Roland Auschel arbeitet seit 1989 für Adidas. Er sitzt seit 2013 im Vorstand, ist verantwortlich für Global Sales und berichtet direkt an CEO Kasper Rorsted. Auch schon zuvor war der Betriebswirt bei Adidas als Chief Sales Officer Multichannel Markets für den Aufbau der digitalen Transformation zuständig – über deren wachsende Bedeutung für den nach Nike zweitgrößten Sportartikelhersteller der Welt er in diesem Interview spricht.
ISPO.com: Herr Auschel, Sie sind seit drei Jahrzehnten bei Adidas, haben dort viele Entwicklungen mitgestaltet und sind seit 2013 auch Vorstandsmitglied. Erleben Sie angesichts des Wandels im Sportbusiness und der digitalen Transformation gerade die Zeit der größten Herausforderungen bei Adidas?
Roland Auschel (Member of the Executive Board, Global Sales): Soweit würde ich nicht gehen, wir haben in unserer Firmengeschichte schon so manche Herausforderung erlebt. Es sind allerdings sehr spannende Zeiten. Durch die Digitalisierung wird alles beschleunigt. Wenn wir heute eine neue Kampagne online stellen, bekommen wir sofort Feedback. Alles wird auf sämtlichen Kanälen unmittelbar kommentiert und bewertet.
Was ist insgesamt bei der Digitalisierung für Adidas die größte Herausforderung?
Die Geschwindigkeit, in der sie stattfindet. Und unser Anspruch, dass wir wirklich immer ganz vorne mit dabei sind. Das geht einher mit der Frage: Wie schnell können wir umschalten – von den Dingen, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, auf die Prozesse, die für die Zukunft notwendig sind. Ein Beispiel: Wir haben in der Vergangenheit zahlreiche neue Geschäfte eröffnet. Heute ist die Frage: Wie viele dieser Stores brauchen wir als Marke überhaupt noch in der digitalen Zukunft?
Verraten Sie es uns!
In Metropolen wie beispielsweise Los Angeles, New York, London, Paris, Schanghai und Tokio müssen wir nach wie vor präsent sein. Darüber hinaus geht es nicht mehr darum, eine klassische Distribution aufzubauen. Viel wichtiger ist, die Begehrlichkeit zu erhöhen. Der Konsument möchte ein gesamtheitliches Markenerlebnis haben. Er steht im Mittelpunkt.
Sie haben gesagt, im B2C sei Ihnen die Plattform egal. Sie müssten überall dort sein, wo der Kunde ist.
Das ist Kern unserer Strategie. Wir präferieren keine bestimmten Kanäle. Es ist vielmehr unsere Aufgabe, alle Kontaktpunkte miteinander zu vernetzen. Allein der Konsument entscheidet, wo er am liebsten kauft. Unabhängig von Ort und Zeit wollen wir ihm stets das beste Markenerlebnis bieten. Und da er sich offensichtlich für den digitalen Vertriebsweg entschieden hat, treiben wir auch systematisch den Direktverkauf über unsere E-Commerce-Plattformen an. Wir werden unsere Umsätze in diesem Bereich bis 2020 auf vier Milliarden Euro überproportional steigern.
Als Ziel für Adidas haben Sie ausgerufen: Wir müssen nicht nur die Besten sein, wir müssen auch die Schnellsten sein! Wie wichtig ist das?
Im Sport ist Schnelligkeit ausschlaggebend, wenn man an der Spitze sein möchte. Das gilt auch für uns und unser Geschäft. Dem Ersten wird die Innovation zugestanden. Der Zweite kopiert sie lediglich. Und das wird vom Konsumenten gnadenlos bestraft.
Ein paar Beispiele, bitte.
Wir waren im Running die Ersten, die mit der „Boost-Technologie“ ein komplett neues Dämpfungsmaterial auf den Markt gebracht haben. Mit unserer Futurecraft 4D-Technologie kreiert adidas den weltweit ersten High-Performance-Schuh mit einer Zwischensohle, die mittels Licht und Sauerstoff gefertigt wird. Damit heben wir die Fertigung in der Sportartikelbranche auf eine ganz neue Ebene – mit einer nie dagewesenen Qualität im Bereich Sport-Performance. Oder unsere Speedfactory, die wir im vergangenen Jahr in Deutschland aufgebaut haben und jetzt auch in Atlanta installieren werden. Wir sind damit in der Lage, innerhalb kürzester Zeit mit einem völlig neuen und auf Kundenbedürfnisse zugeschnittenen Schuh in Serie zu gehen. Vorsprung ist in unseren Märkten ein ganz wichtiger Wettbewerbsvorteil.
Lesen Sie hier mehr zur Speedfactory!
Was bringt es außerdem, ständig dieses hohe Tempo zu gehen?
Geschwindigkeit heißt ja nicht nur, der Erste zu sein, sondern auch, sehr schnell von einem Schritt zum nächsten zu kommen. Bleiben wir beim Thema Futurecraft 4D: Wenn wir heute einen Abdruck am Footscanner machen, wird der Schuh über Nacht produziert und ist am nächsten Tag fertig. Das ist faszinierend. Wir erwarten, dass insbesondere junge Konsumenten, die jeden Tag tausend Möglichkeiten haben, ihr Geld auszugeben, das lieben werden. Geschwindigkeit in der Verknüpfung der Prozesse – darauf wird es künftig ankommen.
Wer immer der Erste sein will, immer der Schnellste, wird aber auch Fehler machen. Ist das erlaubt im harten Wettbewerb?
Natürlich. Wer etwas Neues wagt, wird immer Fehler machen. Aber auch schneller lernen als die Konkurrenz.
Wie reagieren Ihre Mitbewerber auf das Tempo? Wo müssen Sie aufpassen, dass Sie nicht überholt werden?
Unsere Branche hat unglaubliches Potenzial. Wir freuen uns über jeden Mitbewerber, der kundenorientiert denkt und Innovationen vorantreibt. Das belebt unser Geschäft. So funktioniert der Markt der Zukunft.
Auf der ISPO Munich 2018 sind Sie mit Ihrem Stand auf der ISPO Digitize Fläche auf die Branche zugegangen.
Und das sehr erfolgreich. Unsere Ausstellung zum Thema „Digitale Zukunft“, hat sicher den ein oder anderen Hersteller nachdenken lassen: Okay, vielleicht muss ich meinen Messeauftritt auch mal überdenken und nicht immer nur die Produkte zeigen, die ich in den nächsten sechs Monaten verkaufen möchte. Sondern auch die Innovation, die in zwei oder drei Jahren kommt. Vielleicht sogar noch später. Und wenn wir alle so arbeiten, dann schaffen wir eine bessere, zukunftsorientierte Industrie.
Sie sind sehr um den Branchenaustausch bemüht.
Um auch hier wieder Vorreiter zu sein, wollen wir ein Stück weit den Weg vorgeben. Warum sollten wir nicht mal exemplarisch zeigen, an welchen digitalen Themen wir arbeiten? Wir machen das ganz transparent. Und es gab bei der ISPO Digitize nicht wenige Mitbewerber, die sich bei uns umgeschaut haben.
Lesen Sie hier: So war das Adidas Symposium auf ISPO Digitize
Adidas wird auch bei der ISPO Digitize im Sommer dabei sein.
Definitiv. Wir werden neue Erkenntnisse bringen. Die digitale Welt dreht sich sehr schnell, und im Sommer sind wir schon wieder einen Schritt weiter. Wir haben mit der Messe München vereinbart, dass unsere Exklusivität deutlich geringer ausfallen kann. Ich hoffe, dass weitere große Player mit dabei sind.
ISPO ist für Sie nach langer Abstinenz wieder eine spannende Plattform?
Wir sind zurück auf der ISPO Plattform, um unsere Verbundenheit mit dem Fachhandel zu zeigen. Offen und transparent. Wir freuen uns, dass ISPO Plattform neue Wege geht und heute viel mehr bietet, als die Möglichkeit einer physischen Produktpräsentation. Jede Branche hat eine globale Plattform, wo sie sich trifft. Ob das die CES in Las Vegas ist für den elektronischen Bereich oder die IAA in Frankfurt für das Thema Automobil (lesen Sie hier: ISPO ist das Zentrum der Sportindustrie). Um weiterhin international relevant zu sein, muss die ISPO Plattform allerdings auch in Zukunft in Bewegung bleiben. Diesbezüglich sind wir mit den Verantwortlichen in guten Gesprächen.
Im zweiten Teil des Interviews mit ISPO.com erklärt Roland Auschel
- warum es bald keine Showrooms mehr geben muss
- wie Virtual Reality in B2B eingesetzt wird
- welche Rolle die Händler künfig einnehmen müssen
- welche Händler bei der Digitalisierung vor existentiellen Herausforderungen stehen.
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