Das erste Fazit der Ergebnisse des ISPO Digital Readiness Checks hört sich brutal an:
„Es ist nicht rosig um die Sportbranche bestellt. Besonders krass ist der Handel: Entweder so schmerzbefreit oder der Kunde ist ihm egal. Wenn das so weitergeht, sind zwei Drittel der Händler in ein paar Jahren nicht mehr da“, bilanzierte Karl Peter Fischer a auf dem ISPO Digitize Summit.
Selbst in der öffentlichen Verwaltung sei man in Sachen Digital Readiness weiter als in der Sportindustrie.
Der Universitätsprofessor und Inhaber einer Agentur hat den 20-Minuten-Online-Check in Zusammenarbeit mit ISPO entwickelt. Über 500 Player aus der Sportbranche haben ihn bisher ausgefüllt und der Stand der Digitalisierung ist bei den meisten Unternehmen schlichtweg erschreckend.
Auf einer Skala von 0 bis 100 Prozent liegt die Digital Readiness bei den Händlern bei gerade 48 Prozent. In Worte übersetzt bedeutet das, dass viele Unternehmen die Digitalisierung entweder gerade planen oder erst vor kurzem damit begonnen haben.
„Wie viele Jahre brennt denn die Hütte schon in der Sportbranche? Und jetzt wird im Handel erst damit begonnen“, sagt Werbepsychologe Fischer kopfschüttelnd. Und stellt außerdem fest, dass die Digitalisierung knallhart Defizite in der analogen Strategie der Sportartikel-Händler aufdecke. Beim Thema Personas/Kundenerlebnis ergibt sich in der Umfrage ein Wert von nur 49 Prozent.
„Das erschreckt mich. Die Händler kennen ihren Kunden nicht. Sie wissen nicht, was Kunden wollen. Also können sie auch keine Lösungen für ihre Wünsche bieten“, so Fischer.
Am Chiemsee müsse das Angebot bei einem Sporthändler eher in Richtung Wassersport gehen, in Garmisch-Partenkirchen dagegen auf Bergabenteuer. In der Realität sei genau das aber nicht so.
Viele Händler würden noch nicht einmal die Suchvorgänge auf der eigenen Website checken, geschweige denn kostenlose Tools wie Google Analytics benutzen. „Sie wissen nicht, wie sie sich neu erfinden und ein passendes Businessmodell für eine sich rasant verändernde Einkaufswelt entwickeln können“, so Fischer.
In Amerika würden schon jetzt 52 Prozent der Kaufentscheidungen mit Hilfe künstlicher Intelligenz von Sprachassistenten wie Alexa oder Siri getroffen. Auch in Deutschland stehen viele Kunden im oder vor dem Sportartikel-Laden und checken online Preise und Angebote.
Trotzdem liegt die Digital Readiness in der Sportbranche beim Thema „Preise und Zahlungsarten“ nur bei 46 Prozent – viele Händler haben sich also noch nicht einmal ernsthaft mit dem Thema beschäftigt.
Dabei entscheidet die richtige Positionierung in Sachen Preis und vor allem USP über Sein oder Nichtsein der sich rasant verändernden Einkaufswelt. „Für viele ist vielleicht die Nische das Businessmodell der Zukunft. Dort gibt es nämlich keine Preisvergleichbarkeit“, glaubt Fischer.
Ebenfalls ein wichtiges Thema ist die (mangelnde) Weiterbildung des Personals in Sachen Digitalisierung. Hier liegt der Wert in der Befragung des ISPO Digital Readiness Checks nur bei 45 Prozent.
„Der Anschluss an die digitale Welt ist ohne gute Mitarbeiter nicht hinzubekommen. Da muss man den Leuten auch mal Freiraum geben, um sich mit verrückten Ideen oder den Tools der Zukunft zu beschäftigen. Und man muss sich auch als stationärer Händler fragen, wie man die Online-Marketing-Tools richtig nutzt und wie man die Verkäufer der Zukunft richtig ausbildet“, so Fischer.
Gefordert sei exponentielles Denken, denn die Veränderungen gehen in immer schnellerem Tempo vonstatten. Fischer: „Der Handel muss alte Zöpfe abschneiden. Obwohl die Sportindustrie so spannende Produkte hat, hinkt sie in Sachen Digitalisierung hinterher.“
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