen Spagat zu schließen. Wir sind eine Schweizer Firma mit einem chinesischen Eigentümer (die chinesische Wanda Group erwarb Infront Sports & Media im Februar 2015, Anm. d. Red.). Wir versuchen nun trotzdem das Positive in den Spielen in Korea und China zu sehen, um in diesen Ländern den Skisport und alles was dazugehört mit aufzubauen. Das hat auch Vorteile. Aus europäischer Sicht hätte ich als Vermarkter mit Schwerpunkt Europa die Spiele natürlich lieber auf unserem Kontinent.
Wenn schon die anerkannt wintersportaffine Bevölkerung in Tirol, der Schweiz, in Deutschland und in Norwegen Olympische Spiele per Volksentscheid ablehnen, was muss da denn passieren, um das Vertrauen der Bevölkerung wieder zurück zu gewinnen?
Vertrauen gewinnt man über Zeit. Jeder zitiert bei den Olympischen Winterspielen immer Lillehammer, die Spiele von 1994. Sie gelten als die letzten wirklich guten und vernünftigen Spiele. Die letzten Beispiele haben immer etwas anderes gezeigt: leerstehende, ungenutzte Sportstätten. Es gilt nun mal ein gutes Beispiel zu bringen und zu zeigen, dass das IOC seine Ansprüche wirklich einmal etwas herunterschraubt und bereit ist, bei der Vergabe Kompromisse einzugehen, Stichwort Nachnutzung, Legacy und all das. Und dann wird das Vertrauen wiederkommen.
Aber sehen Sie beim IOC denn eine entsprechende Entwicklung? Oder glauben Sie, dass bei der Bevölkerung da bereits ein Umdenken eingesetzt hat?
In der Schweiz sind wir da noch dran. Für die Spiele 2026 gibt es derzeit eine Kandidatur aus dem Wallis, mit den bestehenden Sportstätten rund um Sion. Es würde nicht alles neu gebaut werden, sondern die Bobfahrer würden nach St. Moritz gehen, die Skispringer nach Engelberg und so weiter.
Wir von Infront vermarkten diese Kandidatur, und deshalb glaube ich persönlich natürlich daran. Zeigen wird es jetzt die Volksabstimmung im Kanton im Frühjahr, die auf jeden Fall knapp werden wird. Je nachdem gibt es dann noch eine landesweite Abstimmung.
Über allem schwebt aber immerzu dieser sagenumwobene asiatische Markt. Ist der denn aus Vermarktersicht tatsächlich so vielversprechend?
Potenziell ja. Aber in der Realität? Alle glauben an dieses Wachstum, wir auch, aber es ist noch zu zeigen. Wenn wir nun unsere Medienrechte nach Asien verkaufen, machen wir keine Geschäfte über mehrere Jahre, weil wir glauben, dass es irgendwann wächst. Vielmehr schließen wir relativ kurzfristige Verträge, für ein oder zwei Saisons – um dann zu schauen, wie sich das entwickelt.
Es gibt auch Plattformen, zum Beispiel in China, die haben Fußball-Sportrechte an der Premier League vor ein, zwei Jahren unglaublich teuer bezahlt - und bezahlen jetzt die Rechnung nicht und sind wieder weg. Es tut sich also viel in diesem Markt, er wird wachsen, aber wann und wie stark genau: Das wissen die Götter.
Wie sieht Ihr Rezept aus? Wie werden Sie weiter vorgehen?
Die lokalen Ressourcen sind noch nicht da. In China gute Verkäufer in unserer Branche zu finden, die den Markt kennen, die Sprache sprechen und die richtigen Leute kennen: Das dauert Monate. Diese Leute gibt es aber. Man muss sich nur Zeit nehmen.
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