Herr Scherge, kurz zusammengefasst: Was macht Team Snowstorm?
Wir unterstützen Sportler und sportlich begeisterte Amateure im technischen Bereich in den Wintersport-Disziplinen vom Ski bis zur Kufe, wir sind ein Netzwerk aus Industriepartnern und Instituten und bieten als Belohnung für die Partner spannende Themen aus Sport und Freizeit. In dem Sinne sind wir auch Werbeplattform für eigene Webauftritte und Innovationen.
Wie hat sich Team Snowstorm entwickelt, wie lange gibt es Sie schon?
Wir haben 2012 angefangen im Bereich Paraski, dort bei den nordischen Disziplinen Biathlon und Langlauf, mit den Bereichen Optimierung für den Wettkampf sowie die Vorbereitung und Entwicklung von Schlitten für die Athleten. Damals hatten wir mit den ersten Partnern die Paralympics 2014 im Blick, mittlerweile sind es über 30 Partner geworden und wir decken auch den gesamten Bereich Ski-Entwicklung ab, bis hin zur Marktstrategie.
Und Sie sind bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang involviert.
Richtig. Wir liefern einen viel genaueren Wetterbericht als den offiziellen, der oft sehr zu wünschen übriglässt, weil er nicht aktuell genug ist. Das globale Wetternetz ist auf etwa 15 Kilometer genau. Wir können mit Hilfe von Großrechnern auf eine Fläche von zwei mal zwei Kilometern genau sein – zum Beispiel über dem Olympischen Langlaufstadion.
Ist es das erste Mal, dass Sie diesen Wetterbericht anbieten?
Wir haben 2014 in Sotschi schon das Paralympische Team begleitet und das Biathlon-Team des DSV. Die Wetterlage war extrem spannend, durch den Wettereinfluss vom Schwarzen Meer: Die hohen Temperaturen, gepaart mit hoher Feuchtigkeit, das hat sich aufgeladen, ist über den Kaukasus gezogen und, für viele überraschend, fällt dann über Nacht ein Meter Schnee und der Start einer Veranstaltung ist gesperrt. Mit unserem Snowstorm Partner am Karlsruher Institut für Technologie können wir so etwas voraussagen und stehen bis zu einer Stunde vor dem Wettkampf mit den Technikern vor Ort in Kontakt.
Wer sind Ihre Partner in Pyeongchang?
Wieder das deutsche Paralympische Team, ein deutsches Olympia-Team, mit dem wir noch nicht werben dürfen, und ein weiteres europäisches Team.
Was ist das Besondere am Wetter in Korea?
Auf der koreanischen Halbinsel hat das Wetter einen Drei- und Viertagesrhythmus, der ist relativ periodisch: Drei Tage kalt, vier Tage warm. Dazu einen Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht von knapp 20 Grad. Vor allen Dingen gibt es einen enormen Temperaturhub zwischen acht und zehn Uhr – wenn jemand also um acht Uhr rausgeht, sein Material darauf optimiert – es aber zum Start der Veranstaltung zehn Grad wärmer ist, dann stehen seine Chancen auf einmal deutlich schlechter. Hier kann der offizielle Wetterbericht die Teams auf eine ganz falsche Fährte locken. Wir haben mittlerweile auch Techniker vor Ort, die uns direkt mit Daten versorgen, wir können so noch aktueller Anpassungen machen.
Und wenn am Ende einer Ihrer Partner eine Medaille holt, dürfen Sie sich dann auch ein bisschen auf die Schulter klopfen?
Ich würde sagen, ein Prozent des Erfolgs gehört da uns. Wir fiebern natürlich in Echtzeit bei den Wettbewerben mit. Wir betreuen da übrigens noch einen besonderen Athleten, der allerdings nicht bei Olympia antritt. Ricardo Adarraga, der spanische Speedski-Meister.
Speedski? Eine sehr spezielle Art des Skifahrens, mit über 200 km/h den Hang runterzuschießen.
Ricardo ist Jahrgang 65, also alles andere als ein Heißsporn. Ein kluger und überlegter Kopf, in der Vorarbeit sehr akribisch. Mit ihm arbeiten wir sehr eng zusammen.
Wie sieht das konkret aus?
Abhängig vom Wetter optimieren wir mit ihm sehr zeitnah vor den Rennen Skibelag, Proportionen, Schliff und Abstimmungen. Im Bereich der individuellen Anpassung arbeiten wir grundsätzlich unter anderem mit einer molibso Druckplatte, die mit 15 000 Sensoren ausgestattet ist. Da stellen wir die Athleten erst einmal barfuß drauf und lassen sie laufen, das wird dann von Spezialisten untersucht. Wir können dann aus dem Druckbild sagen ob jemand eine Knieverletzung hat oder einen Kreuzbandriss hatte, je nachdem wie er sich bewegt. Das selbe machen wir mit Stiefel und mit Ski nochmal und können das Material dann bis ins Detail individuell anpassen.
Das Thema datenbasierte Individualisierung dringt mittlerweile auch zu den Freizeit-Skifahrern vor, gerade in den letzten Jahren hat sich hier einiges getan.
Möchte man meinen. Ich habe mit einem Skihändler telefoniert, der hat mir erzählt, wie es oft noch läuft: Da legt jemand 1000 Euro hin und kauft einen Ski, weil er schön ist. Das ist so, als ob man einen Wein aufgrund seines Etiketts kauft. Also: Ja, die Möglichkeiten sind auch für die Freizeitsportler da – sie müssten sie einfach noch viel mehr nutzen! Es geht am Ende schließlich nicht nur um Bequemlichkeit, sondern vor allem um Sicherheit.
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