Wie alle deutschen Einzelhändler traf der Corona-Shutdown am 18. März 2020 auch die Laufsportfachgeschäfte sehr kurzfristig. Seit 20. April (in Bayern 27. April), dürfen Läden wieder öffnen, deren Fläche 800 Quadratmeter nicht überschreitet. Viele der Running-Spezialisten haben schnell reagiert, die Ladenschließung mit kreativen Maßnahmen überbrückt und werden jetzt teilweise mit Kundenanfragen sogar überrannt.
ISPO.com hat mit drei Shop-Besitzern darüber gesprochen, wie sie die Corona-Pandemie getroffen hat und mit welchen einfallsreichen Maßnahmen sie sich der Krise entgegenstemmen.
„Man konnte sich nicht vorbereiten“, beschreibt Volker Haußmann von der Laufbar München die ersten Tage des Shutdowns. Er hatte viel zu organisieren: Wie geht man mit den Mitarbeitern um? Wie bekommt man die Kosten in den Griff? Wie kann man Warenlieferungen stoppen? „Dann haben wir uns Maßnahmen überlegt, wie man trotz Shutdown Umsatz generieren kann“, so Haußmann.
Dabei war die Laufbar in der glücklichen Lage, schon lange über eine Multichannel-Strategie und einen Onlineshop zu verfügen. „Dort konnten wir Umsätze weiterfahren“, berichtet Haußmann. „Wir kommunizierten über unsere Kanäle weiterhin mit den Kunden oder berieten sie per Telefon und Videochat.“
Anders waren die Voraussetzungen beim Frankfurter Laufshop. „Da wir keinen Onlineshop haben, wären unsere Umsätze auf null gewesen“, sagt Inhaber Jost Wiebelhaus. „Wir mussten reagieren, damit der Kunde nicht zu anderen Onlinern abwandert.“
Die Lösung: Der Frankfurter Laufshop startete einen Versandservice und setzte mit der „Laufstilanalyse@home“ noch einen drauf. „Wir haben eine große Mailingliste, über die wir unsere Kunden informiert haben“, berichtet Wiebelhaus. Er produzierte Videos für Instagram, Facebook, YouTube und LinkedIn. Zusätzlich benachrichtigte er regelmäßig die Lokalpresse.
Besonders die „Laufstilanalyse@home“ schlug ein. Dafür nehmen die Kunden zu Hause ein Video ihres Laufstils auf und schicken Fotos ihres alten Schuhmodells sowie Infos über Fußfehlstellungen oder Lieblingsmarken ein. Der Laufshop trifft eine Vorauswahl und versendet die Schuhe.
Ähnlich agierte Laufsport Bunert – Der Essener Laufladen, der ebenfalls keinen eigenen unabhängigen Onlineshop hat und für den Versand eine „Analyse@home“ anbot. „Die Kunden haben sehr positiv reagiert. Wir haben mit mehr Verlust gerechnet“, resümiert Inhaber Marc Böhme.
Noch positiver klingt sein Fazit nach der ersten Woche der Ladenöffnung: „Die Resonanz ist gigantisch. Für Schuh- und Textilberatung arbeiten wir mit großem Erfolg auf Termin. 500 Termine sind bereits vergeben. Wir sind die ganze nächste Woche ausgebucht. Es gibt keine Warteschlangen und dadurch auch keinen Ärger mit dem Ordnungsamt.“
Ähnlich das Fazit von Jost Wiebelhaus: „Wir sind megahappy, dass wir nach fünf Wochen wieder öffnen konnten.“ Offensichtlich bestehe ein Nachholbedarf an Laufsportartikeln. Die Kunden seien sehr geduldig und nähmen das Schlangestehen in Kauf. Er lässt aktuell nur fünf Kunden gleichzeitig in das Geschäft – vier ohne Termin und halbstündig einen mit online gebuchtem Termin.
Die Essener und Frankfurter Laufspezialisten wollen künftig weiter auf den Versand setzen, ohne einen Onlineshop anzubieten. Marc Böhme sagt: „Wir haben Versand gelernt und die Kunden haben gemerkt, dass wir es können.“ Jost Wiebelhaus ergänzt: „Einen Onlineshop rein zum Klicken planen wir nicht. Wenn die Leute ohne Beratung bestellen, ist die Retourenquote brutal hoch.“ Bei der Beratung per WhatsApp und Telefon liege sie unter zehn Prozent.
Alle haben vom Laufboom profitiert, den die Shutdown-Maßnahmen ausgelöst haben. „Viele, die ihre übliche Sportart nicht ausüben können, entdecken das Laufen für sich“, hat Marc Böhme erkannt. Jost Wiebelhaus setzt hinzu: „Es gibt viele Neueinsteiger. Die haben oft nur alte Schuhe. Ich gehe davon aus, dass hier weiterhin Nachfrage kommen wird.“
In die gleiche Kerbe schlägt der Münchner Volker Haußmann: „Ich denke, dass wir Laufsporthändler mit einem blauen Auge davonkommen.“ Andererseits werden sich mehr Läden auf das Thema Running stürzen: „Unsere Konkurrenz wird größer werden. Aber wir sind gut gerüstet. Wir haben die Erfahrung und die Beratungsqualität. Daher ist mir vor der Zukunft nicht bange.“
Dennoch ist Vorsicht geboten, wie die Zahlen der ersten Woche nach der Wiedereröffnung zeigen: „Die Erlöse der deutschen Einzelhändler bleiben weit hinter den Vorjahreswerten zurück“, teilte der Handelsverband Deutschland am 24. April mit. „Trotz Öffnung wird durchschnittlich nur 40 Prozent des normalen Geschäftsvolumens erreicht.“
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