ISPO.com: Herr Wirth, nun sind Sie fast ein Jahr bei Bogner, seit September auch CEO und Vorstandsvorsitzender. Zeit für eine erste Bilanz: Wo geht die Reise hin für Bogner?
Alexander Wirth: Wir möchten innerhalb der nächsten fünf Jahre als „der Sport Fashion“ Brand gesehen werden und die marktführende Position erreichen – mit unserer knapp 85-jährigen Tradition waren wir schon immer Pionier auf diesem Gebiet. Bogner ist geradezu prädestiniert, von dem wachsenden Trend Sport-Fashion zu profitieren und hebt sich auch von der steigenden Anzahl an Wettbewerbern klar ab, denn ich habe ein Unternehmen vorgefunden, das sich durch sehr herausragende Alleinstellungsmerkmale auf dem Markt sehr deutlich absetzen kann. Denken Sie nur an die einzigartige Heritage von Bogner oder an die ebenso herausragende Position in der Ski-Mode.
Marktführerschaft als Ziel ist die eine Säule Ihrer Strategie – kurzfristig aber haben Sie in Ihrer neuen Position Restrukturierungs-Maßnahmen durchgeführt. Dabei haben Sie auch Kündigungen ausgesprochen. In welchem Ausmaß?
Es geht nicht um die Expansion kontra Arbeitsplatz; das wäre eine falsche Sicht der Dinge. Es geht um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens im globalen Wettbewerb; einem Wettbewerb mit neuen und sich permanent ändernden Spielregeln. Für alle Marktteilnehmer heißt das, integrierte und schlanke Unternehmensprozesse sowie -strukturen über alle Unternehmensbereiche zu schaffen, die neben Effizienz und Synergien größtmögliche Flexibilität und Reaktionsfähigkeit garantieren. Das fängt bei der Administration an und geht hin bis zum globalen Sourcing.
Das heißt konkret?
Teil 1 der Restrukturierung war die Neuausrichtung des Vertriebs: Ziel hierbei war es, mit der Reorganisation der nationalen und internationalen Vertriebsstrukturen Synergien zu heben, den Vertrieb noch effizienter und schlagkräftiger aufzustellen und neue Vertriebskanäle aufzubauen bzw. auszuweiten. Die bisherige divisionale Struktur mit eigenständigen Ländergesellschaften wurde aufgelöst und in drei, dem Vertriebsvorstand unterstellten Divisionen gebündelt. Im Zuge dessen wurden elf Arbeitsplätze gestrichen. Teil 2 war die Optimierung in den Bereichen Beschaffung und Produktion/ Reduzierung von Komplexität. Hierbei wurden 23 Stellen abgebaut.
„Wir können weitere Einsparungen nicht ausschließen“
Insgesamt sind also zunächst einmal 34 Arbeitsplätze abgebaut worden. Es heißt, dieser Prozess wird weitergehen? In welchem Umfang und warum?
Wir werden im Jahr 2017 weiterhin an der Prozess- und Struktur-Optimierung arbeiten, um das Unternehmen für die Zukunft aufzustellen. Aus diesem Grund können wir weitere Einsparungen nicht ausschließen. Bogner beschäftigt aktuell weltweit 879 Mitarbeiter inklusive Retail.
Ihr Job ist es, die Zukunft der Marke zu sichern und zu gestalten: Was sind die Voraussetzungen für den Turnaround?
Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass wir zum einen die Restrukturierungsmaßnahmen ohne große Irritationen vollziehen können, zum anderen operativ ordentlich und schnell unsere Hausaufgaben machen. Und natürlich dürfen wir bei der kontinuierlichen Revitalisierung unseres Brand, seiner Inhalte und Attraktivität nicht nachlassen. Mit der Bestellung von Andreas Baumgärtner zum zukünftigen Vorstand Design und Marketing haben wir eine weitere essentielle Position besetzt, um die Neuausrichtung der Marke Bogner weiter voranzutreiben.
Bogner: Fokus auf DACH, Europa und USA
Welche Märkte, welche Segmente stehen bei der künftigen Ausrichtung im Fokus?
Unsere „Strategie B 23“ enthält als wesentliche Bausteine neue Kollektionsinhalte, die forcierte Erschließung des Online- und Social-Media-Sales-Bereichs sowie den gezielten Ausbau bestehender Märkte, mit Priorität auf die DACH Region, Europa und Nordamerika.
Mit Bogner of America sind Sie in Nordamerika sehr aktiv. Bleibt dies so? Und wie schaut es mit dem Expansionsmarkt China aus?
Wir sehen viel Potential in den USA, aber auch in Kanada. Hier arbeiten wir intensiv an einer weiteren Expansion. Der chinesische Markt ist für uns generell interessant, allerdings liegt hier aktuell nicht der Fokus.
Werden Sie sich aus anderen internationalen Märkten zurückziehen?
Bogner wird sich nicht aus Märkten zurückziehen, aber zunächst keine Expansionsstrategie in anderen Ländern vorantreiben.
Thema Retail und Franchise: Welche Veränderungen stehen unter Ihrer Führung an?
Bei Retail haben wir aktuell nicht geplant zu expandieren, wir möchten uns jedoch stärker auf die Franchise Expansion konzentrieren und hier weiter wachsen.
Bogner will die 35- bis 55-Jährigen neu ansprechen
Welche Zielgruppen will Bogner neu ansprechen? Welche Pläne haben Sie, die jüngere Kundschaft für sich zu gewinnen?
Künftig wird es eine klare Preissegmentierung geben, mit der sich Bogner u.a. eindeutiger im Premiumbereich positionieren will. Künftig soll auch u.a. eine jüngere Zielgruppe, das heißt für Bogner die 35- bis 55-jährigen, angesprochen werden. Viele Kunden sind in der Vergangenheit schon allein wegen der recht hohen Preispositionierung nicht mit der Marke Bogner in Kontakt gekommen. Wir werden weiter auch den Fokus auf die Entwicklung innovativer, luxuriöser Neuheiten legen –im Luxus-Segment beispielsweise mit Kapsel-Kollektionen wie Sônia Bogner.
Ski nach wie vor im Fokus
Wie richten Sie Ihre Produktlinie künftig neu aus? Ein konkretes Beispiel, bitte.
Nehmen Sie die Ausrichtung der Kollektion auf Sports Fashion – diese Kollektion ist von der Leitidee geprägt, Bogner-Produkte funktionaler und zugleich modischer zu positionieren als der Wettbewerb. Der brandneue Bereich „B-Athleisure“ fungiert als Brücke zwischen Sport und Fashion. Hier etabliert sich Bogner auf dem stark wachsenden Athleisure Markt weiter.
Und bei den etablierten Segmenten?
Wir bleiben auch in Zukunft fest in dem altbekannten Bogner-Umfeld Ski verwurzelt: Wir setzen weiterhin auf unsere top-positionierten Ski-Kollektionen und erweitern im Sommer das Angebot mit Multi-Sports, wie Mountaineering und B-Fit. Nach wie vor stehen wir hier zu allem, was unsere Unternehmensgeschichte ausmacht – Eleganz, Innovation, Funktionalität und Qualität. Zudem stellen die etablierten „Essentials“ in den Bereichen Shirt, Strick, Denim und Outerwear einen wichtigen Baustein dar.
Willy Bogner bleibt als Ratgeber aktiv
Abschließend: Welche Rolle hat Willy Bogner künftig im Unternehmen?
Willy Bogner ist nach wie vor alleiniger Inhaber der Firma Bogner und wird als solcher das Management-Team mit seinem immensen Erfahrungsschatz nachhaltig unterstützen. Aus dem operativen Geschäft hat er sich jedoch zurückgezogen. Seine Frau Sônia vertritt die Familie Bogner im Aufsichtsrat des Unternehmens.
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